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Himmel, hilf!

Himmel, hilf!

Titel: Himmel, hilf!
Autoren: Debbie Macomber
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Ihrem Schreibtisch liegt Gregs Kreditantrag, nicht wahr?”
    Nein, er würde nicht nachfragen, woher sie das wusste. Gerade an diesem Nachmittag, kurz vor Verlassen des Büros, hatte er die Unterlagen durchgelesen. Aber davon ahnte niemand in der gesamten Kreditabteilung etwas. Greg kniff die Augen zusammen und musterte diese Person, die mehr über ihn zu wissen schien, als ihm lieb war.
    “Sie haben ihm immer noch nicht für das vergeben, was er Ihrer Mutter angetan hat.”
    “Damit haben Sie verdammt recht.”
    “Dann dürfte es Sie interessieren, dass er sich selbst genauso wenig verziehen hat.”
    “Ha, eher gefriert die Hölle, als dass ich das glaube!”
    Frieda Barney drehte sich zu ihm um und sah ihn streng an. Auch ihre Nachbarin legte den Finger an die Lippen und bedeutete ihm, das Schwatzen einzustellen. Vom anderen Ende der Reihe schien ihn Sandys Blick geradezu durchbohren zu wollen.
    Erneut fing der Chor an zu singen, und Phil gab sich alle Mühe, sich auf die Melodie zu konzentrieren. Die Sympathie, die er für die blonde Sängerin empfunden hatte, war vollkommen verschwunden. Durch irgendwelche miesen Tricks war es seinem Bruder gelungen, diese … diese Spionin in den Kirchenchor einzuschleusen. Greg war schon immer geschickt darin gewesen, Leute zu manipulieren.
    “In den ganzen letzten Jahren haben Sie nicht ein einziges Wort mit ihm gewechselt”, ertönte plötzlich eine zweite Stimme neben ihm. Diese Frau schien etwas größer zu sein als die erste – aber eine zweite Blondine? Noch eine, die sang? Das alles ergab keinen Sinn. Phil schloss die Augen. Vielleicht war er gerade auf dem besten Wege, den Verstand zu verlieren.
    “Wer sind Sie?”, verlangte er im wütenden Flüsterton zu wissen.
    “Die passendere Frage wäre eigentlich: Wer sind
Sie
?”
    “Ich weiß, wer ich bin.”
    “Ach ja?” Die zweite Frau schien keineswegs überzeugt. “Wissen Sie das wirklich?”
    “Immerhin haben Sie sich immer für den tugendhaften Bruder gehalten”, hielt ihm der erste Sopran vor.
    “Für einen braven Kirchgänger.”
    “Ein gutes Chormitglied.”
    “Und trotzdem haben Sie die ganze Zeit darüber nachgedacht, wie Sie Ihrem Bruder schaden könnten. An der Vorstellung haben Sie sich geradezu berauscht. Sie können es ja kaum abwarten, ihn endlich leiden zu sehen!”
    Nun drangen aus allen Richtungen weibliche Stimmen auf ihn ein. Nicht eine, nicht zwei – nein, drei verschiedene Sprecherinnen machten ihm Vorhaltungen. Wenn er noch ein einziges Wort hören musste, würde er verrückt werden. “Würden Sie bitte den Mund halten!”
    Urplötzlich erfüllte Schweigen den Raum. Der gesamte Chor drehte sich zu ihm um. “Es tut mir leid”, murmelte Phil. Er spürte, wie ihm die Hitze in die Wangen stieg, während er den Blick wieder auf die Noten senkte. Was war nur über ihn gekommen?
    Andrew, der Chorleiter, sah ihn streng an. “Ist alles in Ordnung?”
    “Ja. Es tut mir leid. Soll nicht wieder vorkommen.”
    Zum Glück wandte Andrew sich daraufhin dem Alt zu und bat die Sängerinnen, eine schwierige Stelle noch einmal alleine zu wiederholen. Die Altistinnen waren gerade einmal zwei Takte weit gekommen, als die blonden Frauen erneut über Phil herfielen. “Zur Weihnachtszeit gehören Liebe und Brüderlichkeit”, erklärte diejenige, die neben ihm stand. “Ich frage mich wirklich, ob Sie überhaupt wissen, was das bedeutet.”
    Phil bemühte sich, sie zu überhören. Angestrengt sah er nach vorne, um das Zeichen des Chorleiters nicht zu verpassen. Endlich gab Andrew dem gesamten Chor das Zeichen, die Stelle noch einmal gemeinsam zu singen. Sollen diese Spioninnen, die Greg aufgetrieben hat, doch sagen, was sie wollen, dachte Greg. Er würde ihnen jedenfalls nicht länger zuhören.
    “Sie verstecken sich hinter einer Fassade der Wohlanständigkeit, während Sie Ihrem Bruder das Schlimmste wünschen”, sang die erste Sopranistin. Ihre Worte waren perfekt auf die Melodie abgestimmt.
    Phil blieben beinahe die Töne im Hals stecken. Hoffentlich hörte niemand diesen lächerlichen Liedtext!
    “Der tugendhafte Bruder.”
    “Der Kirchgänger.”
    “Das Chormitglied.”
    Diese drei Zeilen erklangen als Soli, und sie schienen noch schier endlose Augenblicke im Raum zu schweben. Bestimmt wussten alle sofort, dass sie auf ihn gemünzt waren. Verärgert und peinlich berührt wollte er schon seinen Platz verlassen und weglaufen, als er bemerkte, dass die Blondine neben ihm verschwunden war. Er
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