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Hetzer & Kruse 03 - Schattengift

Hetzer & Kruse 03 - Schattengift

Titel: Hetzer & Kruse 03 - Schattengift
Autoren: Nané Lénard
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noch nicht gedacht. Sicher traute er ihr das zu und wahrscheinlich hatte sie Marie genau jetzt freigelassen, weil sie sich hatte umbringen wollen. Vielleicht eine Läuterung im letzten Moment. Vielleicht hatte sie nicht noch den Tod ihrer Kollegin auf ihre Seele laden wollen.
    Das Bild dieser Frau, die ihn jahrelang begleitet hatte, verdüsterte sich immer mehr. Er war fassungslos. Aber den Kommissaren hatte er dies nicht sagen können. Sie war tot. Es genügte, dass er an der Erkenntnis trug, es musste nicht öffentlich bekannt werden.
    Wie in Trance behandelte er die letzten Patienten und fuhr nach Hause. In der Praxis hatte er nur ganz kurz die Tatsachen bekannt gegeben.
    Frau Tatge sei verstorben, erkärte er seinen Mitarbeiterinnen und konnte kein großes Bedauern in deren Gesichtern feststellen, nur Erleichterung, die er darauf schob, dass sie erleichtert waren, dass wenigstens Frau Schulze lebend gefunden worden war.
    Nachdem Wolf seinen Kollegen Peter nach Hause gefahren und sich entschuldigt hatte, dass er heute nicht für ihn kochen könne, wendete er und setzte seinen Weg in Richtung Minden fort.
    Eine leise Unruhe war über Tag gewachsen und machte sich jetzt breit, als er allein war. In der Einsamkeit wuchsen die Schatten schneller.
    Was, wenn das Ergebnis der Biopsie nicht gut ausfiel? Wie würden sie damit umgehen? Welche weiteren Schritte wären notwendig und wie wäre das Damoklesschwert der Diagnose Krebs zu ertragen, das dann über allem schweben würde?
    Fragen, auf die er keine Antwort hatte und selbst, wenn er eine gehabt hätte, wäre es nicht ihre gemeinsame gewesen und nur auf die kam es an.
    Er wischte die Gedanken fort und sah in den Abendhimmel, der schon eine rötliche Färbung annahm. Man spürte, dass die Tage kürzer wurden. Ein Gedicht von Rainer Maria Rilke fiel im ein. „Herbsttag“ hieß es.
    Wolf war froh.
    Er hatte sein Haus gebaut und war nicht mehr allein.

    Es fühlte sich gut an, dass sie einander als das erkannt hatten, was sie waren. Freunde, die sich liebten. Dass sie es zugelassen hatten, trotz oder gerade wegen der Angst. Mit einem Mal fiel ihm ein, dass er die Blumen vergessen hatte. Nur die Zeilen hatte er dabei, die er geschrieben hatte, als Moni gestern auf seinem Sofa eingeschlafen war.
    Begleiten
    will ich dich,
    nur sanft begleiten
    in eine dunkle Stunde,
    wo du
    mein Licht
    auf deinen Ängsten fühlst,
    wie einen Hauch,
    der dich umweht
    und leise dir von
    guten Mächten flüstert,
    bis mit ihm
    jede Furcht
    vergeht.
    Auf dem Weg vom Parkplatz zum Eingang des Klinikums pflückte er ein paar Blüten.
    Der Schreck fuhr ihm in die Glieder, als er ihr leeres Krankenzimmer betrat. Doch als er sich auf die Suche nach der Schwester machen wollte, wurde ihr Bett in den Raum geschoben.
    „Du siehst ja aus wie das blühende Leben!“, freute er sich.
    „Ich wusste gar nicht, dass du so schamlos lügen kannst“, flachste sie zurück und er war beruhigt. Das war ein gutes Zeichen.
    333

    „Apropos blühen… Leider habe ich dir nur einen ganz kleinen Strauß geklauter Blüten mitgebracht und einen Zettel. Den darfst du aber erst lesen, wenn ich wieder weg bin“, sagte er.
    Sie nickte, als er ihre Hand nahm, mit dem Stuhl näher rückte und seinen Kopf neben sie legte. Dann schwiegen sie. Ihm war wohl dabei. Er fand, dass sie das genauso gut konnten wie Kruse und er.
    Erst als sie eingeschlafen war, schlich er sich aus dem Zimmer. Morgen würde er sie nach Hause holen können, wenn alles gut ging.
    Ein toller Vorwand war das, den er sich da ausgedacht hatte, fand Peter, als er Annas Nummer in sein Telefon eintippte.
    „Ebeling.“
    „Hallo, hier Kruse, der lange Lulatsch von Kommissar, Sie wissen schon. Ich wollte nur mal fragen, ob alles klappt mit Aisha.“
    „Oh, danke. Ja, wir kommen ganz gut klar, wir zwei.
    Gleich wollen wir noch eine große Runde drehen. Wissen Sie, wie es Marie geht?“
    „Sie liegt im künstlichen Koma. Man kann noch nichts sagen.“
    „Verstehe“, antwortete Anna besorgt. „Kann man sie denn besuchen?“
    „Das weiß ich nicht“, sagte Peter Kruse. „Wir könnten ja mal nachfragen. Ich habe eine Idee. Wie wäre es, wenn man den Spaziergang mit einem Krankenbesuch verbindet? Im Harrl gibt es herrliche Wege, und er liegt direkt am Krankenhaus. Wir könnten mit Aisha gehen und sie hinterher im Wagen lassen. Dann müssen Sie nicht so allein durch die Dämmerung wandern.“ 334

    Anna schmunzelte insgeheim.
    „Ein Hundespaziergang unter
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