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HHhH

HHhH

Titel: HHhH
Autoren: Binet Laurent
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einen Versuch unternommen zu haben. Kubiš soll nicht umsonst gestorben sein. Vielleicht ist Kubiš nicht umsonst gestorben. Vielleicht haben sie bereits während des Angriffs auf das Kircheninnere zu graben begonnen und sich den Lärm der Explosionen zunutze gemacht, um ihr Hacken zu übertönen. Aber auch das weiß ich nicht. Wie kann es sein, dass man zugleich so viel und so wenig über Menschen weiß, über eine Geschichte, historische Ereignisse, mit denen man sich seit Jahren beschäftigt? Doch tief in meinem Inneren weiß ich, dass sie es schaffen werden, ich spüre es, sie werden sich aus diesem Wespennest befreien, werden Pannwitz entwischen, Frank wird vor Wut explodieren, und man wird Filme über sie drehen.
    Wo ist bloß die verfluchte Zeugenaussage des Feuerwehrmannes?
    Heute ist der 27. Mai 2008. Als die Feuerwehrleute gegen acht Uhr eintreffen, erblicken sie überall SS und auf dem Gehweg einen Toten, da niemand es für nötig gehalten hat, Opálkas Leichnam zu entfernen. Man erklärt ihnen, was sie zu tun haben. Pannwitz hatte folgende geistreiche Idee: die Attentäter auszuräuchern, und sollte das nicht funktionieren, sie wie Ratten zu ertränken. Keiner der Feuerwehrmänner möchte sich mit einer derartigen Aufgabe befassen, man hört ein Flüstern aus ihren Reihen: «Auf uns können sie dabei nicht zählen.» Der Einsatzleiter der Feuerwehr presst hervor: «Wer hat das gesagt?» Doch wer geht schon zur Feuerwehr, um dann eine derartige Arbeit zu verrichten? Also wird zwangsweise ein Freiwilliger auserkoren, der das Gitter vor dem Lüftungsspalt eindrücken soll. Nach nur wenigen Stößen gibt es nach. Frank applaudiert. Also entbrennt ein neuer Kampf um diese horizontale Öffnung, die grob geschätzt knapp einen Meter breit und dreißig Zentimeter hoch ist, eine schwarze, todbringende Passage ins Unbekannte für die Deutschen, ein ebenso tödlicher Lichtspalt für die Verteidiger der Krypta. Der Schacht wird somit zu dem Feld auf dem Schachbrett, das von allen noch stehenden Figuren heiß begehrt wird, um sich den entscheidenden Positionsvorteil zu sichern – in einer Partie, in der Weiß von vornherein mit eins zu hundert in der Defensive ist (denn dieses Mal haben die Schwarzen den ersten Zug gemacht und können davon profitieren).
    28. Mai 2008. Den Feuerwehrmännern gelingt es, ihren Schlauch durch die Öffnung des Oberlichts zu bugsieren. Der Schlauch wird an einen Hydranten angeschlossen. Die Pumpen werden aktiviert. Wasser strömt in die Öffnung.
    29. Mai 2008. Das Wasser beginnt zu steigen. Gabčik, Valčík und ihre Kameraden stehen mit den Füßen im Wasser. Sobald sich ein Schatten der Öffnung nähert, lassen sie eine Gewehrsalve niedergehen. Doch das Wasser steigt.
    30. Mai 2008. Das Wasser steigt ein wenig, allerdings im Schneckentempo. Frank wird ungeduldig. Die Deutschen werfen Tränengasgranaten in die Krypta, um die Fallschirmspringer auszuräuchern, was nicht funktioniert, weil die Granaten ins Wasser plumpsen. Warum haben sie das nicht von Anfang an versucht? Rätselhaft. Ich schließe nicht aus, dass sie sich wie so oft ungeordnet und übereilt in die Tat gestürzt haben.
    Pannwitz macht auf mich den Eindruck, ein kühler Kopf zu sein, doch wie ich annehme, ist er nicht für alle militärischen Operationen verantwortlich, und vielleicht wurde sogar auch er von Panik übermannt. Gabčik und seine Kameraden stehen zwar mit den Füßen im Wasser, doch bei diesem Tempo werden sie an Altersschwäche gestorben sein, bevor sie ertrinken können.
    1. Juni 2008. Frank ist ein Nervenbündel. Je mehr Zeit vergeht, desto stärker befürchtet er, die Fallschirmspringer könnten einen Weg finden zu entkommen. Dabei könnte ihnen das Wasser sogar behilflich sein, sofern sie herausfinden können, wohin es abfließt, denn ganz offensichtlich ist die Krypta nicht dicht. Drinnen organisieren sich die Männer. Einer sammelt die Granaten ein und wirft sie auf die Straße zurück. Ein anderer gräbt verbissen an ihrem Tunnel weiter. Ein dritter stößt mit der Leiter den Feuerwehrschlauch wieder aus der Öffnung. Der letzte schießt auf den Schacht, sobald sich davor etwas regt. Auf der anderen Seite der Steinmauer knien die Soldaten und Feuerwehrleute und versuchen, das Schlauchmundstück zu fassen zu bekommen und erneut zu positionieren, ohne unter Beschuss zu geraten.
    2. Juni 2008. Die Deutschen installieren einen gigantischen Projektor, um die Männer in der Krypta zu blenden, damit
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