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Hexensabbat

Hexensabbat

Titel: Hexensabbat
Autoren: Ludwig Tieck
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auch diese Händel und die Anklage gegen Denis, sowie dessen Rechtfertigung, gern unbeachtet gelassen. Aber diese Anklage des verzweifelten Denis, welcher sich auf den Erben des Reiches selber berief, und diesen zum Richter über sich und den jungen Günstling aufforderte, machte es dem Herzoge unmöglich, diese Händel nicht zu beachten. Um so weniger, da der Graf Charolais diese Klage so heftig auffaßte, daß er die Sache ganz wie seine eigne nahm, und kniend seinen Vater bat, diesen Prozeß, der nicht weniger als sein Leben bedrohe, in seine eignen Hände nehmen zu dürfen. Auf diese Bitte des Sohnes und Erben ließ der Vater sogleich Köstein, seinen törichten Günstling, der Wache übergeben, und als einen des Hochverrates Angeklagten nach Arras führen, um seinem Ankläger, Denis, gegenübergestellt zu werden.
    Wieviel der Prinz Carl nun auch erlangt hatte, so wußte er doch, daß, wenn auch Köstein aufgeopfert würde, man die Sache doch wohl so führen könne und werde, daß von demjenigen, was er eigentlich zu wissen begehre, nur wenig zutage kommen möchte. Er vermutete, daß die Richter selbst den Kläger wie Beklagten so führen und lenken würden, daß die vielverschlungene Verwicklung sich in Privathändel und persönlichen Haß und Mord auflösen würde. Der Prinz sah manches deutlich und ahndete noch weit mehr, und doch mußte er sich gestehn, daß er nicht wünschen könne, alles zu erfahren, und das weitverbreitete Netz des Verrates ganz zu fassen und mit allen seinen Fäden in den Händen zu haben. Konnte er als Fürst handeln, so war viel gewonnen. Aber vom Argwohn des Vaters konnte er es nicht erwarten, daß dieser ihn zu seinem Stellvertreter ernennen und sich von den Regierungsgeschäften zurückziehen würde. Hätte der alte Fürst auch selbst aus Überdruß einen solchen Entschluß fassen können, so widersetzten sich alle Räte und alle Verwandte des Herren einem solchen Schritte mit allen Kräften und auf jede Weise, weil die meisten fürchten mußten, daß der junge Prinz damit anfangen würde, ihnen allen Einfluß zu entziehen. Seine rasche, zornige Art, seine unfreundliche Laune hatte zu oft schon seinen Widerwillen gegen die Vertrauten und Günstlinge seines Vaters kund gegeben.
    Denis war früher ein Diener des Ritter Köstein gewesen, von dessen Gnade er lebte. Denis hatte dann Reisen unternommen, und keiner wußte, wohin oder zu welchem Endzweck. Nur so viel hatte man erfahren, daß er in Frankreich und Italien gewesen sei. Seit der Dauphin von Frankreich am Hofe Philipps lebte, hatten sich die meisten Freunde des Herzoges an den Dauphin geschlossen, vielerlei mochte verabredet sein, worauf diejenigen, die gegen den Prinzen Carl waren, mit Sicherheit rechnen konnten, da jetzt dieser eilfte Ludwig zum König von Frankreich gekrönt war.
    Denis hatte sich endlich mit seinem Beschützer Köstein entzweit. Sie stritten um eine Schuld, die der junge Köstein nicht anerkennen wollte. Denis erlaubte sich sonderbare Reden, über welche diejenigen erschraken, die ihn in seiner frühern Abhängigkeit gesehen hatten. Er bedrohte Köstein und gab zu verstehn, dessen Wohlfahrt liege unbedingt in seinen Händen. Köstein, der dies vernahm, verlachte diese Drohungen, und gab sich die Miene, Denis zu verachten. Er brachte aber durch Geschenke einen armen Verwandten des Kanonikus Melchior dahin, daß dieser es über sich nahm, den unnützen Schwätzer Denis aus dem Wege zu räumen. Als Denis dies erfuhr, suchte er sich auch eine Partei zu machen, und nach einigen Tagen fand man den Vetter des Kanonikus ermordet. Seitdem war Denis unsichtbar geworden, weil alle Welt ihn für den Mörder hielt, und die Gerichte einen Preis auf seinen Kopf gesetzt hatten. Man suchte ihn emsig auf, ohne ihn finden zu können. Dem Herzoge hatte man erzählt, dieser Mörder trachte nicht nur nach dem Leben seines Lieblings, des jungen Köstein, sondern nach dem des Fürsten selber. Die Nachsuchungen und das Forschen nach diesem Denis war nun um so heftiger. Er war offenbar von mächtiger Hand beschützt; und da seine Gegner doch endlich seinen Aufenthalt in Arras entdeckten, so suchten sie ihn in einer Nacht meuchlerisch aus dem Wege zu räumen. Er war nicht ohne Hülfe und Begleitung, und jener Strauß erfolgte. Köstein und dessen Freunde hielten ihn für tot, und er war verschollen, bis Melchior ihn durch Zufall bei der alten Gertrud entdeckte. Hätte der Kanonikus die Gesinnung des jungen Köstein mehr gekannt, so
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