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Himmel über Tasmanien

Himmel über Tasmanien

Titel: Himmel über Tasmanien
Autoren: T McKinley
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Macht verleihen würde. Joe schob sich durch dasTor und wich den Feuerfingern aus, die nach ihm griffen. Das Erkerfenster hatte noch kein Feuer gefangen – das war sein einziger Weg hinein.
    Er kletterte auf die breite Fensterbank und trat die Scheibe ein. Tief Luft holend stieg er hinein und lief zur Tür. Sie war angelehnt, und der Rauch quoll bereits in die Diele und die Treppe hinauf. Er presste sich den Saum seines nassen Mantels vor Mund und Nase. Er konnte kaum etwas sehen, der Qualm war so dicht, und sein Hals und seine Lunge brannten bereits von der Hitze der Flammen, die über die Decke liefen.
    Ganz in der Nähe krachte ein Deckenbalken, und er hörte Fensterscheiben zerplatzen. Er hatte die Treppe erreicht. Er nahm zwei Stufen auf einmal und kam an den Treppenabsatz. »Lulu«, schrie er, »wo bist du?«
    Er erhielt keine Antwort, er sah nur eine Reihe von Türen, die im Rauch kaum zu erkennen waren. Die erste ging in ein Bad, die zweite und dritte in leere Schlafzimmer. Er schob die letzte Tür auf, der Rauch quoll mit ihm hinein.
    Lulu lag neben dem Bett, umringt von züngelnden Flammen, die durch die Bodendielen leckten.
    Hustend und keuchend, Augen und Hals stachen, die Lunge wollte schier platzen, hob er sie hoch. Sie lag so still und schlapp in seinen Armen, er drückte sie an sich und wickelte sie in den nassen Mantel. Jetzt musste er nach draußen kommen. Schnell.
    Er eilte wieder zur Tür hinaus auf den Flur und sah, wie ein Balken in einem Funkenregen herunterkrachte, der die Wut der Flammen noch anfachte, die jetzt auf ihn zurasten. Er trat zurück. Sie saßen in der Falle.
    Er ging wieder in das Schlafzimmer, schlug die Tür zu und legte Lulu auf das Bett, noch immer in seinen nassen Mantel gehüllt. Er zog Kissen und eine Decke zusammen, rollte sieauf und rammte sie vor den unteren Türspalt. Jetzt zählte jede Sekunde.
    Er rannte an die Fenster, riss sie auf und schaute hinunter. Die Feuerwehrleute waren eingetroffen. »Hier oben«, rief er. Doch sie konnten ihn über den lodernden Flammen und den krachenden Balken des zusammenbrechenden Dachs nicht hören.
    Joe riss die von Motten zerfressenen Vorhänge von ihren Messingstangen, zog die Laken vom Bett und band sie aneinander. Er prüfte die Knoten und behielt die Tür im Auge. Flammen züngelten daran entlang, die Kissen und die Decke schwelten bereits. Wieder zum Fenster, hinaus auf die Veranda, um das provisorische Seil ans Eisengeländer zu binden.
    Er schaute wieder hinunter, dann nach oben. Ringsum war er von Feuer umgeben. Sie hatten nicht mehr viel Zeit.
    Er packte Lulu, warf sie sich über die Schulter, schwang ein Bein über das Geländer der Veranda und hoffte inständig, dass die Knoten halten würden. Er glitt über die Vorhänge und Laken hinunter, hörte, wie sie rissen, sah, dass die Knoten sich allmählich lösten, als Feuer am Geländer über ihm leckte. Sobald seine Füße den Boden berührten, gab das provisorische Seil nach und fiel in einer brennenden Schlange auf ihn herab.
    Hände schlugen die Flammen aus, nahmen Lulu und geleiteten ihn ein Stück fort. Er achtete nicht auf das Lob der Feuerwehrleute und den Applaus der Menge, die sich versammelt hatte, sondern lief an Lulus Seite. »Lebt sie?«, fragte er den Feuerwehrmann.
    »Sie atmet«, sagte er, »aber sie sieht nicht gut aus. Irgendjemand hat den Krankenwagen gerufen.«
    »So viel Zeit haben wir nicht.« Joe nahm sie auf seine Arme und packte sie in den Geländewagen, dessen Motor wie durch ein Wunder noch lief. Er stieg neben ihr ein, gab Gas und hupte, um die Zuschauer zu vertreiben. Das Krankenhaus warnur wenige Minuten entfernt, und er betete, er möge es noch rechtzeitig erreichen.
    Lulu erwachte, verwirrt über das grelle Licht und die weißen Wände. Der Geruch nach Desinfektionsmitteln war ihr nur allzu vertraut, und als sie die weiß gekleideten Ärzte sah, wusste sie, wo sie war. »Das Feuer«, sagte sie und hustete. »Ich kam nicht hinaus.«
    »Sprich nicht«, sagte Joe und schob den Arzt beiseite. »Du hast viel Rauch eingeatmet, und du brauchst Ruhe.«
    Verstört starrte sie ihn an. Sein Haar war versengt, sein Gesicht mit Ruß verschmiert, seine Kleidung an manchen Stellen verkohlt. »Was machst du hier? Was ist passiert?« Der Hustenanfall dauerte diesmal länger, und ihre Lunge und Kehle fühlten sich wund an.
    »Du bist in Sicherheit, und nur das zählt«, sagte er leise. »Ich lasse dich jetzt allein, damit du dich ausruhen kannst.«
    »Nein.«
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