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Hexenkessel

Hexenkessel

Titel: Hexenkessel
Autoren: Colin Forbes
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an die Hitze gewöhnt zu sein.
    Nur Tweed schien die Warterei in der Kälte völlig unbeteiligt zu lassen. Wie er in seinem Regenmantel unbeweglich dastand, glich er einem weisen Buddha, der über die Vergänglichkeit des Seins nachsinnt. Die Situation erinnerte ihn an jene Tage, als er im feindlichen Gebiet eines fremden Landes zu nächtlicher Stunde unbeirrt darauf gewartet hatte, daß eine bestimmte Person in einem Hauseingang auftauchte.
    »Früher oder später muß etwas geschehen«, sagte er, als Paula auf ihn zukam. »Und wenn es soweit ist, dann wird hier die Hölle losbrechen.«
    »Das wäre zumindest eine kleine Abwechslung«, bemerkte Paula trocken.
    »Warten Sie nur ab«, warnte Tweed. »Es könnte bald sogar für Ihren Geschmack zu hoch hergehen …«

50.
    Moloch traute seinen Augen kaum. Das Beiboot kam tatsächlich mit fröhlich tuckerndem Motor direkt auf ihn zu. Er ließ die Scheinwerfer ein letztes Mal aufleuchten, ehe er den Motor abstellte und aus dem Auto stieg. Oben an der Rampe blieb er stehen und blickte sich mißtrauisch um. Keine Menschenseele in Sicht. Er zog die Mütze tiefer über seine hohe Stirn und marschierte, den Aktenkoffer in der rechten Hand und mit der Handschelle am Gelenk befestigt, hinunter zum Wasser.
    Das Boot verlangsamte seine Fahrt und kam so nah an der Rampe zum Stillstand, daß Moloch bequem einsteigen konnte. Ohne auf die ihm entgegengestreckte helfende Hand zu achten sprang er an Deck und ließ sich auf einem Sitz im hinteren Teil des Bootes nieder, ehe er unter der Schirmmütze hervor seine Umgebung musterte. Außer ihm waren nur zwei Männer an Bord.
    »Morton, geht dieses Fiasko auf Ihre Kappe?«
    »Ja, Sir, aber ich würde es nicht unbedingt als Fiasko bezeichnen. Ich hatte nur ein kleines Problem mit dem Motor.«
    Demnach würde es Morton sein, der sich in nicht allzu ferner Zukunft ohne einen Pfennig Geld in der Tasche in Neapel wiederfinden würde. Da konnte er dann lernen, was es hieß, sich allein auf sich gestellt in einer fremden Stadt mit rauhen Sitten durchschlagen zu müssen.
    »Warum sind nur zwei Mann Besatzung in diesem Boot?« fragte Moloch barsch.
    »Der Befehl lautete, streng darauf zu achten, keinen Verdacht zu erregen, Sir.«
    »Kann denn Ihr Kollege dort überhaupt mit dem Boot umgehen?«
    Sie näherten sich bereits dem Hafenausgang und dem offenen Meer. Das Boot glitt zwar nur langsam über das Wasser, aber dagegen hatte Moloch nicht das geringste einzuwenden. Wären sie mit Höchstgeschwindigkeit auf die Venetia zugebraust, hätten sie nur die Aufmerksamkeit anderer auf sich gelenkt.
    »Nein, das kann er nicht«, erwiderte Morton, das Boot an dem großen Reparaturdock vorbeisteuernd. »Sein Name ist Gunner. Wir rufen ihn so, weil er eine der Spezialwaffen bedient, die wir unter den Planen verborgen haben.«
    »Ich verstehe.«
    Moloch verstand in der Tat. Was für eine Idiotie, daß Gunner zum Steuern des Beibootes nicht zu gebrauchen gewesen wäre, hätte sein Kumpan einen Unfall gehabt. Eine perfekte Organisation! Wieder einmal stellte er fest, daß er Joel Brand in so mancher Hinsicht vermißte. Er kauerte sich auf seinem Sitz zusammen und sah sich nach allen Seiten um. Hatte wirklich niemand ihren Aufbruch beobachtet? Eine bedrohliche Stille schien über dem Hafen zu liegen. Sogar auf dem großen Frachter, der dort vor Anker lag, rührte sich nichts. Die ganze Szenerie erinnerte Moloch an ein Postkartenbild. Nur die blinkenden Lichter verrieten, daß sie sich in einem realen Hafen befanden.
    »Hat der Kapitän das Schiff zum Auslaufen bereitgemacht?« fragte er.
    »Schon vor mehreren Stunden. Sobald Sie an Bord sind, kann es losgehen. Ich kenne noch nicht einmal unseren Zielhafen.«
    »Dann hat der Kapitän seinen Mund gehalten. Gab es irgendwelche Hinweise darauf, daß die Venetia unter Beobachtung gestellt wurde?«
    »Nichts dergleichen, Sir. Um diese Zeit liegen die meisten Leute schon in ihren warmen Betten - und um ganz ehrlich zu sein, dort wäre ich jetzt auch lieber.«
    Moloch unterdrückte die Bemerkung, die ihm schon auf der Zunge lag. Er brauchte diesen Kretin, um sicher an Bord zu gelangen. Inzwischen hatten sie die Hafeneinfahrt hinter sich gelassen, und die Venetia kam in Sicht. Sie schien weiter vom Hafen entfernt zu ankern, als Moloch es in Erinnerung hatte, was sich durchaus als Vorteil erweisen konnte - um so schneller gelangte das Schiff auf die offene See hinaus.
    Er beobachtete, wie die riesige Jacht näher und näher
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