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Hinreißend untot

Hinreißend untot

Titel: Hinreißend untot
Autoren: Karen Chance
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unter dem offenen Hemdkragen. Er war natürlich nicht der historische Casanova. Besessenheit durch einen Inkubus-Dämon verlängerte die Lebensspanne eines Menschen, aber nicht in einem solchen Ausmaß. Der italienische Abenteurer, der angeblich so großen Erfolg bei Frauen hatte, war vor einigen Jahrhunderten gestorben, doch sein Ruf überdauerte die Zeit. Und es gab nichts daran auszusetzen, dass dieser Typ seinen Namen trug. Er versuchte es nicht einmal bei mir, und doch musste ich mich immer wieder daran erinnern, dass ich nicht zum Vergnügen hier war.
    »Deine Probleme sind mir gleich«, sagte er mit Nachdruck. »Wie viel dafür, dass sie verschwinden?«
    »Es geht nicht um Geld. Du weißt, was ich will.« Ich versuchte, die knappen Satinshorts möglichst diskret in eine bequemere Position zu rücken, aber er bemerkte es. Es war schwer, in einem paillettenbesetzten Teufelskostüm komplett mit Schwanz bedrohlich auszusehen. Sündiges Scharlachrot passte nicht zu meinen rotblonden Locken und dem hellen Teint. Ich sah aus wie eine Kewpie-Puppe, die versuchte, den harten Burschen zu spielen – keine Wunder, dass Casanova nicht beeindruckt war. Ich hatte ihn irgendwie erreichen müssen, ohne erkannt zu werden, und es schien eine gute Idee gewesen zu sein, mir im Umkleideraum der Angestellten ein Kostüm zu schnappen.
    Mit einem goldenen Feuerzeug zündete sich Casanova eine kleine Zigarette an. »Wenn du lebensmüde geworden bist, ist das deine Angelegenheit. Aber ich stecke den Kopf nicht in die Schlinge, indem ich Antonio quer komme. Der Mann wird zum Irren, wenn’s um Rache geht. Du solltest es wissen.« Ich konnte ihm nicht widersprechen, denn Tony, ein Meistervampir und mein früherer Herr und Gebieter, stand ganz oben auf der Liste jener Leute, die mich in einer Urne auf ihrem Kaminsims haben wollten. Doch ich musste ihn finden, und die Person, die vermutlich bei ihm war – andernfalls war die Urne gar nicht nötig. Weil dann von mir nicht genug für eine Bestattung übrig blieb. Und da Casanova einst Tonys Stellvertreter gewesen war, zweifelte ich kaum daran, dass er wusste, wo sich der ausgefuchste Mistkerl versteckte. »Ich glaube, dass Myra bei ihm ist«, sagte ich knapp. Casanova fragte nicht nach Einzelheiten. Es war nicht unbedingt ein Geheimnis, dass Myra versuchte hatte, mir dabei zu helfen, die Mühsal des Irdischen abzustreifen. Es hatte nichts Persönliches dahinter gesteckt – eher war es eine Art Karriereschritt gewesen –, bis ich ihr zwei Kugeln in die Brust gejagt hatte. Ich schätze, dadurch war es zu einer persönlichen Sache geworden. »Mein Beileid«, brummte Casanova. »Aber mehr kann ich dir nicht anbieten. Meine Situation ist ein wenig … diffizil, wie dir klar sein dürfte.« So konnte man es auch ausdrücken. Dass Casanova in Tonys Organisation einen so wichtigen Platz einnahm, war ungewöhnlich, gelinge gesagt. Normalerweise hielten Vampire Dämonen für unerwünschte Konkurrenz, doch Inkuben standen auf der dämonischen Machtskala nicht unbedingt ganz oben. Für die meisten anderen Dämonen waren sie kaum mehr als eine Peinlichkeit. Aber Casanova war ein ungewöhnlicher Inkubus. Vor Jahrhunderten hatte er sich in einem attraktiven spanischen Don niedergelassen und geglaubt, einen alternden Wirtskörper gegen einen neuen einzutauschen. Die Übernahme war bereits in Gang gekommen, als er plötzlich merkte: Er schickte sich an, seine Zelte in einem Vampir aufzuschlagen, der zu jung war, um ihn abzuwehren. Bevor der Vampir noch begriff, wie ihm geschah, kam es zu einer Übereinkunft. Casanovas jahrhundertelange Erfahrung beim Verführen half dem Vampir, an Nahrung zu kommen, und Casanova passte es gut in den Kram, einen Körper zu haben, der nicht alterte. Als Tony entschied, mit den Inkuben Geld zu verdienen, war Casanova die perfekte Wahl für ihn.
    Sein Laden namens »Dekadente Träume« befand sich gleich neben Tonys Kasino in Vegas, in einem geradezu monströsen Gebäude. Während Urlaub machende Ehemänner das Vermögen der Familie beim Roulette verspielten, fanden ihre vernachlässigten Frauen Trost bei den Wellness-Behandlungen aller Art nebenan. Tony wurde von den Einnahmen reich, die Inkuben bekamen mehr Fleischeslust, als sie gebrauchen konnten, und die Damen kamen mit einem Strahlen heraus, das noch Tage andauerte. Eigentlich war es eins von Tonys weniger verwerflichen Etablissements, obgleich an seiner Illegalität natürlich kein Zweifel bestand – im Gegensatz zu
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