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Heute Nacht brauche ich Liebe

Heute Nacht brauche ich Liebe

Titel: Heute Nacht brauche ich Liebe
Autoren: Donna Carlisle
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machte ihr schlagartig bewusst, warum sie Adinorack mit so zwiespältigen Gefühlen verließ.
    Es war Reds Tasse. Ein Stück des Randes war abgebrochen. Bei irgendeinem nichtigen Streit, an den sie sich nicht einmal erinnern konnte, hatte sie damit nach ihm geworfen. Sechs Monate war Red nun schon fort, und sie benutzte seine Tasse immer noch täglich.
    Er wusste, dass sie heute Adinorack für immer verließ; er musste es wissen. Und er hatte noch nicht einmal angerufen, um sich von ihr zu verabschieden.
    Joan zwang sich, die Schatten der Vergangenheit zu verdrängen. Sie nahm hinter ihrem Schreibtisch Platz und sah die Post durch. Es war nichts dabei, das ihre besondere Aufmerksamkeit erweckte. Ihr Vater bat in einem kurzen Schreiben darum, ihm ihre Ankunftszeit in Washington mitzuteilen, damit er jemanden an den Flughafen schicken könne, um sie. abzuholen. Ohne große Gefühlsregung nahm sie das zur Kenntnis. Der General war ein viel beschäftigter Mann, von dem man nicht erwarten durfte, einen Termin zu verschieben und zum Flughafen zu fahren, nicht einmal um die eigene Tochter abzuholen, die er zwei Jahre lang nicht gesehen hatte.
    Außer ein paar Briefen, die Sadie irgendwann einmal beantworten würde, warf Joan alle in den Papierkorb. Den ihres Vaters steckte sie in die Handtasche. Nachdenklich trank sie ihren Kaffee und blickte sich mit aufgestützten Ellbogen in ihrem Büro um. Es gab nichts, was sie hier hielt.
    Warum konnte sie sich dann nicht leichten Herzens lösen?
    Der Raum sah noch genauso aus wie vor zwei Jahren, als sie ihn zum ersten Mal betreten hatte: eine billige Wandverkleidung aus Sperrholz, zwei stählerne Aktenschränke, ein Zeichenbrett, ein schwarzes Ledersofa, auf dem sie viele unbequeme Nächte verbracht hatte, wenn das Wetter zu schlecht war, um die eineinhalb Häuserblocks zu ihrem Apartment zu gehen. Aber sie hatte auch andere, schöne Nächte auf diesem Sofa verbracht; Nächte, in denen sie nicht allein war.
    Rasch lenkte sie ihren Blick zum Fenster, ehe die Erinnerungen sie überwältigten. Wie immer war die Jalousie heruntergelassen, um ihr den Anblick der kalten, gefrorenen Einöde zu ersparen. Joan stand auf und ließ sie gedankenverloren etwas hochschnappen. Die Aussicht war genauso demoralisierend wie immer: gefrorene Reifenspuren im Schnee, Flecken blanker Erde, wo der Wind den Schnee weggeweht hatte, die Umrisse eines niedrigen grauen Gebäudes auf der anderen Straßenseite, daneben der alte baufällige Wasserturm, der schon vor Jahren hätte abgerissen werden sollen. Über alles senkte sich die Dämmerung, obwohl jetzt im März die Tage eigentlich länger sein sollten.
    „Land der Mitternachtssonne”, murmelte sie vor sich hin und: ließ die Jalousie wieder herunter. Sie konnte an den Fingern einer Hand abzählen, wie oft sie während ihres Aufenthaltes hier in Adinorack die Sonne gesehen hatte.
    Obwohl Joan nur kurz hinausgeblickt hatte, waren ihr die dunklen Wolken nicht entgangen, die sich im Osten zusammenbrauten und einen Schneesturm ankündigten. Da es keinen Grund gab, ihre Abreise noch länger hinauszuschieben, war es das Beste, auf der Stelle loszufliegen. Gewiss würde jeder Buschpilot, der sich in diesem Gebiet einen Namen gemacht hatte, seinen Weg durch einen Schneesturm finden. Doch bis Juneau waren es immerhin vier Stunden, und Joan wollte den Flug nicht unnötig dadurch erschweren, dass sie ihre Zeit hier vertrödelte. Red würde sowieso nicht mehr anrufen
    Joan ging in den Aufenthaltsraum, um sich ihren Becher noch einmal mit Kaffee zu füllen. Als sie die Tür zum Funkraum öffnete, bemerkte sie nicht die seltsamen Blicke, die die Männer vor dem Fernseher ihr nachschickten.
    „Ich bin Joan Forrest", stellte sie sich vor, noch während sie die Tür hinter sich schloss, „und wenn Sie schon aufgetankt haben, können wir sofort starten. Es sieht aus, als würden wir Schnee bekommen und ich möchte weg sein, bevor die ersten Flocken fallen.”
    In dem kleinen, kabinenförmigen Raum, der als Kommunikations- und Wetterstation diente, befanden sich zwei Männer. Joe saß wie üblich auf seinem Platz vor dem Funkgerät, die Kopfhörer um den Hals gehängt und unterhielt sich mit dem Piloten, der auf der Schreibtischkante Platz genommen hatte. Sein Lachen erstarb, als Joan eintrat und der Pilot sich langsam umdrehte.
    „Du!” stieß Joan, tonlos hervor, als sie Auge in Auge Red Worthington gegenüberstand. „Das hätte ich mir denken können."
    Bei etwas mehr
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