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Herzschlag der Nacht

Herzschlag der Nacht

Titel: Herzschlag der Nacht
Autoren: Lisa Kleypas
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bekommen.«
    »Die ich nicht will.«
    »Was es umso schlimmer macht. Ich wurde nach Hause geschickt, während Sie zum gefeierten Helden wurden und sich alles nahmen, was mein hätte sein sollen. An Ihren Namen wird man sich erinnern, und es kümmert Sie nicht einmal. Wäre ich auf jenem Schlachtfeld gestorben, das wäre wenigstens etwas gewesen. Aber Sie brachten mich weg. Und dafür ließen Sie Ihren engsten Freund im Stich. Einen Freund, der Ihnen vertraute. Sie überließen Leutnant Bennett einem einsamen Tod.« Er beobachtete Christopher aufmerksam, als lauerte er auf eine Reaktion.
    »Wäre ich erneut vor die Wahl gestellt, ich würde es wieder so machen«, sagte Christopher matt.
    Fenwick sah ihn ungläubig an.
    »Glauben Sie, ich habe Sie vom Schlachtfeld geschleppt, weil es Ihnen oder mir von Nutzen war?«, fragte Christopher. »Denken Sie, dass ich einen feuchten Kehricht auf Sie oder auf verfluchte Medaillen gab?«
    »Warum haben Sie es dann getan?«
    »Weil Mark Bennett starb«, antwortete Christopher. »Und in Ihnen war noch genug Leben, das sich zu retten lohnte. Inmitten all des Sterbens musste etwas überleben, und wenn Sie es waren, war es eben so.«
    Für eine Weile schwiegen beide, während Fenwick zu begreifen versuchte, was Christopher ihm gesagt hatte. Und er betrachtete ihn mit einem Blick, bei dem sich die kleinen Härchen in Christophers Nacken aufstellten. »Bennetts Verletzungen waren nicht so schlimm, wie sie ausgesehen haben«, erklärte er. »Nicht tödlich.«
    Christopher starrte ihn verständnislos an, schüttelte sich ein wenig und konzentrierte sich wieder auf Fenwick, der weiterredete.
    »… zwei russische Husaren fanden Bennett und nahmen ihn gefangen. Er wurde von einem ihrer Ärzte versorgt und in ein Lager weit im Inland gebracht. Dort durchlitt er Elend, hatte weder richtige Unterkunft noch Nahrung, und später musste er für sie arbeiten. Nach einigen missglückten Fluchtversuchen konnte Leutnant Bennett sich endlich befreien. Er schaffte es, befreundetes Gebiet zu erreichen, und wurde vor ungefähr zwei Wochen zurück nach London verschifft.«
    Christopher wagte nicht, seinen Ohren zu trauen. Konnte es wahr sein? Ruhig bleiben, ermahnte er sich im Geiste und spannte sämtliche Muskeln an, weil sich ein Tremor ankündigte. Wenn er jetzt zu zittern anfing, würde er nicht wieder aufhören.
    »Warum wurde Bennett nicht beim Gefangenaustausch am Kriegsende übergeben?«, hörte er sich fragen.
    »Anscheinend haben sie für seinen Austausch Geld, Proviant und Waffen gefordert. Ich vermute, dass Bennett im Verhör gestanden hatte, der Erbe des Bennnett’schen Reedereivermögens zu sein. Jedenfalls waren die Verhandlungen schwierig, und man hielt die Angelegenheit unter Verschluss. Einzig die höchsten Ebenen im Kriegsministerium wussten Bescheid.«
    »Diese verfluchten Mistkerle«, raunte Christopher zornig. »Ich hätte ihn gerettet, hätte ich …«
    »Gewiss hätten Sie«, bemerkte Fenwick trocken. »Doch so unglaublich es auch anmuten mag, wurde die Angelegenheit ohne Ihre heroischen Bemühungen geregelt.«
    »Wo ist Bennett jetzt? In welcher Verfassung ist er?«
    »Deshalb bin ich zu Ihnen gekommen. Um Sie zu warnen. Und danach stehe ich nicht länger in Ihrer Schuld, haben Sie mich verstanden?«
    Christopher sprang auf, die Fäuste geballt. »Mich wovor zu warnen?«
    »Leutnant Bennett ist nicht bei Sinnen. Der Arzt, der ihn auf der Schiffsreise nach England begleitete, empfahl eine dauerhafte Unterbringung in einer Irrenanstalt. Deshalb wurde Bennetts Rückkehr nicht öffentlich gemacht. Seine Familie wünscht, dass nichts darüber bekannt wird. Bennett wurde zu ihnen nach Buckinghamshire gebracht, von wo aus er ohne ein Wort zu irgendjemandem verschwand. Sein gegenwärtiger Aufenthaltsort ist unbekannt. Der Grund, weshalb ich Sie warne, ist der, dass Bennett seinen Verwandten zufolge Sie für seine Torturen verantwortlich macht. Sie glauben, dass er Sie töten will.« Ein frostiges Lächeln trat auf seine Züge, so dünn wie ein Riss in tiefem Eis. »Welche Ironie, dass Sie eine Medaille für die Rettung eines Mannes bekommen sollen, der Sie verachtet, und wahrscheinlich von dem einen Mann ermordet werden, den Sie hätten retten sollen. Sie tun gut daran, ihn zu finden, Phelan, bevor er Sie findet.«
    Christopher stürmte aus dem Zimmer und den kleinen Korridor entlang. Konnte es wahr sein? Handelte es sich um ein obszönes Intrigenspiel Fenwicks, oder war Mark Bennett
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