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Hexer-Edition 07: Im Bann des Puppenmachers

Hexer-Edition 07: Im Bann des Puppenmachers

Titel: Hexer-Edition 07: Im Bann des Puppenmachers
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Audley.«
    Lady McPhaerson blieb vollkommen ernst. »Das Mädchen, Robert«, flüsterte sie. »Wissen Sie, wer das war?«
    Ich schüttelte den Kopf, nickte gleich darauf und zuckte hilflos mit den Schultern. »Ich ahne es«, sagte ich. »Aber …«
    »Das war Cindy«, unterbrach mich Lady Audley. »Dieses Mädchen war Cindy, Robert. Meine Nichte. Sie ist in großer Gefahr. Wir müssen ihr helfen.«
    »Ihre Nichte ist tot, Mylady«, sagte Howard leise.
    Lady Audley nickte. Wieder liefen Tränen über ihr Gesicht, aber sie weinte jetzt lautlos. »Ich weiß«, sagte sie. »Und trotzdem haben Robert und ich sie gesehen, Mister Phillips.«
    Sie setzte sich auf und starrte Howard aus geröteten Augen an. »Sie ist in Gefahr, Mister Phillips«, sagte sie noch einmal. »Fragen Sie Robert. Was … was wir erlebt haben, war ein Hilferuf.«
    Vielleicht hatte Lady Audley Recht und das Mädchen, das wir gesehen hatten, war tatsächlich ihre Nichte gewesen. Aber zumindest in einem Punkt hatte sie sich geirrt.
    Ich war mir sicher, dass unser gemeinsames Erlebnis alles andere als ein Hilferuf gewesen war.
    Es war eine Botschaft. Die Bilder waren uns geschickt worden, sie und das Wissen, das sich damit verband. Sie waren eine Warnung.
    Ich wusste nur noch nicht, wovor.
     
    Der Morgen empfing uns mit Kälte und dünnen Schwaden des gefürchteten Londoner Nebels. Ein klammer Hauch lag über der Straße und ließ das Gras in den Vorgärten glitzern. Ich ging instinktiv schneller und mit gesenkten Schultern, als Rowlf endlich den Wagen aus der Remise geholt hatte und vor dem Tor vorgefahren war. Auch Howard und Lady Audley, die mit mir das Haus verlassen hatten, beeilten sich, in den Wagen zu kommen, wo wir wenigstens vor dem kalten Wind geschützt waren.
    Ein sonderbares Gefühl hatte von mir Besitz ergriffen: eine Mischung aus Unruhe und … ja – obgleich ich mich des Gefühles fast schämte, beinahe Vorfreude, nach fast zwei Monaten endlich wieder dieser lauten schmutzigen Stadt entfliehen zu können.
    Ich war so in Gedanken, dass ich Howard auf den Fuß trat, als wir in die Kutsche einstiegen, aber zu meiner Verwunderung reagierte er nur mit einem Stirnrunzeln darauf, setzte sich kopfschüttelnd mir gegenüber auf die Bank und sah mich scharf an. Ich hatte ihm erzählt, was Lady Audley und ich gesehen hatten – aber nur das. Nichts von der Furcht, die die Vision begleitet hatte, und nichts von den düsteren Ahnungen, die mich seither plagten. Aber Howard kannte mich gut genug, um genau zu spüren, dass mich etwas bedrückte.
    Ungeduldig zog ich den Wagenschlag hinter Lady Audley zu und wartete, bis Rowlf unser Gepäck verstaut und auf dem Bock Platz genommen hatte. Seine Peitsche knallte und endlich setzte sich das Gefühl schwerfällig in Bewegung.
    »Wie kommen wir nach St. Aimes?«, fragte Howard plötzlich. »Der Ort klingt nicht so, als hätte er einen Bahnhof.«
    »Das nicht«, antwortete Lady Audley. »Aber ich werde eine Kutsche mit schnellen Pferden mieten, sobald wir aus dem Zug steigen. Keine Sorge wegen der Kosten«, fügte sie spitz hinzu. »Die übernehme ich, mein lieber Phillips.«
    Der Wagen bog von der Hauptstraße ab, schaukelte ein paar Yard weiter – und kam mit einem so abrupten Ruck zum Stehen, dass ich um ein Haar von der Bank gerutscht wäre. Auch Howard kämpfte eine Sekunde lang um sein Gleichgewicht, dann fuhr er hoch, riss fluchend die Tür auf und schrie Rowlf an: »Was zum Teufel soll das?«
    Rowlf antwortete irgendetwas, das ich nicht verstehen konnte, und ich sah, wie der Zorn auf Howards Gesicht einem fragenden Ausdruck Platz machte.
    Ich machte eine beruhigende Geste in Lady Audleys Richtung, stemmte mich ebenfalls hoch und beugte mich neugierig aus dem Wagen, während Howard auf der anderen Seite ausstieg und den Mantelkragen hochschlug, als der Wind mit einem triumphierenden Heulen wieder über ihn herfiel.
    »Was ist los?«, fragte ich an Rowlf gewandt.
    Der rothaarige Riese zuckte mit den Achseln und deutete nach vorne.
    Die Straße war nicht mehr leer. Ein Stück vor uns, nicht mehr als zwanzig Schritt entfernt, im schwachen Licht des Morgens fast nur als Schemen zu erkennen, stand eine Gestalt. Reglos und hoch aufgerichtet und mitten auf der Straße, in einer Haltung, die mir deutlich sagte, dass er an dieser Stelle auf uns gewartet hatte; aus welchem Grund auch immer.
    Dann bewegte sich die Gestalt und aus dem grauen Schemen wurde ein Körper. Sekunden später blickte ich in das Gesicht
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