Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Heyne Galaxy 09

Heyne Galaxy 09

Titel: Heyne Galaxy 09
Autoren: Walter (Hrsg.) Ernsting
Vom Netzwerk:
der ihm beharrlich folgte.
    Als es schließlich halb drei war, ließ die Spannung in ihm nach. Jetzt kam es nicht mehr darauf an, wieviel Sauerstoff Alf noch zur Verfügung hatte, denn Carters Halbzeit war überschritten.
    »Du hast mich auf dem Gewissen«, sagte er.
    Keine Antwort.
    »Ich habe Lew in ehrlichem Faustkampf umgebracht. Aber was du mir antust, ist schlimmer. Du zwingst mir einen langsamen und qualvollen Tod auf. Du bist ein Teufel, Alf.«
    »Faustkampf, soso. Du hast Lew vor die Kehle geschlagen und dann ruhig zugeschaut, wie er an seinem eigenen Blut erstickt ist. Erzähl mir nicht, du hättest nicht gewußt, was du tust. Jeder hier weiß doch, daß du Karate beherrschst.«
    »Für Lew war es in wenigen Minuten vorüber. Bei mir wird es einen ganzen Tag dauern!«
    »Das gefällt dir nicht, eh? Dreh doch ab und warte auf mich! Meine Pistole ist bereit!«
    »Wir könnten noch rechtzeitig zum Krater zurückkehren, um den Marsianer zu verfolgen. Deshalb bin ich ja zum Mars gekommen, um die Geheimnisse dieses Planeten zu erforschen. Und auch du bist deshalb hier, Alf. Komm, kehren wir um.«
    »Du zuerst.«
    Aber das konnte er nicht; er brachte es einfach nicht fertig. Mit Karateschlägen kann man manches ausrichten – in einem Kampf Mann gegen Mann. Aber gegen eine Energiewaffe sind sie nutzlos. Auch wenn Alf zum Umkehren bereit war.
    Und das war er offensichtlich nicht.
     
     
    4
     
    Ein leises Pfeifen war vernehmbar, und die Kuppel erzitterte. Der Sandsturm hatte seinen Höhepunkt erreicht. Das schrille Geräusch konnte einem mit der Zeit auf die Nerven gehen, und die Dunkelheit machte es erforderlich, die Straßenlampen einzuschalten. Morgen früh würde die gesamte Oberfläche der Kuppel mit einer millimeterdicken Staubschicht bedeckt sein, die sich nur mit Hilfe eines Gebläses wieder entfernen ließ.
    Shute fand den Sandsturm äußerst deprimierend. Hier war er also, auf dem Mars – er, Major Shute, Held der Jugend, ein Mann, der im Grenzland menschlicher Forschung entsetzlichen Gefahren ins Auge blickte!
    Einem Sandsturm, der nicht einmal einem Kind geschadet hätte!
    Niemand hier sah sich einer Gefahr ausgeliefert, die er nicht selbst mitgebracht hatte.
    Würde es ewig so weitergehen? Würde der Mensch weiterhin gewaltige Entfernungen zurücklegen, nur um immer wieder sich selbst gegenüberzustehen und sonst nichts und niemandem?
    Die Arbeit ruhte seit Mittag. Shute hatte es aufgegeben, die Männer an ihre Pflichten zu erinnern. Auf einem Stapel Gebäudeteilen saß Timmy, der das Empfangsgerät praktisch umarmte; und dicht um ihn scharten sich die Bewohner der kleinen Kuppelstadt:
    Timmy erhob sich, als sich Shute der Gruppe näherte.
    »Ende«, sagte er. »Die beiden sind außer Reichweite. Ich kann sie nicht mehr hören.« Seine Stimme klang müde. Er schaltete das Funkgerät ab. Die Männer blickten sich an, und einige standen zögernd auf.
    »Tim, wieso hast du sie verloren?«
    »Sie sind einfach zu weit weg, Bürgermeister.«
    »Sie sind nicht umgekehrt?«
    »Nein, sie sind nicht umgekehrt. Sie sind immer weiter in die Wüste hinausgefahren. Alf muß verrückt geworden sein. Carter ist es nicht wert, daß man für ihn stirbt.«
    Shute dachte: Er war es einmal. Carter war einer der besten Männer gewesen, hart, furchtlos, intelligent, begeisterungsfähig. Aber Shute hatte mit ansehen müssen, wie dieser Mann in der Eintönigkeit des Bordlebens praktisch verfiel. Erst als sie den Mars erreichten, schien er wieder aufzuleben, denn jeder hatte wieder seine Arbeit.
    Und dann gestern morgen, dieser Mord …
    Alf. Es war schmerzlich, auch Alf zu verlieren. Lew war kein großer Verlust gewesen, aber Alf …
    Cousins schob sich neben ihn. »Ich habe deinen Bericht soweit fertig.«
    »Danke, Lee. Ich werde ihn jetzt völlig neu schreiben müssen.«
    »Nein, das würde ich nicht tun. Du solltest einen Nachtrag schreiben und dabei herausstellen, wie und warum drei Männer sterben konnten. Dann kannst du sagen: ›Ich habe es Ihnen ja gesagt. ‹«
    »Ist das deine ehrliche Meinung?«
    »Mein fachliches Urteil«, erwiderte Cousins. »Wann ist das Begräbnis?«
    »Übermorgen, am Sonntag. Ich dachte, das wäre am besten so.«
    »Dann kannst du drei Gottesdienste gleichzeitig abhalten.«
    Für die Männer in der Kuppel waren Jack Carter und Alf Harness bereits tot.
    Aber sie atmeten noch.
    Die Berge kamen langsam näher; die einzigen Richtpunkte in einem ansonsten uferlosen Sandmeer. Alf schien aufgeholt
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher