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Hinreißend untot

Hinreißend untot

Titel: Hinreißend untot
Autoren: Karen Chance
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Eins
    Man konnte nicht viel von einem Tag erwarten, der in einem Kasino begann, das voller Dämonen war und wie die Hölle aussah. Aber zu jenem Zeitpunkt dachte ich nur, dass ein Bordell mehr Spaß machen sollte, insbesondere eins für Frauen, mit einer Belegschaft aus attraktiven Inkuben. Doch die dämonischen Lover hingen nur an den Tischen mm, hielten ihren Kopf so, als litten sie an Migräne, und schenkten ihrer Gesellschaft keine Beachtung. Selbst Casanova mir gegenüber wirkte unglücklich. Seine Haltung war verführerisch – vermutlich reine Angewohnheit –, aber sein Gesichtsausdruck war nicht so nett.
    »Na schön, Cassie!«, sagte er scharf, als einer seiner Jungs plötzlich zu weinen begann. »Sag mir, was du hier im Dantes willst, und dann mach den Abgang! Ich muss mich ums Geschäft kümmern.«
    Er deutete auf drei alte Frauen, die auf Barhockern an der Theke saßen. Sie ließen den Satyr-Kellner dahinter an einer Stelle schrumpfen, an der er normalerweise ziemlich groß war. Es überraschte mich kaum, denn keine der Damen sah nach unter hundert aus, und ihr wichtigstes Attribut bestand aus schmierigem, verfilztem Haar, das schon bei der Geburt grau gewesen war und bis zum Boden reichte. Am vergangenen Abend hatte ich versucht, Enyos – ihr Name bedeutete passenderweise »Entsetzen« – Mähne zu waschen, aber das Hotelshampoo hatte die Sache kaum verbessert. Nach der Entdeckung einer halb verwesten Ratte unter dem linken Ohr hatte ich es aufgegeben. Immerhin lenkte das Haar von den Gesichtern ab und ließ einen Beobachter nicht sofort erkennen, dass die drei Alten zusammen nur ein Auge und einen Zahn hatten. Enyo versuchte gerade, das Auge von ihrer Schwester Deino (»Grauen«) zu bekommen, denn sie wollte sich den entsetzten Kellner ansehen. Unterdessen riss Pemphredo (»Angst«) mit dem Zahn eine Tüte Erdnüsse auf. Schließlich gab sie es auf, stopfte sich die ganze Packung in den Mund und kaute fröhlich und zahnlos.
    Ich hatte die Graien nur für Mythen gehalten, Tausende von Jahren vor dem Fernsehen von gelangweilten (und recht verschrobenen) Griechen erfunden. Doch das schien nicht der Fall zu sein. Seit kurzer Zeit befanden sich einige vom Vampirsenat, der Regierung aller nordamerikanischen Vampire, erworbene – na schön, gestohlene – Gegenstände in meinem Besitz, und ich hatte versucht, mehr über sie herauszufinden. Das erste Objekt, eine schimmernde kleine Kugel in einem schwarzen Holzkästchen, hatte zu glühen begonnen, als ich es berührte, und einen Lichtblitz später standen mir plötzlich drei Besucherinnen gegenüber.
    Es war mir ein Rätsel, warum die Drei gefangen waren, noch dazu im Allerheiligsten einer Vampir-Hochburg. Sie gingen einem echt auf die Nerven, waren aber nicht gefährlich und bedrohten nur meine Zimmerservice-Rechnung. Ich hatte die Mädels mitgenommen, weil die Alternative gewesen wäre, sie unbeaufsichtigt in meinem Hotelzimmer zu lassen. Für Frauen in ihrem Alter waren sie sehr unternehmungslustig, und bisher hatte ich alle Hände voll zu tun gehabt, sie beschäftigt zu halten. Ich hatte sie vor drei einarmige Banditen gesetzt und mich dann um meine eigenen Dinge gekümmert, aber natürlich waren sie dort nicht geblieben. Wie drei uralte Kleinkinderkonnten sie sich nur sehr kurz auf etwas konzentrieren u später in die Bar gekommen, die Hände voller Souvenirs fragwürdiger Herkunft. Mit einem kleinen roten Plüschteufel unter dem Arm hatte Deino eine kleine Schneekugel vor mir auf den Tisch gelegt und war dann zur Theke gegangen. Die Kugel enthielt eine Plastikversion des Dante’s, die jedoch nicht von Schnee umgeben war, sondern von Flammen, die immer dann tanzten, wenn man das Ding schüttelte. Der reinste Kitsch – und bei meinem Glück hielt ich es durchaus für möglich, dass man mich verhaftete, weil ich so etwas geklaut hatte.
    Es ging mir echt gegen den Strich, den Babysitter für die drei Schicksalsschwestern zu spielen, aber Casanovas Gesichtsausdruck beim Blick zu den Alten teilte mir mit, das ich diese Angelegenheit vielleicht zu meinem Vorteil nutzen konnte. Ich lächelte und beobachtete, wie die Flammen der Hölle das Kasino erneut umschlangen. »Wenn du mir nicht hilfst, lasse ich sie hier. Sie könnten eine Schönheitskur gebrauchen.« Ich ersparte mir den Hinweis darauf, wie schlecht das fürs Geschäft sein würde. Casanova verzog das Gesicht, kippte den Rest seines Drinks und zeigte mir dabei einen breiten, sonnengebräunten Hals
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