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Hexenzauber für den Hausgebrauch

Hexenzauber für den Hausgebrauch

Titel: Hexenzauber für den Hausgebrauch
Autoren: Verena Basilissa
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auf den Tisch legen?“, fragte ich noch einmal und sah erwartungsvoll zu ihm hinauf.
    „Sehen Sie die schöne Lederarbeit mit der Goldverzierung?“, kam es von oben zurück.
     „Ja“, antwortete ich mit beginnender Ungeduld. „Aber ich habe wenig Zeit. Ich bin nämlich auf der Suche nach …“
    „Ich weiß“, unterbrach mich der Mann erneut und sah mir zum ersten Mal ins Gesicht. „Warum legen Sie die Bücher nicht auf den Tisch, wenn sie Ihnen zu schwer sind?“
    Ich blickte in sein Gesicht und versuchte, mich zu erinnern, wo ich es schon einmal gesehen hatte. Die hellen Augen glichen denen meines Großvaters, doch die scharf geschnittene Nase und das energische Kinn schienen eher auf eine südliche Herkunft hinzuweisen.
    „Sie sehen durstig aus, möchten Sie ein Glas Tee?“ Er hatte recht, ich war tatsächlich durstig. Andererseits aber hatte ich wenig Lust, mich noch länger in dieser eigenartigen Bibliothek aufzuhalten. Ich schaute demonstrativ auf meine Armbanduhr. Der Mann stieg langsam die Leiter herab, nahm die Bücher von meinem Arm und stapelte sie auf dem Tisch neben den anderen.
    „Setzen Sie sich“, sagte er und wies auf einen der Stühle. Er füllte zwei Gläser mit Tee aus einer Silberkaraffe und bot mir eines davon an. Ich wollte nicht unhöflich sein und nahm Platz.
     „Wohnen Sie schon lange hier?“, versuchte ich den Beginn einer Konversation.
    „Ich komme ab und zu hierher, wenn es etwas zu tun gibt“, antwortete der Mann und setzte sich mit seinem Glas mir gegenüber. Ich nahm einen Schluck Tee und wunderte mich, wie süß das Getränk schmeckte. Plötzlich fühlte ich mich sehr müde.
    „Sie sehen erschöpft aus“, bemerkte der Mann. „Sind Sie schon lange auf der Suche?“
    „Seit einem halben Jahr“, seufzte ich. Der Mann lächelte.
    „Ein halbes Jahr ist doch nicht lange. Es gibt Menschen, die suchen ihr ganzes Leben.“
    „Wenn ich prozessieren würde, könnte ich vielleicht noch ein Jahr in meiner Wohnung bleiben“, versuchte ich zu erklären. „Aber die Besitzer wohnen im selben Haus und haben mir vom ersten Tag an das Leben schwergemacht.“ Ich nahm noch einen Schluck Tee, der mir mit einem Mal sehr erfrischend vorkam.
    „Das ist hilfreich“, sagte der Mann und lächelte wieder. Ich blickte ihn verständnislos an.
    „Was meinen Sie mit ‚hilfreich‘?“
    „Nun ja“, sagte der Mann und drehte das Glas in seinen Händen. „Nicht jeder bekommt so klare Hinweise, dass er sich am falschen Platz befindet.“
    Ich überlegte mir, ob ich mich nicht klar genug ausgedrückt hatte. „Die Wohnungsbesitzer haben Eigenbedarf angemeldet“, versuchte ich, meine Situation noch einmal verständlich zu machen. „Da ich aber schon mehr als sechs Jahre dort lebe, kann man mich nicht von heute auf morgen auf die Straße setzen.“
    „Sieben Jahre“, sagte der Mann und blickte versonnen auf die Tischplatte. „Es sind fast sieben Jahre.“
    Ich verstand nichts. „Vielleicht werde ich doch prozessieren“, meinte ich nach einem Augenblick angespannter Stille.
    Der Mann hob den Kopf. „Es sind fast sieben Jahre, und es gibt sehr klare Hinweise. Wenn Sie mich fragen, ich würde sie befolgen.“
    Ich verstand ihn noch immer nicht. „Ich habe größte Schwierigkeiten“, gab ich ihm zu bedenken. „Zu Ende des Monats hat man mir gekündigt, in der Arbeit geht nichts so, wie ich es mir anfangs vorgestellt habe, und von meinem Privatleben will ich gar nicht erst anfangen zu erzählen.“
    „Das habe ich mir schon gedacht“, bemerkte der Mann und schenkte Tee nach. „Wenn man die Hinweise nicht beachtet, häufen sich die Probleme. Schließlich steht einem das Wasser bis zum Halse, und dann sprechen die Menschen von Schicksal.“
    „Ach ja, das Schicksal“, seufzte ich. „Im Grunde ist man doch völlig machtlos gegen diese verheerenden Konstellationen. Saturnquadrat auf der Sonne und Neptun im zweiten Haus, dazu noch Pluto direkt am Aszendenten.“
    Der Mann runzelte die Stirn und sah mich über den Rand seines Glases scharf an. „Ich verstehe nicht ganz, wovon sprechen Sie bitte?“
    „Ich spreche von meinem Horoskop.“
    „Ah“, sagte der Mann, „wie interessant, und was hat das zu bedeuten?“
    „Das hat zu bedeuten“, setzte ich zu einer ausführlichen Erklärung der Grundlagen klassischer Astrologie an, „dass in meinem Geburtshoroskop eine Grundkonstellation vorhanden ist, die bewirkt …“
    „Wie bitte?“, unterbrach mich der Mann. „Wollen Sie mir
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