Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Himmelssturz

Himmelssturz

Titel: Himmelssturz
Autoren: Alastair Reynolds
Vom Netzwerk:
bläulich-grün getönt waren, wo die lebenden Zellen des Flextops abstarben.
    Bella navigierte auf ihre privaten Seiten und rief die letzte Nachricht von Powell Cagan ab.
    Er saß in einem Wohnzimmer, auf dessen Oberflächen sich Mondlicht spiegelte. Bella hörte ein schwaches Rauschen, das sie anfänglich für Verkehrslärm hielt, doch dann erkannte sie, dass es sich um Meeresbrandung handeln musste. Sie glaubte, den Raum wiederzuerkennen. Einer der gerahmten Drucke an den Wänden – eine Reproduktion des Covers eines Nu-Metal-Albums, das zu Cagans Lieblingsscheiben gehörte – kam ihr bekannt vor. Nach fünfundzwanzig Jahren konnte sie die Villa und die Insel immer noch sehr genau lokalisieren.
    Cagan hatte sich in den Jahren kaum verändert. Er trug sein weißes Haar immer noch im Stil seiner Jugendzeit als stachelige Gelfrisur. Sein schwarzes Hemd war am Kragen aufgeknöpft, er hatte sich ein blasses Sweatshirt über die Schultern gelegt und die Ärmel über der Brust verknotet. Bald konnte er seinen achtzigsten Geburtstag feiern, aber er wäre auch als Tennisprofi im Ruhestand mit Ende fünfzig durchgegangen, der sich mit gelegentlichen Spielen und guter medizinischer Versorgung in Form hielt.
    »Hallo, Bella«, sagte er. »Entschuldige die Störung, aber wie es scheint, müssen wir schneller handeln als erwartet. Die Chinesen sind schon viel weiter, als wir gedacht haben.« Er hielt einen Ausdruck der China Daily hoch. Die Zeitung warf einen bleichen Schimmer auf seinen Schreibtisch. »Offenbar wollen sie ihre eigene Expedition losschicken. Es heißt, dass sie eine Besatzung zusammengestellt haben und bereit sind, die Triebwerke zu zünden. Wahrscheinlich werden sie ihnen um die Ohren fliegen, aber wir müssen uns darauf gefasst machen, dass sie es schaffen. Ich habe mit Inga gesprochen. Obwohl sie ihre Ansicht natürlich nicht öffentlich vertreten kann, stimmt sie mir in allen Punkten zu.«
    Er sprach mit so freundschaftlicher Beiläufigkeit von »Inga«, dass Bella einen Moment brauchte, um zu erkennen, dass er Inga de Jong meinte, die Generalsekretärin der Vereinten Wirtschaftseinheiten.
    Er rückte sich auf seinem Stuhl zurecht, als das Rauschen der Brandung stärker wurde. »Eine Menge Wasser ist unter unseren Brücken hindurchgeflossen, aber ich habe nie an unseren Stärken gezweifelt. Wenn diese Abstimmung auf ein ›Ja‹ hinausläuft, könnt ihr euch unverzüglich auf den Weg machen. Ihr müsst nicht auf meine Bestätigung warten, wenn ihr mit der Jagd beginnt.« Seine tadellosen Zähne strahlten silbern im Mondlicht. »Viel Glück, Bella. Und in Erinnerung an die alten Zeiten.«
    Darüber musste sie lächeln – nicht weil es sie rührte, sondern weil sie es amüsant fand, dass Cagan immer noch zu erwarten schien, dass sie angenehme Erinnerungen mit ihrer Affäre verband. Das Ausmaß seines Mangels an Verständnis war beeindruckend, selbst nach fünfundzwanzig Jahren.
    Das Bild verblasste. Bella ließ den Flextop weich werden und schob ihn wieder unter die Jacke.
    Der Wagen wurde langsamer, als er sich der Werkstatt näherte und in ein Ankunftsdock glitt. Bella stieg aus und hangelte sich durch Zugangskorridore, in denen es nach Schmiermitteln und Ozon roch. Neben Craig Schrope waren noch sieben Abteilungsleiter anwesend. Manche schwebten, einige hatten sich mit Sicherungsleinen, Klettbändern oder Geckoflex am Boden oder den Wänden befestigt, und andere kauerten oder saßen auf den ausgestreckten Manipulationsarmen der deaktivierten Roboter.
    Bella manövrierte sich ins Zentrum und achtete darauf, mit jedem Anwesenden Blickkontakt herzustellen. »Danke, dass ihr alle rechtzeitig kommen konntet«, sagte sie.
    »Hat sich in den letzten neunzig Minuten irgendetwas Neues ergeben?«, fragte Svetlana.
    »Nicht dass ich wüsste«, sagte Bella. »Obwohl es zunehmend schwieriger wird, bedeutungstragende Signale aus dem Hintergrundlärm herauszufiltern, was die Nachrichtensendungen betrifft.«
    »Janus zieht immer noch sein Ding durch?«
    »Ja.«
    »Ich hätte gerne die genauen Kursdaten«, sagte Svetlana.
    »Jetzt?«, sagte Schrope leise.
    Sie sah ihn an. »Ich kann es kaum abwarten, bis wir losfliegen.«
    »Wir sollten nichts überstürzen«, sagte Bella. »Möglicherweise treffen wir die Entscheidung, dass wir gar nichts unternehmen werden. Oder seid ihr schon zu einem einstimmigen Votum gelangt, während ihr auf mich gewartet habt?«
    Die Teamchefs sahen sich gegenseitig an, aber niemand war
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher