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Hexer-Edition 07: Im Bann des Puppenmachers

Hexer-Edition 07: Im Bann des Puppenmachers

Titel: Hexer-Edition 07: Im Bann des Puppenmachers
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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oder gleich unter meiner Tür durchgeschoben hatte, denn wir waren kaum fünf Fußminuten von meinem Haus entfernt. Trotzdem trat ich mit einem Achselzucken um den Wagen herum und blieb wieder stehen. Der Wind trug das Quieken einer Ratte heran, aber ich versuchte es zu ignorieren, denn der Gedanke weckte unangenehme Erinnerungen in mir.
    Der Wind schlug mir doppelt kalt ins Gesicht. Ich schauderte, schlug den Mantelkragen hoch und vergrub die Hände tief in den Taschen, während der Bursche vor mir die Straße überquerte und sich dabei ein paarmal zu mir umsah, wie um sich zu vergewissern, dass ich auch wirklich stehen blieb. Auf seinem Gesicht lag dabei ein Ausdruck, der mir gar nicht gefiel. Es war ein Lächeln, aber eines, das eher an ein gehässiges Grinsen als alles andere erinnerte. Ein dumpfes Gefühl der Beunruhigung machte sich in mir breit. Nach allem, was ich bisher erlebt hatte, war es vielleicht nicht gut, gleich alles zu tun, was irgendein dahergelaufener Fremder von mir verlangte.
    Der Bursche erreichte die gegenüberliegende Straßenseite, blieb noch einmal stehen, um zu mir zurückzublicken, wandte sich um und ging weiter.
    Aber nur ein paar Schritte.
    Wieder hörte ich das Quieken und diesmal war der Laut anders als bisher – schriller, kreischender, irgendwie … wütender; so misstönend, dass ich unwillkürlich aufsah und nach dem Tier Ausschau hielt.
    Ich entdeckte es kaum einen Steinwurf entfernt auf der anderen Seite der Straße.
    Es war ein gewaltiges, struppiges Tier, graubraun und so groß wie eine Katze und es benahm sich irgendwie … falsch. Es rannte nicht davon, wie es Ratten normalerweise zu tun pflegten, wenn sie sich während der Tagesstunden auf eine Straße verirrt haben, und es war auch nicht auf der Flucht vor irgendeinem Feind, sondern hockte nur reglos da, schnupperte in die Luft und schien mich aus seinen kleinen boshaften Augen direkt anzustarren. Sein Fell war gesträubt und vor seinem Maul stand weißer, flockiger Schaum.
    Ich war nicht der einzige, der die Ratte entdeckte. Auch Howard zuckte wie unter einem Hieb zusammen und aus dem Wagen erklang ein unterdrückter Schrei, als Lady Audley das ekelhafte Tier sah.
    Die Ratte sprang auf die Straße und kam mit einem schauerlichen Zischeln und Hecheln näher. Ihr Fell war gesträubt und ich sah jetzt, dass in dem weißen Schaum, der von ihren Lefzen troff, Blut war.
    Auch der junge Bursche, der mir den Brief gebracht hatte, blieb stehen, drehte mit einem Ruck den Kopf und blickte dem riesigen Nager entgegen. Sein Lächeln gefror zu einer Grimasse.
    Das Quieken der Ratte steigerte sich zu einem irrsinnigen Zischen und Heulen. Mit einem letzten, gewaltigen Satz überwand sie die Straße, federte auf den Rothaarigen zu und riss ihn mit ungeheurer Wucht von den Füßen. Ihr Heulen ging im erschrockenen Aufschrei des Jungen unter.
    Endlich erwachte ich aus meiner Erstarrung. Mit einem Schrei stürzte ich vor, griff unter den Mantel und zerrte den kleinen, zweischüssigen Damenrevolver hervor, den ich bei mir zu tragen mir in letzter Zeit angewöhnt hatte. Alles ging unglaublich schnell. Die Riesenratte rang den Burschen nieder. Der Junge brüllte vor Schmerz und Angst, bäumte sich auf und brachte seinen Arm zwischen sich und die zuschnappenden Fänge der Bestie.
    Ich schoss im gleichen Augenblick, in dem sich die Fänge des Ungeheuers in den Arm des Rothaarigen gruben.
    Die Entladung der kleinen Damenpistole hörte sich seltsam dünn und schwächlich an, aber die Ratte fuhr, wie von einem unsichtbaren Fausthieb getroffen, zusammen, ließ von ihrem Opfer ab und strauchelte. Ihr Kreischen war plötzlich das des Schmerzes, nicht mehr der Wut. Wie irr begann sie sich um ihre eigene Achse zu drehen, heulte und kreischte und versuchte nach der Wunde in ihrer Schulter zu schnappen.
    Ich blieb stehen, zielte erneut und sorgfältiger und zog den zweiten Abzug der kleinen Waffe durch.
    Diesmal traf ich besser. Das Tier bäumte sich noch einmal auf, brach in den Vorderläufen zusammen und starb.
    Irgendwo hinter mir erklang ein zweites, wütendes Zischen.
    Erschrocken fuhr ich herum, sah einen Schatten auf mich zufliegen und riss instinktiv die Arme in die Höhe. Ich spürte einen Schlag, verlor auf dem regenfeuchten Pflaster den Halt und stürzte, instinktiv die Hände vor Gesicht und Kehle reißend.
    Aber der Angriff galt nicht mir.
    Diesmal waren es gleich ein Dutzend Ratten. Sie waren irgendwo aus dem Gebäude hinter mir gekommen,
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