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Hexer-Edition 04: Tage des Wahnsinns

Hexer-Edition 04: Tage des Wahnsinns

Titel: Hexer-Edition 04: Tage des Wahnsinns
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Wort. »Wir sollten machen, dass wir weiterkommen. Bevor Richardson mit ein paar Mann Verstärkung hier unten auftaucht.«
    Er blinzelte und versuchte die Dunkelheit vor uns mit Blicken zu durchdringen.
    »Ich hoffe nur, dass das hier keine Sackgasse ist«, fuhr er fort. »Wenn wir Glück haben, hat der Keller noch einen Ausgang zum Garten.«
    Ich achtete nicht weiter auf ihn. Mit ausgestreckter linker Hand tastete ich mich an der Wand entlang; der Revolver lag schussbereit in meiner Rechten. Das Gefühl einer unbestimmten Erwartung verstärkte sich. Sehr wohl war mir nicht dabei, mich durch die Dunkelheit vorzutasten. Ich hatte noch nicht das Erlebnis mit der Rattenfrau vergessen.
    Und hier unten gab es Ratten.
    Meine überreizte Phantasie gaukelte nur tapsende kleine Füße vor, die über den kalten Boden huschten. In der Dunkelheit glaubte ich winzige, stechende Augen zu sehen, die jede meiner Bewegungen verfolgten. Ich fühlte, wie mir der kalte Schweiß ausbrach.
    In das Geräusch unserer Schritte mischte sich etwas anderes; ein heller, singender Laut, zu schwach, um seinen Ursprungsort zu erkennen, aber laut genug, um mich abrupt anhalten zu lassen.
    »Hören Sie das auch?«, flüsterte ich.
    Sean prallte gegen mich. Ich rutschte ein Stück von der Wand weg und kämpfte einen Moment lang um mein Gleichgewicht. Sean packte meinen Arm und hielt mich fest.
    »Was ist das?«, fragte er.
    Ich zuckte mit den Achseln. Es dauerte eine Sekunde, bevor ich daran dachte, dass Sean meine Geste in der Dunkelheit nicht sehen konnte.
    »Keine Ahnung«, sagte ich leise.
    Das Geräusch hatte inzwischen abgenommen und war dann ganz verstummt. So sehr ich mich auch bemühte, ich hörte nichts mehr. Vielleicht hatte ich mich auch getäuscht. Es war womöglich nichts weiter als ein Windstoß gewesen, der durch ein offenes Kellerfenster gefahren war und in dem langen Gang widerhallte.
    »Gehen wir weiter«, sagte Sean mit rauer Stimme. »Richardson wird schon auf dem Weg in den Keller sein. Ich habe keine Lust, ihm meine Anwesenheit zu erklären.«
    Ich setzte mich wieder in Bewegung. Obwohl ich mir sicher war, dass Priscylla ganz in der Nähe war, war der innere Kontakt zu ihr wie abgerissen. Seit Wochen fühlte ich mich durch eine unbekannte Kraft vorwärts getrieben, und nun, kurz vor dem Ziel, war sie versiegt.
    Ich fühlte nichts weiter als einen dumpfen Druck im Kopf und Nervosität, die durch Seans Anwesenheit noch verstärkt wurde. Mit jedem weiteren Schritt begann sich mein Unbehagen zu verstärken. Ich konnte mich nicht des Eindrucks erwehren, dass ich geradewegs in eine Falle lief.
    Es ging so schnell, dass ich zu spät die Gefahr begriff, in der ich schwebte. Ein fernes Geräusch, so leise, dass ich es kaum wahrnahm, schien die Gemäuer zu durchdringen. Es war dem hellen Singen nicht unähnlich, und doch anders, durchdringender und … gewaltiger.
    Ich verlangsamte meine Schritte und wollte Sean auf das Geräusch aufmerksam machen, aber dann …
    Es war fast so, als blicke ich wieder in den Spiegel.
    Vor meinem inneren Auge tauchte eine entsetzliche Gestalt auf. Skeletthafte Züge verzerrten sich zu einem höhnischen Grinsen, krallenartige Hände streckten sich mir entgegen.
    Ich stöhnte auf, riss den Revolver hoch und zog den Abzug durch. Die Schüsse hallten durch die Dunkelheit. Die feurigen Mündungsblitze rissen für winzige Augenblicke das vollkommene Schwarz um mich herum auf und erhellten etwas … etwas Großes, Massiges, das wie eine gigantische Spinne vor mir im Gang hockte. Für einen winzigen Augenblick sah ich die Alptraumgestalt mit der Deutlichkeit, mit der man in einem schweren Gewitter für die Dauer eines Blitzes ein fernes Haus sieht.
    Ich wollte schreien, aber ich konnte es nicht.
    Der Kopf eines Ebers, mit gigantischen Hauern …
    Wieder und wieder schoss ich, bis der Hammer gegen die leere Trommel schlug. Und jeder Mündungsblitz riss eine feurige Bahn durch die Dunkelheit und beleuchtete die alptraumhafte Gestalt vor mir.
    Dann war es vorbei.
    Von einer Sekunde auf die andere ließ der fürchterliche Druck nach, der meinen Schädel zusammengepresst hatte. Die Erschöpfung ließ mich einen Schritt vorwärtstaumeln.
    Eine Woge der Erleichterung brach über mir zusammen. Ich hatte einen bitteren Geschmack im Mund, und meine Knie zitterten, aber ich spürte deutlich, dass die Vision zu Ende war. Was auch immer da vor mir im Gang gelauert hatte, es war verschwunden.
    Ich wollte mich zu Sean umdrehen
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