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Hexensabbat

Hexensabbat

Titel: Hexensabbat
Autoren: Ludwig Tieck
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fortführen, der am folgenden Tage enthauptet wurde, so wie Denis, sein ehemaliger Gesell.
    Der Prinz ging nach Gorkum und ließ dort den Bastard Rubempré verhaften, versöhnte sich mit seinem Vater, und geriet in tiefe Verwicklung mit seinem Adel und dem Könige von Frankreich.
    Das Leben des Dechanten war gebrochen. Sein geistlicher Stolz war zu einer irren, ungenügenden Demut, seine Sicherheit des Wissens zum leeren Zweifel, und sein fester Sinn zur Haltungslosigkeit herabgesunken. Seine Mitbrüder erkannten ihn kaum wieder, wenn sie ihm begegneten.
    Der Bischof, jetzt noch dreister geworden, ließ wiederum Bürger und Kaufleute, auch Bauern verhaften, die sich verdächtig gemacht hatten oder die angezeigt waren; der Dechant aber zog sich von allen Untersuchungen und Verhören zurück, Krankheit vorschützend, welche ihm auch aus Angesicht und Auge zu sprechen schien.
    Er vermied die Menschen, irrte gern im Felde umher, und verschloß sich dann wieder in seiner stillen Zelle. Dort blätterte er in einer Nacht in Papieren und Briefen, die ihm noch aus dem Nachlaß der alten Gertrud, von der Untersuchung ihrer Anklage, waren liegen geblieben; andre hatte ihm der Bischof, nach gefälltem Urteil, wieder zurückgesendet. Da sie freiwillig alles selbst bekannt hatte, so waren diese Blätter nicht beachtet worden, und der Dechant nahm sie jetzt, in tiefer Nacht, um sich zu zerstreuen, wieder vor. Unvermerkt war er in Briefschaften mit aller Aufmerksamkeit festgehalten, die von der Jugendgeschichte der alten Zauberin vieles erzählten; sie war die Tochter vornehmer und reicher Eltern in Gent, hatte viele Freier gehabt und einen nach dem andern höhnisch abgewiesen. Ihre Schönheit lockte aber neue an, die ebenso hart behandelt wurden. Dies alles zeigte sich auf alten, vergelbten Blättern, zerrissenen Zetteln und in einer alten Kapsel, welches alles auf dem Grunde eines halb vermoderten Kastens, des einzigen, den die Alte besaß, gelegen hatte. Von ihr waren diese Blätter gewiß vergessen worden, sonst hätte sie sie wohl nicht aufbewahrt.

In der Kapsel fand sich eine Sammlung von Briefen, welche mehr zusammenhingen; sie waren fast alle von derselben Hand. Ein junger, schöner Krieger hatte endlich den Zauber der Spröden gebrochen, sie war ihm mit Wohlwollen, später mit Liebe entgegengetreten. Bald war ihr Verhältnis ein vertrautes geworden. Unwillkürlich stellte sich dem Dechanten das Bildnis der Frau Catharina vor, indem er dieses Lob der Schönheit, die Schilderung der Reize las; er schauderte, wenn er einen Augenblick wieder an die alte, greise, wahnsinnige Gertrud dachte, an welche ein wilder und frecher Jüngling, in Liebe erglüht, diese trunknen Worte vor vielen Jahren gerichtet hatte. Der schwärmende Soldat verteidigte sich in andern Briefen gegen Anklagen, versprach besser zu werden und wieder die Kirche zu besuchen. Es fand sich sogar das Zeugnis eines Priesters, daß er wieder gebeichtet und am Sakrament teilgenommen hatte. Nun wurde auch der Name dieses Kriegers deutlicher, der Zeit nach traf es ebenfalls zusammen, daß er kein anderer war, als der Vater der Catharina Denisel. Nun fehlten Blätter, und es war plötzlich von einem Knaben die Rede, welchen der Liebende heimlich bei guten und sichern Leuten untergebracht hatte. Die Briefe trösteten, die Worte, wie gezwungen sie gestellt waren, suchten zu beruhigen. Es ergab sich, daß die Eltern der schönen Gertrud vor Gram gestorben waren, da sie die Schmach ihres Kindes entdeckt hatten. Wieder Trost und Nachrichten vom Knaben, der von einer wohlwollenden Frau auf dem Lande versorgt wurde. Er beschreibt die Lage des Dorfes und des Hauses. Er kann aber seine Verlobte, auch ein reiches, angesehenes Mädchen, nicht verlassen; selbst sein Beichtvater macht es ihm zur Gewissenssache. Diese Verlobte war die Mutter der Denisel, wie es Name und Familie zeigte. Jetzt sah man, wie die kürzeren und seltneren Briefe das Erlöschen seiner Leidenschaft deutlich ausdrückten. Die Witwe des Wassermüllers hatte dem Beichtvater den Knaben, der schon drei Jahr alt war, übergeben; er wollte ihn zum Geistlichen erziehen. Dieser Priester hieß Dubos, ein strenger Mann; er meldete plötzlich, der kleine Markus sei verstorben. – Ein wilder Brief der Gertrud, wie es schien der Entwurf eines abgesendeten, schilderte ihr Elend; sie wollte alles, was sie besaß, den Armen geben, und unbekannt, zur Strafe und Abbüßung ihrer Sünden, als Bettlerin leben. – Sie mußte
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