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Hexensabbat

Hexensabbat

Titel: Hexensabbat
Autoren: Annegrit Arens
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regelmäßig zum Problem wurde, wenn sie verreisten. Dann wurden die Tiere aufgeteilt. Anna hatte sich für die beiden Flußkröten entschieden.
    »Warum nimmst du nicht den Hamster?« hatte Julius gefragt. Er wußte, daß Anna Kröten häßlich fand. »Nein, gib mir Hans und Franz«, hatte Anna erwidert. Sie hatte sich gemerkt, was ihr Schwager vor zwei Jahren über die Colorado-Flußkröten erzählt hatte: »So eine Kröte ersetzt die tollste Droge, und keiner kommt mir auf die Schliche!« Alle hatten gelacht, natürlich. Vor einigen Tagen war Anna in die Universitätsbibliothek gegangen und hatte unter »bufo alvarius« nachgeschlagen. Es stimmte. Das Krötengift löste innerhalb von Sekunden starke Halluzinationen aus. Es wirkte nur im Kopf. Im Kopf machte es high, und der Rest nibbelte ab. Sie hatte sich notiert, wie das Gift eingesetzt wurde, manchmal sogar zu therapeutischen Zwecken, zum Beispiel bei Rheuma. Als sie das las, mußte sie lachen. Ihr eigenes Lachen hatte sie erschreckt, sie hatte sich umgeblickt, aber da war nur die Bibliothekarin gewesen, die mit ihren Karteikarten hantierte und nicht einmal aufsah. Hastig hatte Anna gelesen, daß dieses Gift über die Atemwege wirkte, über die Haut und über den Magen; in Verbindung mit Feuchtigkeit wirkte es besonders rasch. Cognac, hatte Anna gedacht, ihr war eingefallen, wie Till neulich den Cognac gekippt hatte, obwohl er eigentlich ein maßvoller Trinker war. Noch etwas war ihr in den Sinn gekommen, Sperma war auch feucht, eine hexenwürdige Therapie, sie hatte das Lexikon zugeklappt und ordentlich ins Regal zurückgestellt. Es war ihr Spiel … Sie mußte nur die schleimige Absonderung hinter den Augen und an den Beinen abstreichen und trocknen. Sie benutzte einen Holzspachtel dazu, das Triumphgefühl überwog den Ekel. Sie war sich nicht ganz sicher, wie stark die Dosis für ihre Zwecke sein mußte. Sie würde es ausprobieren. Sie hatte Zeit. Sie besaß schon eine gute Portion von dem Zeug; getrocknet sah es harmlos und nicht einmal unappetitlich aus, sie hatte es im Mörser pulverisiert.
    Das Telefon riß Anna aus ihren Träumereien. Sie hatte dort neben dem Terrarium gekniet und die beiden Kröten angesehen. Der Anblick der Tiere führte sie nur tiefer hinein in diesen Plan, der in ihrem Kopf gewachsen war. Anfangs schienen es nur Phantasiespiele zu sein, doch nun nahmen sie Gestalt an, jedes Zurückweichen Tills ließ ihren Plan wirklicher werden.
    Anna rappelte sich hoch, es kribbelte in ihrem Fuß, ein Bein war eingeschlafen. Das Kribbeln war unangenehm, sie massierte das taube Gelenk mit einer Hand, während sie mit der anderen den Telefonhörer aufklappte. »Liebold«, meldete sie sich, »Anna Liebold.«
    »Hier Anette«, sagte die Stimme am anderen Ende der Leitung, und ohne Annas Antwort abzuwarten, fuhr sie fort: »Wann bist du soweit?«
    Anette gehörte jetzt dazu, genau wie Andrea und Ramona. Aus der Marmorhallen-Lady war eine Komplizin geworden, sie war die Nummer vier. Anna hatte sie angeworben.
    Die Idee dazu war Anna gekommen, als sie den Briefkasten aufgemacht und dieses Kuvert herausgenommen hatte. Als hätte jemand eine ganze Flasche Parfüm darüber gekippt. So hatte es gestunken. Anna hatte die Nase gerümpft; ihr war sofort klar gewesen, daß der Brief für Till bestimmt war. Aber im Rosenkrieg galten andere Spielregeln. Anna hatte den Brief geöffnet. Die Frau hieß Monika. »Deine Monika«, stand am Ende des Briefbogens, der Rest war Pornographie. Immerhin hatte Anna sich zusammenreimen können, daß Monika eine aus dem Schreibbüro seiner Firma war, die sich von Till hatte bumsen lassen. Der Brief hatte detaillierte Hinweise auf Tills Drehsessel, auf die Teeküche und sogar auf die Damentoilette enthalten. Es war zum Kotzen. Der Gipfel war dieses Foto: oben und unten Afrolöckchen, oben gelbblond und unten mittelbraun, der Rest schimmerte durch einen Tüllfetzen. Sie sah nicht übel aus, nur eben entsetzlich vulgär. Monika war der Schlüssel zu Anette gewesen.
    Anna hatte den nächsten Mittwoch abgewartet, es war ihr zugute gekommen, daß sie Anettes Zeitplan kannte. Vor Feinkost »Hoss« war sie auf die Frau zugegangen. »Ich bin Anna Liebold.« Die andere hatte keine Miene verzogen. Anna hatte auf die Sätze, die sie sich vorher zurechtgelegt hatte, verzichtet. Diese Anette war ein anderes Kaliber als Ramona und Andrea. Anna hatte das gespürt. Es war auch eine Herausforderung gewesen, eine solche Frau auf ihre Seite zu
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