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Hexengericht

Hexengericht

Titel: Hexengericht
Autoren: Stefan Fandrey
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fragte Raphael.
    »Ich … ich sehe sie nicht. Es ist so hell. Selbst Henri und Cumanus erscheinen wie dunkle Schemen vor der gleißenden Sonne.«
    »Gut«, sagte Raphael. »Weiter!«
    Luna führte sie in einen Teil, wo Sprüche und Formeln, Gebete und Beschwörungen in allen Sprachen in Stein gehauen waren. Raphael sah griechische, hebräische und arabische Zeichen, aramäische und lateinische Worte, akkadische neben phönizischen Symbolen. Dazwischen Sprüche in der seltsamen Sprache, die sie schon oben auf der Burg gehört hatten. Vor den Wänden ragten übergroße Statuen von Asmodi und anderen Dämonen auf.
    »Wir sind in ihrer Nähe«, sagte Luna. Sie betastete die Wände.
    Pierre schaute um sich. »Wo sollen sie sein? Es gibt hier keinen anderen Weg herein oder hinaus als den, der hinter uns liegt.«
    Luna legte ihre Wange an eine Wand. »Sie sind hier«, flüsterte sie.
    Raphael zeigte auf die Wand. »Dahinter?«
    »Ja.«
    »Eine geheime Tür«, sagte d’Aubrac und schob Luna beiseite. »Damit sind wir schon einmal fertig geworden. Roger, die Axt.« Roger gab d’Aubrac seine schwere Streitaxt und trat einige Schritte zurück. D’Aubrac holte weit aus, schlug mit seiner ganzen Kraft zu … und prallte scheppernd zurück. D’Aubrac warf die Axt weg, stieß ein gequältes »Verflucht!«, aus und nahm den Helm ab. »Gönnt mir einen Augenblick Ruhe«, ächzte er und lehnte sich gegen eine Statue.
    »So kommen wir nicht weiter«, sagte Raphael. »Wir können diese Wände offenbar nicht durchbrechen. Wir stehen also vor einem neuen Rätsel.« Er ging zu der Stelle, in die d’Aubrac geschlagen hatte, und klopfte mit den Fingerknöcheln darauf. Er probierte es noch an einigen anderen Punkten, stellte dann aber fest. »Die Wand ist massiv.«
    »Merkwürdig«, sagte Jeanne. Sie stand in der Mitte der Höhle und betrachtete die Wände.
    »Was meint Ihr, Madame?«, fragte Raphael.
    »Die Wand«, sagte sie und zeigte darauf. »Fällt Euch denn gar nichts auf?«
    Und jetzt erkannte Raphael, worauf Jeanne hinauswollte. Die Wand, hinter der sich laut Luna die Gesuchten verbargen, war glatt und trug kein einziges Schriftzeichen.
    »Teufel auch!«, brummte d’Aubrac. Er ging in die Ecke, drückte gegen den Fels, und siehe da: Er konnte die Wand ohne große Anstrengung verschieben. Über eine Mittelachse drehte sie sich in die Höhle. Es knirschte wie das Mahlen von Mühlrädern aufeinander. Sonnenlicht und ein frischer Luftstrom drangen durch den Spalt. D’Aubrac schob weiter, und endlich war die Öffnung breit genug, um ihnen Einlass in das Versteck zu gewähren.
    Raphael brauchte einen Moment, um sich an die plötzliche Helligkeit zu gewöhnen, als er durch den Spalt schlüpfte. Er hob eine Hand schützend vor die Augen. Und dann sah er sie. Henri und Cumanus standen am Rande eines Plateaus, das am Ende der verborgenen Höhle ein Stück weit aus dem Berg ragte.
    Seine Freunde folgten ihm auf dem Fuße. Schweigend traten sie neben Raphael und blickten den Dominikanern furchtlos entgegen. Gleich darauf zwängten sich die Ritter durch die schmale Öffnung. D’Aubrac schien zu spüren, dass dies ein besonderer Moment für die Freunde war. Er bedeutete seinen Gefolgsleuten, Abstand zu wahren.
    Dann löste Cumanus sich von seinem Meister, zog ein langes Schwert unter seinem Habit hervor und hielt es mit beiden Händen vor sich. So ging er auf Raphael, Luna, Jeanne und Pierre zu.
    D’Aubrac gab zwei seiner Männer ein Zeichen, woraufhin diese dem Dominikaner entgegenschritten. Der eine mit einem Breitschwert, der andere mit einer Streitaxt bewaffnet.
    Dann trafen die Kontrahenten aufeinander. Kurz vor dem Angriff klappten die Ritter ihre Visiere herunter. Cumanus blieb stehen, die Männer spöttisch belächelnd. Mit einem wilden Schrei stürzte sich der Ritter mit dem Schwert auf Cumanus. Der wich geschickt aus wie eine Katze, vollführte eine schnelle Drehung und hieb sein Schwert auf den verbeulten Helm seines Gegners. Der Ritter taumelte benommen davon. Nun griff sein Gefährte in den Kampf ein. Er schwang die Axt über seinem Kopf schnell und immer schneller. Wie ein Blitz ließ er sie auf Cumanus niederfahren. Doch wieder war dieser schneller. Er sprang zur Seite, rollte sich ab, und der riesenhafte Mann prallte mit Wucht gegen die Höhlenwand.
    »Er spielt nur mit ihnen«, raunte Raphael Jeanne zu. »Die Männer hatten von Anfang an keine Chance.«
    Cumanus selbst bestätigte die Worte Raphaels. Die Ritter stürmten
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