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Hexenkessel

Hexenkessel

Titel: Hexenkessel
Autoren: Colin Forbes
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festzustellen, ob sie beobachtet wurden.
    Marler bezweifelte, daß man ihn entdecken konnte. Er lag mit seinem Boot in einer windgeschützten Ecke des Vorhafens, und hinter ihm erhob sich eine Reihe weißgetünchter Wohnhäuser mit grauen Schieferdächern. Zu dieser nächtlichen Stunde brannte in keinem der Häuser mehr Licht.
    Gelegentlich schlüpfte er auch in die Kajüte, deren Vorhänge er fast ganz zugezogen hatte, saß ruhig am Fenster und beobachtete die Venetia durch den kleinen Spalt zwischen den Stoffbahnen hindurch, während er eine King-size rauchte. Nach einiger Zeit kehrte er dann an Deck und zu seiner Angelrute zurück.
    Wie würde ich es anfangen, ungesehen an Bord dieses Schiffes zu gelangen, wenn ich an Molochs Stelle wäre? grübelte er. Der sicherste Weg war wohl, ein großes Boot samt einer Gesellschaft angeheiterter Nachtschwärmer zu mieten; auf diese Weise konnte man sich unauffällig seinem Ziel nähern.
    Marler griff nach seiner Angelrute und richtete sich auf eine längere Wartezeit ein. Die meisten Männer hätten eine solche Nachtwache wahrscheinlich als entsetzlich langweilig empfunden; nicht so Marler, dem seine eigene Gesellschaft genügte. Geduldig saß er da und blickte in die Nacht hinaus.
    Nicht ganz zwei Meilen von Marler entfernt hatte ein anderer Mann weitaus größere Schwierigkeiten damit, seine Ungeduld zu zügeln. Moloch saß noch immer in dem alten Escort und ließ den Motor laufen, um die Temperatur im Wageninneren auf einem erträglichen Maß zu halten. Er verspürte das dringende Bedürfnis, auszusteigen und zur Rampe hinunterzugehen, zwang sich aber, zu bleiben, wo er war.
    Was ihn am meisten in Rage versetzte war die Zeit, die die Männer an Bord des Beibootes brauchten, um den Motor in Gang zu bringen. Wenn Brand die Aktion geleitet hätte, dachte er, wäre der Motor auf Anhieb angesprungen - weil Brand ihn nämlich vorher kontrolliert und wahrscheinlich für eben diesen Notfall noch ein zweites Boot in Reserve gehabt hätte.
    »Da bin ich nun der reichste Mann der Welt«, sagte er halblaut zu sich selbst, »und muß trotzdem in dieser alten Karre in der Kälte sitzen und kann absolut nichts tun, um die Sache zu beschleunigen.«
    Er wünschte, er hätte wenigstens Heather Langs Picknickkorb mitgenommen, aber in seiner Eile, Mullion Towers zu verlassen, hatte er nicht mehr daran gedacht. Nun begann ihm der Magen zu knurren, als er sich an Mrs. Drayton erinnerte, die in der Küche Schinkensandwiches zubereitet hatte, während der Arzt Heather untersuchte. Außerdem bekam er allmählich Durst - und in diesem Auto gab es noch nicht einmal einen Schluck zu trinken.
    Sich selbst zur Ruhe mahnend, strich er mit der Hand über den Aktenkoffer, der auf seinem Schoß ruhte. Der Inhalt übertraf an Wert die englischen Kronjuwelen um ein Vielfaches. Dennoch mußte er darauf warten, daß sich das Boot endlich in Bewegung setzte. Noch nie war ihm eine Nacht so endlos lang vorgekommen wie diese.
    Ich werde den für diesen Schlamassel verantwortlichen Mann fristlos feuern, dachte er böse. Ohne einen Pfennig Geld in der Tasche setze ich ihn in Neapel oder sonstwo an Land.
    Einige Zeit zuvor hatte er das Radio eingeschaltet, doch aus Furcht, sich durch die leise Musik zu verraten, hatte er es dann widerwillig wieder abgestellt. Nun hörte er nur noch das leise Plätschern des Wassers, das um den Fuß der Rampe spielte. Das Geräusch trug nicht gerade dazu bei, seine Ungeduld zu mindern.
     
    »Kein Anzeichen dafür, daß Moloch an Bord kommt«, sagte Newman zu Tweed. »Es sei denn, er befindet sich bereits auf dem Schiff. Er kann ja an Bord gegangen sein, während wir auf dem Weg vom Hotel hierher waren.«
    »Das halte ich für ausgeschlossen«, widersprach Tweed. »Wenn dem so wäre, hätte das Schiff inzwischen die Anker gelichtet.«
    Paula lief unterdessen am Rand des Hafenbeckens auf und ab und stampfte immer wieder kräftig mit den Füßen auf, um die Blutzirkulation in Gang zu halten. Die behandschuhten Hände hatte sie in die Taschen ihres Pelzmantels geschoben. Der Hafen lag verlassen da, und seit ihrer Ankunft hatten sie auf der hinter ihnen verlaufenden Straße auch kein einziges Auto mehr gesehen.
    Newman, das Fernglas um den Hals gehängt, begann die Hände gegeneinander zu schlagen. Die Luft war kälter, als er erwartet hatte, was er der Tatsache zuschrieb, daß sie so nah am Wasser standen.
    Außerdem, dachte er, haben wir uns lange genug in Kalifornien aufgehalten, um
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