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Hier kommt Hoeneß!

Hier kommt Hoeneß!

Titel: Hier kommt Hoeneß!
Autoren: Pattrick Strasser
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Wirtschaft.
    Hoeneß war zurück im Leben. Karl-Heinz Deppe, den Jäger, seinen Lebensretter, der noch heute in der Nähe von Osterwald wohnt, hat Hoeneß nie vergessen. »Ein Jahr später, im Februar 1983, hat mich Uli Hoeneß mit meiner Familie und dem gesamten Freundeskreis nach München eingeladen – das muss man sich mal vorstellen«, erzählt Deppe. »Wir waren 50, 60 Mann. Wir haben ein Spiel im Olympiastadion gesehen und dann im ›Sheraton‹-Hotel übernachtet. Unsere Party ging bis sechs Uhr früh, das war ganz toll.« Deppe bekam auch regelmäßig Post von Hoeneß zum Geburtstag. Und Anrufe von Journalisten, je nachdem, welcher Jahrestag anstand, wie viele Jahre sich die wundersame Rettung aus dem Wrack jährte.
    »Ich wollte und will keine Geschäfte mit dieser Sache machen. Damals wollte ein People-Magazin mich kaufen, alle Erinnerungen, alles. Aber ich habe abgelehnt. Auch ein Reporter einer Boulevardzeitung war da. Einmal bin ich dann reingefallen. Sie haben mich gefragt, ob ich denn zum Geburtstag oder zu Weihnachten – ich weiß es nicht, egal – etwas von Uli Hoeneß bekommen habe. Ja, und tatsächlich, in diesem Jahr hatte ich nichts bekommen. Aber das war Zufall, er hat mir immer mal wieder was geschickt. Und was macht die Zeitung, sie schrieb: ›Hoeneß vergisst seinen Lebensretter!‹ Das war einfach lächerlich.« Seitdem ist Deppe skeptisch. Auch weil er völlig bescheiden geblieben ist. Er, der Menschenretter, der Karriereretter des Bayern-Managers. »Ich habe Hoeneß gerettet, ja. Aber ich finde, ich habe nur meine Pflicht getan.«

2. Weltmeister und Depp der Nation
    Denkt man an Uli Hoeneß und seine Zeit als Spieler zurück, hat man drei Bilder im Kopf. Gut, das ist wenig schmeichelhaft, weil zwei der Bilder negativ besetzt sind. Und der bei vielen in Erinnerung gebliebene Uli-Hoeneß-spielt-Fußball-Moment ist im Grunde der, als ein Ball weit über eine Querlatte hinwegsauste.
    Belgrad 1976, der 20. Juni, das Stadion Roter Stern. Das Finale um die Europameisterschaft der deutschen Nationalmannschaft gegen die Tschechoslowakei ging mit unangemessenen Rahmenbedingungen über die Bühne. Ein schlecht ausgeleuchtetes Stadion und nur mäßig gefüllte Tribünen, da der Gastgeber Jugoslawien im Halbfinale gegen Deutschland ausgeschieden war. Die Tschechoslowaken führten bald 2 : 0, doch wie so oft glich die DFB-Elf noch aus, wie so oft erst kurz vor Schluss, Hölzenbein traf in der 90. Minute zum 2 : 2. Es gab Verlängerung, 30 Minuten ohne besondere Vorkommnisse, Ende. Normalerweise würde wie bis dahin üblich ein Wiederholungsspiel an selber Stelle zwei Tage danach ausgetragen werden. Doch von wegen. Der DFB hatte aus Fürsorgepflicht seinen Spielern gegenüber per Antrag durchgedrückt, dass es im Falle eines Unentschiedens erstmals bei einer EM oder WM ein Elfmeterschießen und kein kräftezehrendes Wiederholungsspiel geben sollte. Die Einigung war erst am Vorabend zustande gekommen. Die Spieler sollten nach einer langen Saison früher in den Urlaub gehen können.
    Und so wurde Hoeneß wieder einmal zu einem Pionier. Er wollte ja immer schon in allen möglichen Dingen der Erste sein, und seit jener Juninacht 1976 war er der erste Depp der Nation, der erste Profispieler, der bei einem Elfmeterschießen eines großen Turniers versagte. Und das nicht irgendwie läppisch per Flachschuss in die Arme des Torhüters, nein, er ballerte die Kugel so richtig herzhaft über das Tor in den Nachthimmel von Belgrad. All die sieben Schützen vor ihm hatten souverän getroffen, nur Hoeneß nicht. »Das werde ich nie vergessen, diese Momente habe ich immer noch vor mir. Ich war körperlich völlig am Ende und dann nach dem Schuss völlig apathisch, alles um mich herum rückte in weite Ferne«, erinnert er sich später. Der Weg vom Elfmeterpunkt zurück zur Mittellinie wird zu einem Marathon der Selbstvorwürfe. Als er bei den Kollegen ankommt, tröstet ihn Franz Beckenbauer und streichelt ihm übers Haar. Gleichzeitig lupft der nächste Schütze, der Tschechoslowake Antonín Panenka, die Kugel ganz zart und zugleich rotzfrech am gefoppten Sepp Maier vorbei mitten ins Tor. So, als wolle er zeigen: Herr Hoeneß, es geht auch mit Gefühl. 7 : 5, Ende.
    Die Deutschen konnten also ihren EM-Titel nicht verteidigen. Und das alles wegen zwei Tagen früher Urlaub. Hoeneß hatte etwas getan, das in Erinnerung bleiben sollte, und musste dafür in all den Jahren danach mit einer Menge Spott leben. »Ulis Ball
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