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Hexensabbat

Hexensabbat

Titel: Hexensabbat
Autoren: Ludwig Tieck
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Partei der Franzosen im Lande und unter Eurer nächsten Umgebung ist sehr groß. Man vertraute mir manches, und mehr noch habe ich erraten und erhorcht, da man mich für leichtsinnig und unbedeutend hielt, und viele sich in meiner Nähe ohne Rückhalt betrugen.
    Fahre fort, sagte der Prinz, und sprich offen, da du nichts mehr zu wagen hast.
    Eure nächsten Diener, sagte Köstein, sind Euch ungetreu, wie Ihr Euch noch in dieser Woche davon überzeugen könnt. Wenn Ihr nach Gorkum von hier geht, so sind alle Anstalten getroffen, Euch auf einem Schiffe heimlich zu entführen.
    Der Prinz sprang zurück. Wie? rief er aus; du lügst!
    Ein flüchtiger Brabanter, Rubempré, ist dort in der Stadt; sein Schiff ist im Hafen. Er verweilt da unter allerhand Vorwänden. Orli, Euer Kammerdiener, Franz, Euer Stallmeister, wissen um die Sache. Am Abend in der Dämmerung, indem Ihr nach Hause geht, sollt Ihr unter einem glaublichen Vorwand in eine Barke gelockt, und von dort mit Gewalt auf das segelfertige Schiff gebracht werden, welches dann sogleich in See sticht.
    Der Prinz hatte sich entfärbt und war in tiefem Sinnen. Und wohin mich führen? fragte er dann.
    Darüber sind die Verräter wohl noch selbst nicht einig. Genug, Euer Leben ist in Gefahr, wenn Ihr dieser Bosheit nicht zuvorkommt. Wie Euch der König von Frankreich haßt und fürchtet, brauche ich Euch nicht zu sagen. Euer Vater ist so gut, daß er der edelste der Menschen sein würde, wenn seine Schwäche, sein Mißtrauen ihn nicht immer wieder in die Hände Eurer Feinde lieferte. So sehr er Euch liebt, so gibt es Stunden, wo sein Mißtrauen, von den Croys und der französischen Partei genährt, so stark wird, daß er Euch fürchtet, vor Eurer Heftigkeit zittert, und Euch die schwärzesten Komplotte gegen seine Staaten und seine Person zutraut. Wie gereut es mich, daß ich mich selbst dazu habe mißbrauchen lassen, so viele seiner heitern Stunden zu vergiften. So glaubt er jetzt, Ihr habt Euch vom Hofe entfernt, um nach Holland zu gehn, und Euch dort als Souverain und unabhängigen Fürsten zu erklären.
    Der Prinz schlug die Hände im Erschrecken zusammen. Nein! rief er dann, bleich im Gesicht, ich habe niemals glauben können, daß es die Bosheit meiner Feinde so weit treiben würde! – Er ging im Zimmer mit großen Schritten auf und ab. – So ist es mit mir denn ohngefähr ebenso, – sprach er für sich selbst – wie es mit diesem Dauphin Ludwig und seinem Vater Carl stand! – Dieses ewig wache Mißtrauen – diese grübelnde Zweifelsucht – diese Unfähigkeit, Glauben zu fassen – sie vergiften jede Liebe, sie machen die Bande der Natur schwach und zerreißen sie oft. – Zwar bin ich kein schleichender, boshaft kluger Ludwig, und mein Vater ist stärker als der schwache Carl es war – und doch! – Oft ist es ja nur Notwehr, wenn das doch endlich geschieht und geschehen muß, was erst nur Lüge und Verleumdung war! – Wie traurig, wenn auch der beste Sohn nach dem letzten Tage des Vaters aussehen muß, durch welchen er erst frei und mündig wird! –
    Sein Blick war zornig, seine Wange rot geworden. – Und dieser Rubempré, fragte er hastig, indem er sich wieder nahe vor Köstein hinstellte, – welcher ist es? Der Bastard oder dessen Bruder?
    Ihr wißt, sagte Köstein, der Bruder, der sonst auch ein lieber und vertrauter Diener Eures Vaters war, ist jetzt bei Ludwig dem Eilften in großem Ansehn, nachdem er Eure Dienste hier, mit schlechtem Vorwande, verlassen hatte; dieser hat wohl, auf Befehl des Königs, den Bastard ausgesendet, um Euch zu fangen. Ludwig rechnet fest auf Euren Untergang, und wird gewiß, wenn Ihr ihn nicht überflügelt, alles versuchen, um Euch zu stürzen. Vielleicht will er Euch als Geisel entführen, um Eurem Vater Provinzen abzudrängen; vielleicht ist es auf Euren Mord abgesehn. Die nächsten Mitgenossen und Unterhändler dieser Bosheit sind Eure schlimmsten Feinde, die Herren von Croys. Aber, wenn es Euch auch gelingt, diesen Bastard zum Geständnis und zur Strafe zu bringen, diesen Croys werdet ihr, solange Herzog Philipp lebt, niemals etwas anhaben können, und dieser Rubempré ist so klug und vom listigen Könige gewiß so vorbereitet, daß Ihr Euch hüten müßt, daß in der Untersuchung die Anklage des Verbrechens nicht gegen Euch selbst gewendet werde.
    Gut! gut! rief Charolais, dem Anschein nach wieder beruhigt. Ich sehe immer deutlicher, ich stehe auf einer dünnen Eisrinde über einem Abgrunde. Das Notwendigste ist
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