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Hexensabbat

Hexensabbat

Titel: Hexensabbat
Autoren: Ludwig Tieck
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Carrieux sprach wieder laut von Schändlichkeit und Lüge, und die übrigen Weibspersonen heulten und schrien, beteuerten ihre Unschuld, und selbst die alten Bäuerinnen erklärten, wie alles nur in ihnen Krankheit und Einbildung gewesen, wie man ihnen die Anklagen in den Mund gelegt, und der Advokat Flamand versichert habe, es würde ihnen nichts geschehen, wenn sie nur bei ihrer Aussage blieben und immer mehr eingeständen. So wurden sie hinausgeführt, und es war tief erschütternd, mit welchen Blicken der junge Friedrich im Zuge nach der Frau Catharina hinsah.
    Draußen, beim Scheiterhaufen, sagten noch einmal alle, daß sie unschuldig hingeopfert würden; Carrieux hielt noch eine Anrede an seine Richter, nur die wahnsinnige Gertrud lachte und jubelte und bekannte sich als Hexe. In kurzer Zeit waren sie nicht mehr. Nur wenige Bürger waren dem Zuge gefolgt; alles war still und traurig, jeder hatte sich in seinem Hause verschlossen.
    Auf einer hohen Bühne, dem Scheiterhaufen gegenüber, wurden die Männer ausgestellt, die, als reuig bekennend, ihre groben Irrtümer einsehend, und sich in den Arm der Kirche werfend, begnadigt wurden, nämlich der Ritter Beaufort und sein Sohn Friedrich, Schakepeh, Euer Vater, und die Schöffen Taket und Josset. Der Bischof stand oben, ermahnte sie, und berührte sie dann nach der Reihe verschiedenemal mit einer Rute, als Zeichen der geistlichen Strafe. Dann wurden sie in das Gefängnis zurückgeführt, wo sie noch einige Zeit bleiben werden. Das Vermögen der Frau Catharina, sowie des reichen Carrieux, ist ganz an den Herzog, das heißt, an den Grafen Etampes gefallen. Auch Beaufort, Taket und Josset, sowie Euer Vater, müssen den Klöstern, noch mehr aber dem Herzoge, oder dem Grafen zahlen, daß ihnen eben nur soviel bleiben wird, ein dürftiges Leben zu fristen. Die Güter sind eingezogen, die Häuser verkauft. Um einen ziemlich hohen Preis hat der junge Advokat Flamand vom Grafen das Haus Eures Vaters gekauft, und wird sich dort mit einer jungen hübschen Frau einrichten. Es scheint, alle haben gewonnen. Wenn der Graf durch die Straßen reitet, wenden die Bürger die Augen von ihm ab; der Advokat ist dreist und benimmt sich als reicher Mann.
    Da dieses Unheil hat geschehen können, so spreche man nur nicht davon, daß wir besser und klüger geworden sind als unsere Vorfahren. Manche träumen sogar, alle Völker würden nach und nach veredelt, und das ganze Menschenwesen menschlicher.
    Der liebevolle, poetische, sinnreiche Labitte steht in seiner sanften Miene immer noch neben mir. Seine Scherze und Späße sind für ihn zu grimmigen Feinden geworden, und seine Erleuchtung hat ihm zum schmählichen Tode heimgeleuchtet. Er hatte unrecht, die Macht des Satans zu leugnen, denn aus jedem lachenden Wort ist ihm ein Höllengeist erwachsen, der ihn und andere Unschuldige den Henkern übergeben hat.
    Mich wollte der Bischof auch als einen Freund des Labitte greifen lassen, und ich benutzte die letzte Stunde, um hieher zu entfliehen. Er hat sogar verlangt, daß mich die hiesige Kirche ihm ausliefern soll; aber man hat sein Begehren mit Verachtung zurückgewiesen. Hier spricht alle Welt, auch die Geistlichkeit, nur mit Abscheu von jenem unsinnigen Prozeß in Arras. – Der Himmel behüte Euch. –«
    In Arras war die Stadt nach kurzer Zeit mit einer andern großen Erscheinung beschäftigst, denn der Graf von Charolais, der Erbprinz von Burgund, zog wirklich mit einem großen Gefolge ein. Die Klagen wegen des gefangenen Beaufort und der übrigen wies er von sich, weil er den Grafen Etampes, der ihm schon feindlich genug war, nicht kränken wollte, da er fürchten mußte, daß die Aussagen des Denis oder Köstein schon manches gegen diesen und die ihm verbündete Familie Croys aussagen möchten.
    Alle diese Händel, Anklagen und Prozesse, in denen durch die Kleinen die Großen so leicht verwickelt waren, erregten dem alten friedfertigen Herzoge ein Grauen, und er hätte gern alles dieser Art ohne Untersuchung der Vergessenheit übergeben. Diesen Widerwillen benutzten seine Freunde und Günstlinge, um alles, was ihnen und ihren Parteien schaden konnte, dem alten Manne als gleichgültig oder verdächtig vorzustellen, so daß er alles, was er nur konnte, von sich schob, und sich selbst lieber hinterging, und nicht sehn wollte, was sich seinen Blicken aufdrang, als daß er scharf und fest eingeschnitten hätte, weil er nicht wissen konnte, wie tief sein Messer eindringen müsse. So hätte er
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