Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hinreißend untot

Hinreißend untot

Titel: Hinreißend untot
Autoren: Karen Chance
Vom Netzwerk:
der
Geis
harmlos. Aber das war auch bei Melusines Zauber der Fall – bis er gebrochen wurde. Deine Version bewirkt nur Zuwendung einer Person gegenüber. Wenn nichts auf die Beziehung Einfluss nimmt, lebst du glücklich bis ans Ende deiner Tage.«
    Dass ich vielleicht gar nicht in einem von Magie geschaffenen Geisteszustand leben wollte, ob glücklich oder nicht, schien kaum eine Rolle zu spielen. »Und wenn doch etwas Einfluss nimmt?«
    Casanova verzog andeutungsweise das Gesicht. »Die Liebe ist eine wundervolle Sache, wie ich sehr wohl weiß, aber sie hat auch ihre Schattenseiten. Wenn jemand oder etwas als Bedrohung für die Beziehung wahrgenommen wird, reagiert der Zauber und versucht, die Bedrohung zu neutralisieren.« Er sah meine Ungeduld und fügte hinzu: »Angenommen, eine – natürlich nichtmagische – Person würde sich für dich interessieren. Ein Normaler könnte die Warnung des
Geis
nicht empfangen und ihr daher auch keine Beachtung schenken.«
    »Was würde passieren?«
    »Kommt darauf auf. Wenn die Verbindung neu ist und ihr nicht viel Zeit miteinander verbracht habt, gewissermaßen bei geringer magischer Amplitude … Vielleicht nichts. Aber je stärker die Verbindung, umso heftiger die Abwehrreaktion. Schließlich würdet ihr beide mit dem Ziel aktiv, die Bedrohung zu eliminieren.«
    »Zu eliminieren? Töten, meinst du?« Ich starrte ihn groß an. Casanova musste den Verstand verloren haben.
    »Dazu käme es wahrscheinlich nicht«, versicherte er mir, und ich spürte, wie sich der Knoten in meiner Magengrube wieder aufzulösen begann. »Die meisten Verehrer würden sich vermutlich bei den ersten Schreien von dir aus dem Staub machen, oder dann, wenn dein Geliebter damit beginnt, ihnen zu drohen.«
    Großartig, dachte ich, als der Knoten in meinen Bauch zurückkehrte. Was Mircea da mit mir angestellt hatte … Ich hätte ausflippen können. »Und wenn der Urheber des
Geis
gewollt hätte, dass mich jemand verführt?« Es war keine müßige Frage. Mircea hatte einen Vampir namens Tomas beauftragt, mit mir Freundschaft zu schließen, als es der Pythia schlechter ging. Die Pythia Lady Phemonoe, mir besser als »Agnes« bekannt, hatte sich dem Tode nahe gefühlt und mit den Riten begonnen, die ihre Macht auf eine Nachfolgerin übertragen sollten. Und damit war die Sache richtig in Schwung gekommen. Agnes konnte das alte Ritual einleiten, aber nur ich war in der Lage, es zu beenden – indem ich die Jungfräulichkeit verlor, die Mircea so sehr geschützt hatte. Tomas hatte diese kleine Angelegenheit für ihn erledigen sollen, damit er nicht in seine eigene Falle geriet. Mircea war in einer Epoche geboren, in der es für Frauen noch nicht Mode gewesen war, ihre Sexualpartner selbst auszuwählen, und als Diener eines Meistervampirs erwartete man von Tomas, dass er seine Anweisungen befolgte. Weder er noch ich wurden gefragt, was wir davon hielten.
    Tomas gehörte zu den wenigen Vampiren, die das menschliche Wesen außergewöhnlich gut imitieren konnten – wir hatten über sechs Monate hinweg eine Wohnung geteilt, ohne dass ich auch nur ahnte, wer er wirklich war. Wir kamen uns nahe, allerdings nicht so nahe, wie es Mircea gern gehabt hätte. Es widerstrebte mir, jemanden in mein chaotisches Leben aufzunehmen – ich hatte Tomas schützen wollen, indem ich ihn auf Distanz hielt. Damit zwang ich Mircea, sich selbst um die Vervollständigung des Rituals zu kümmern.
    Wir waren unterbrochen worden, bevor es richtig zur Sache ging – wofür ich dankbar war, als sich der Nebel der Lust ein wenig lichtete. Wenn das Ritual wirklich vervollständigt worden wäre, hätte ich den Rest meines Lebens als Pythia verbringen müssen – einen recht kurzen Rest, wenn man berücksichtigte, wie viele Leute es dann auf mich abgesehen gehabt hätten. Was allerdings nicht bedeutete, dass es um meine gegenwärtige Lebenserwartung viel besser bestellt war.
    »Der Urheber des
Geis
kann die Wirkung des Zaubers für eine bestimmte Person aussetzen«, sagte Casanova. »Ich habe von Erbinnen gehört, bei denen eine solche Magie gewährleisten sollte, dass sie bis zur Auswahl eines angemessenen Partners keusch blieben. Der Zuwendungsaspekt des Zaubers sollte garantieren, dass die betreffende Person die Wahl bereitwillig akzeptiert.« Casanovas Gesichtsausdruck gefiel mir nicht. »Ich höre da ein Aber.« Er zog eine weitere dünne Zigarette aus seinem kleinen goldenen Etui und stellte sich dabei nicht sonderlich geschickt an.
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher