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Himmel und Hölle

Titel: Himmel und Hölle
Autoren: Hera Lind
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Patientinnen zuhöre, die sich darüber beklagen, dass sie zu breite Hüften haben, zu plumpe Füße, Krampfadern oder Schwangerschaftsstreifen, Besenreiser, Orangenhaut oder Dellen am Po, dann sage ich immer freundlich: »Sie leben doch. Der Nächste, bitte.«

38
    Und dann gönnten wir uns zum ersten Mal in unserem Leben eine kleine Reise. Mit den Kindern natürlich. Stefan sah mich liebevoll an. »Wohin möchtest du? Du darfst es dir aussuchen.«
    »Nach Venedig«, seufzte ich sehnsüchtig. »Davon habe ich in meinen schlimmsten Momenten immer geträumt!«
    Stefan fackelte nicht lange. Er gehört nicht zu denjenigen, die mahnend den Kopf schütteln und sagen: »Venedig, mit vier kleinen Kindern? Hältst du das wirklich für eine gute Idee?«
    Es war mein Herzenswunsch. Und damit eine gute Idee. Wir beluden unseren schwarzen VW-Bus mit Unmengen von Gepäck, schnallten die vier Kleinen in ihre Kindersitze und fuhren los. Da Stefan seinen Schreibtisch nicht bis zum Nachmittag leer bekommen hatte, fuhren wir eben erst am Spätnachmittag.
    Aber war das ein Grund, sich AUFZUREGEN? Natürlich kamen wir in den Feierabendstau. Wir sangen während der Fahrt, machten Ratespiele, schliefen. Ich spielte hinten mit den Kindern Schafkopf und Mau-Mau.
    Und dann tauchte die Lagunenstadt vor unseren müden Augen auf! Venedig!

    Was machte es da schon, dass wir überhaupt nicht mit dem Auto in die Stadt hineinfahren konnten! Dass wir um diese späte Stunde kein Hotel mehr fanden! Dass wir die Nacht zu sechst im Auto verbrachten? Stefan saß mit Carlos auf dem Schoß auf dem Fahrersitz, die Mini kauerte auf dem Beifahrersitz, und ich schlief zwischen Konstantin und Charline auf der Rückbank.
    Gibt es etwa Menschen, die sich über so etwas AUF-REGEN können? Leute, die deshalb einen Ehekrach vom Zaune brechen?
    »Ich hab es dir ja gleich gesagt, Venedig ist eine bescheuerte Idee …«
    »Was hast du auch so herumgebummelt, dass wir nicht rechtzeitig loskamen …«
    »Du hättest ja wenigstens vorher ein Hotel buchen können! Jetzt können wir nicht mal duschen!«
    »Und was sollen wir morgen frühstücken, hm? Nein, mit dir verreise ich nie mehr …«
    Vielleicht kommt man auf die Idee, über solche Lappalien zu streiten, wenn man keine anderen Sorgen kennt.
    Am nächsten Abend betrat Stefan genau DAS Luxushotel, von dem ich immer geträumt hatte. Mit nur einem Kind an der Hand. Wir anderen warteten im Auto. Er feilschte wie ein Kamelhändler um den Preis der Familiensuite, die ja um diese späte Stunde sowieso niemand mehr zum vollen Preis buchen würde. Nachdem er sie für einen Spottpreis bekommen hatte, kamen wir anderen klammheimlich durch den Nebeneingang nach.

    An diesem Abend öffnete ich wirklich die Flügeltüren zum großen Balkon. Sah wirklich die Sonne hinter den vielen Kirchtürmen untergehen und sich noch lange im Canal Grande spiegeln. Ich hörte den Gondoliere singen und roch das Meer. Die Kinder tummelten sich zu viert in der riesigen Badewanne. Das war nach der Nacht im Bus sogar für die Buben ein Vergnügen.
    Stefan stand mit einem Champagnerglas hinter mir und legte den Arm um mich. Ich schmiegte mein Gesicht an seine Wange. »Danke, dass du zu mir gehalten hast!«
    Seine Wange kratzte. Klar, nach der Nacht im Bus.
    Er sagte heiser: »Danke, dass es mit dir noch keine Sekunde langweilig war.«
    Ich drehte mich lächelnd um und küsste ihn auf den Mund.

Nachwort von Konstanze Kuchenmeister
    Die letzte Kontrolluntersuchung ist vorbei. Sie war negativ. Ich bin frei von Krebs.
    Meine Praxis hat 7000 Patientinnen.
    Das Traumhaus ist fertig. Wir leben glücklich und dankbar darin.
    Wir lieben uns. Wir sind gesund. Das Leben ist schön.
     
    Inzwischen gibt es tatsächlich schon eine Impfung gegen Gebärmutterhalskrebs. Jede Zwölfjährige kann geimpft werden.
    Bald muss niemand mehr mein Schicksal erleiden.
     
    Ich finde Bill und Melinda Gates’ Engagement einfach großartig. Sie arbeiten im Dienste der Menschheit, und wie die beiden wünsche ich mir sehr, dass es gelingt, mehr talentierte Menschen für die Entwicklung von Impfstoffen zu gewinnen. Wie sagt Bill Gates so schön: »Es mag sein, dass wir die Entwicklung des nächsten Medikaments gegen Haarausfall um ein paar Jahre verzögern. Aber wenn wir im Gegenzug lebensrettende Impfstoffe erhalten, ist dies mehr als ein fairer Tausch.«
    Ich weiß, wovon er redet.

Nachwort der Autorin
    Im Jahr 2005 schilderte Stefan Kuchenmeister mir in einer E-Mail die
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