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Hexengericht

Hexengericht

Titel: Hexengericht
Autoren: Stefan Fandrey
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miteinander. Didier half Pierre in der Schmiede und stellte auch so manchen Schabernack an. Die beiden lachten oft und viel miteinander. Hier und da nahm Pierre den kleinen Didier auf den Schoß und berichtete ihm von seinen Abenteuern aus längst vergangenen Tagen. Jedes Mal saß der Knabe mit offenem Mund da und lauschte still.
    Drei Jahre später wurde Didier krank. Er starb an einem warmen Frühlingstag. Die Vögel sangen, die Welt herum war bunt und voller Blumenduft. Und Pierre war wieder allein.
    Dann, eines Tages, es schneite und die weiße Pracht verdeckte die roten Schindeln, spürte Pierre, dass seine Zeit gekommen war. Schon lang hatte sein Haar die Farbe des Schnees vor dem Haus. Hatte er richtig gerechnet, währte sein Leben nun siebenundachtzig Jahre? Ein wahrlich biblisches Alter. Keiner im Dorf, so viel wusste er, war je so alt geworden. Nun wich das Leben aus ihm wie Wasser aus einem durchlöcherten Eimer. Er räumte die Schmiede auf, putzte Amboss, Hämmer und Zangen, fegte den Boden und die Wände. Anschließend ging er gemächlich ins Haus und verfuhr mit allen Räumen wie mit der Schmiede. Als alles blitzblank war, kochte er die Suppe vom Vortag auf. Er aß wenig und mit geringem Appetit.
    Der Abend brach an. Pierre blies die Kerze aus und legte sich ins Bett. Von hier aus konnte er weit hinaussehen. Seine Gedanken kreisten um all die Abenteuer, die er bestanden, und um all die Freunde, die er gefunden hatte. Um Raphael und Jeanne und um Amicus, den tapfersten aller Männer.
    Der Schneefall setzte aus, die Wolken zogen weiter und gaben den glitzernden Vollmond frei. Luna, dachte er, ich werde dich auf ewig lieben. »Luna«, flüsterte er, »Luna.« Als er die Augen zum letzten Male schloss, glaubte er gar, ihre Stimme zu hören.

Über den Autor
    Stefan Fandrey, geboren 1970 in Hamburg, studierte nach seinem Abitur einige Semester Volkswirtschaft, bevor er sich einem Germanistik- und Politikstudium zuwandte. Schon als Kind schrieb er seine ersten Geschichten auf. Mit der Zeit kam dann das Interesse an der Recherche hinzu – und seine Vorliebe für historische Schauplätze. »Hexengericht« ist sein erster Roman. Der junge Autor lebt mit seiner Freundin in Hamburg.
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