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Allmen und die verschwundene María

Allmen und die verschwundene María

Titel: Allmen und die verschwundene María
Autoren: Martin Suter
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[5]  Prolog
    Gut zwei Wochen war es her, dass Allmen International Inquiries den Auftrag erhalten hatte, ein Gemälde wiederzufinden, das es offiziell gar nicht mehr gab: ein Dahlienbild im Wert von dreieinhalb Millionen von Henri Fantin-Latour. Auch der Auftrag kam von jemandem, den es eigentlich gar nicht mehr gab: Dalia Gutbauer. Die heute zweiundneunzigjährige Industrieerbin hatte bis in die späten fünfziger Jahre die Klatschspalten mit ihrem Gesellschaftsleben in Atem gehalten und war nach einer skandalumwitterten Liaison mit einem halbseidenen Liebhaber untergetaucht.
    Als Allmen von einer gewissen Cheryl Talfeld ins Schlosshotel bestellt wurde, ahnte er noch nicht, dass das etwas abgetakelte Fünfsternehaus der geheimnisvollen alten Dame gehörte und diese seit über zwanzig Jahren inkognito dessen vierte Etage bewohnte. Und ebenso lange diente ihr Frau Talfeld auch schon als persönliche Assistentin.
    Im Schlafzimmer von Madame Gutbauer hatte [6]  während all dieser Jahre neben Porträts, die bekannte Künstler von ihr gemalt hatten, das Dahlienbild gehangen. Sie hatte es als junge Frau von einem Mann geschenkt bekommen, der es für sie gestohlen hatte. Und ebendieses Bild war in den vergangenen Tagen verschwunden.
    Allmen und seinem guatemaltekischen Diener Carlos wurde schnell klar, dass das Bild nicht ohne Komplizen in der vierten Etage hätte weggeschafft werden können, und sie beschlossen, dass Allmen ins Hotel ziehen und die Beziehungen der Bewohner der vierten Etage sowie der Gäste und Angestellten des Hotels zueinander untersuchen solle.
    Bereits am ersten Abend seines Aufenthalts starb im Hotelrestaurant während des Essens Hardy Frey, ein greiser Dauergast. Und wie sich herausstellte, war er zugleich der etwas halbseidene Mann, mit dem Dalia damals durchgebrannt war – und der einst auch die Dahlien für sie gestohlen hatte.
    Allmen holte sich als Verstärkung María Moreno ins Hotel, die Kolumbianerin, in die Carlos sich verliebt hatte und die inzwischen bei ihm in der winzigen Dachwohnung des Gärtnerhäuschens lebte. Als Zimmermädchen getarnt, erforschte sie die Beziehungen innerhalb des Personals. Bald fand sie heraus, dass ein gewisser Claude Tenz, Neffe des verstorbenen Dauergastes Hardy Frey und [7]  ebenfalls für kurze Zeit Hotelgast, ein Verhältnis mit Madame Gutbauers Assistentin Cheryl Talfeld hatte.
    Auch Allmens Nachforschungen waren erfolgreich: Er fand heraus, dass ein weiterer Dauergast, Teresa Cutress, die Frau war, für die Hardy Frey Dalia Gutbauer damals hatte sitzenlassen. Wie Hardy Frey war auch sie mittellos und lebte genau wie er auf Kosten oder – wie ihre Assistentin es nannte – als Trophäe von Dalia Gutbauer im Schlosshotel.
    Carlos fahndete von zu Hause aus. Er entdeckte, dass Hardy Freys Neffe zum Bekanntenkreis des Bauunternehmers, Immobilienhändlers und Nachtclubbesitzers Tino Rebler gehörte.
    Bei der Eröffnungsparty eines Clubs begegnete Allmen Reblers Geliebten, einer jungen bildschönen Römerin, die ebenfalls Dalia hieß. Und er erfuhr, dass Tino Rebler ihr kürzlich ein anderes Dahlienbild von Fantin-Latour hatte schenken wollen, aber bei dessen Versteigerung überboten worden war.
    So schloss sich der Kreis. Es stellte sich heraus, dass Teresa Cutress und Hardy Frey gemeinsam mit Hardys Neffen Claude Tenz den Plan geschmiedet hatten, mit Hilfe der Assistentin Cheryl Talfeld Madame Gutbauers Dahlienbild zu stehlen [8]  und es Tino Rebler als Ersatz für das entgangene zu verkaufen. Mit ihrem Anteil wollten sich die beiden alten Leute einen von Dalia Gutbauer unabhängigen Lebensabend ermöglichen.
    Allmen gelang es, Dalia Gutbauer davon zu überzeugen, dass sie keine andere Wahl hatte, als das Bild für drei Millionen zurückzukaufen. Claude Tenz ging auf das Angebot ein, aber anstatt es Rebler abzukaufen, stahl er es aus der Wohnung der römischen Dalia und ließ sich von Allmen die drei Millionen aushändigen.
    So kam – fast – alles zu seinem guten Ende: Dalia Gutbauer hatte ihre Dahlien zurück, Cheryl Talfeld behielt ihre Stelle, die Firma Allmen International Inquiries bekam ihr sattes Honorar und Allmen zusätzlich eine ansehnliche Provision, die er sich heimlich abzweigte.
    Am folgenden Tag jedoch wurden Allmen und Carlos von der Nachricht beunruhigt, Claude Tenz sei gewaltsam ums Leben gekommen. Noch mehr erschreckte sie allerdings die Tatsache, dass María Moreno nicht nach Hause kam.
    Als sie auch in der Nacht nicht auftauchte,
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