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Hexer-Edition 07: Im Bann des Puppenmachers

Hexer-Edition 07: Im Bann des Puppenmachers

Titel: Hexer-Edition 07: Im Bann des Puppenmachers
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Wasser beherrschten Raum ganz am Ende der Gewölbekette. Es war eine Kammer, die nicht benutzt wurde und schon seit Jahren, vielleicht Jahrzehnten, leer stand und dem Verfall anheim gegeben war.
    Für ihre Zwecke war sie ideal.
    Sorgsam drückte sie die verquollene Tür hinter sich ins Schloss, drehte sich wieder herum und lauschte einen Moment. Zuerst hörte sie nichts außer dem gedämpften Geräusch ihrer eigenen Atemzüge, aber dann vernahm sie leises Tappen und Huschen, ein Schleifen und Rascheln wie von kleinen, hornigen Pfoten. Ein durchdringender, unangenehmer Geruch lag plötzlich in der Luft, dann hörte sie ein leises Fiepen.
    Langsam griff das Mädchen in die Tasche, nahm eine Packung Zündhölzer hervor und riss eines davon an. Das Streichholz schien unnatürlich hell zu brennen und erfüllte das niedrige Gewölbe mit rotgelbem, flackerndem Licht.
    Sie war nicht mehr allein.
    Im ersten Moment sah es aus, als wäre der Boden vor ihr zu pelzigem, quirlendem Leben erwacht. Der rötliche Schein des Streichholzes spiegelte sich auf knopfgroßen, schwarzen Augen, warf blitzende Reflexe auf hervorstehenden Zähnen und winzigen, rasiermesserscharfen Klauen.
    Für einen ganz kurzen Moment zögerte sie noch, denn das, was sie zu tun beabsichtigte, flößte selbst ihr Furcht und ein Gefühl banger, angsterfüllter Erwartung ein. Es mochte sein, dass sie einen Schritt tat, den sie nicht mehr würde rückgängig machen können. Ihre Macht reichte weit und sie gebot über Kräfte und Wesen, die sich der Vorstellung der meisten Menschen entzogen; aber selbst für sie konnte der Stein, den sie ins Rollen bringen würde, zu schwer sein, um ihn wieder aufzuhalten. Vielleicht würde sie eine Lawine auslösen, die nicht nur die anderen, sondern auch sie unter sich begrub.
    Aber dann verscheuchte sie den Gedanken, löschte das Streichholz mit einer raschen, wedelnden Bewegung der Rechten, riss ein zweites an und hielt es hoch über den Kopf.
    Etwas in seinem Lichtschein schien sich zu ändern. Mit einem Male wirkte das rote Glühen düster und bedrohlich. Die Kälte verging und ein unangenehmer, erstickender Hauch begann sich in dem kleinen Gewölbe auszubreiten, während die Lippen des dunkelhaarigen Mädchens düstere, verbotene Worte aus einer längst vergessenen Sprache zu flüstern begannen …
     
    Lady Audley schrie auf, warf sich zurück und taumelte abermals gegen den Tisch. Ihre Finger lösten sich aus meiner Hand und im gleichen Moment erlosch die geistige Verbindung; so abrupt, dass auch ich taumelte und mir für einen Moment schwarz vor Augen wurde.
    Ich spürte kaum, wie mich Rowlf wie ein Kind bei den Schultern ergriff und festhielt. Erst als er begann, mir leicht mit dem Handrücken ins Gesicht zu schlagen, zerrissen die betäubenden Schleier um meinen Geist.
    »Robert – was in drei Teufels Namen geht hier vor?«, schnappte Howard wütend. Sein Blick irrte unablässig zwischen Lady McPhaersons und meinem Gesicht hin und her. »Was geschieht hier?«, zischte er. »Was hast du getan?«
    Ich ignorierte ihn, schob Rowlfs Hände beiseite und kniete neben Lady Audley nieder. Sie war neben dem Tisch zusammengesunken und schluchzte unterdrückt. Ihre Schultern zuckten und bebten und Tränen malten schmierige Spuren auf ihre gepuderten Züge.
    »Lady Audley«, sagte ich sanft. »Es ist vorbei. Sie brauchen keine Angst mehr zu haben.« Instinktiv wollte ich sie an der Schulter berühren, um sie zu beruhigen, aber ich führte die Bewegung nicht zu Ende, als ich sah, wie sie angstvoll zusammenzuckte.
    »Zum Teufel, was -«, begann Howard, aber diesmal ließ ich ihn nicht ausreden, sondern fuhr ärgerlich herum und funkelte ihn an.
    »Jetzt nicht, Howard«, sagte ich wütend. »Ich erkläre dir alles, aber später.« Ich wandte mich wieder an Lady Audley. Sie hatte aufgehört zu weinen und schien sich wieder einigermaßen unter Kontrolle zu haben.
    »Was war das, Robert?«, flüsterte sie mit bebender Stimme. »Haben Sie … haben Sie es auch gesehen?«
    Ich nickte. Ich wusste, dass sie das Gleiche erlebt und gespürt hatte wie ich. Es waren nicht nur Bilder gewesen; die allein hätten nicht so erschreckend sein können. Was selbst mich bis auf den Grund meiner Seele erschüttert hatte, war das Wissen gewesen, das mit diesen Bildern gekommen war.
    »Eine Art Vision«, murmelte ich. »Vielleicht das«, fügte ich in einem schwachen Versuch, scherzhaft zu sein, hinzu, »was Sie das zweite Gesicht nennen würden, Lady
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