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Der schwarze Engel

Der schwarze Engel

Titel: Der schwarze Engel
Autoren: Bina Sparks
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    Dunkle, unfreundliche Wolken
verliehen dem dumpfen Grau des Himmels eine drückende Trostlosigkeit, die Luft
war schwer von Feuchtigkeit, die Erde ein einziger Matsch. Ein ganz normaler
Tag in Sleepy City. Die Wolkenkratzer ragten aus der Betonwelt empor und die
Luft wirkte so verstaubt, als blickte man durch eine schmutzige Glasscheibe,
die seit Ewigkeiten nicht mehr gereinigt worden war. Auf der großen Brücke
brausten hektische Autofahrer über den Great Lake - ein Ausschnitt aus einer
lebendigen Großstadt, die kein Auge für Details hatte.
    Schlendernde Schritte quatschten
auf aufgeweichtem Wiesenuntergrund entlang des Great Lake. Ein weißer
Stöckelschuh, der von Matsch und nasser Erde verunstaltet war, bohrte seine
spitze Sohle erbarmungslos in die Erde unter sich. Sichere Schritte wurden
fortgesetzt von einer Frau, die einen entspannenden Spaziergang an den
dreckigen Ufern des reißenden Flusses zu machen schien, obwohl es dort nicht
einmal einen Weg gab.
     
    Klingelnde Telefone hallten durch
sämtliche Zimmer, gestresste Agenten rannten zwischen den dicht aneinander
gereihten Schreibtischen umher, auf denen jede Menge Donuts und überqualmende
Aschenbecher verstreut waren. Riesige Berge von Papierarbeit türmten sich ins
Unermessliche; Bleistifte, abgelegte Pistolen und Radiergummi, wohin das Auge
reichte. Ein ganz normaler Arbeitstag für die vielen Agenten, die hier
beschäftigt, und mit der Aufgabe, irgendwelche Übeltäter, Einbrecher,
Bankräuber, Mörder zu überführen, vollkommen überlastet waren. Selbst die Wände
waren zugekleistert mit Zeitungsausschnitten, markierten Landkarten und Fotos
von Tätern und Opfern.
    Irgendwo in diesem Chaos befand
sich der Schreibtisch von Sharon Ang. Sie saß angestrengt an der Tastatur ihres
Computers und tippte wie wild mit einem konzentrierten Blick auf den Bildschirm
gerichtet. Ihre braunen Locken hingen ihr strähnenweise ins Gesicht. Schnelle
Finger mit goldenem Nagellack huschten über das Keyboard. Ein kleiner,
silberner Ring mit einer Musterung aus dem europäischen Osten glänzte an ihrem
rechten Ringfinger. Der Kaffee vor ihr war vor Stunden kalt geworden.
    Das Telefon unterbrach Sharon bei
ihrer Arbeit. Sie hob ab: „Hallo?“
    Aufmerksam lauschte sie dem
Sprecher am anderen Ende. Ein entschlossener Ausdruck bildete sich in ihrem
Gesicht, als sie den Hörer zurück auf die Gabel legte, sich augenblicklich
erhob, nach ihrem dunkelbraunen Herbstmantel griff und eilig ihren Platz
verließ.
    Schon wieder ein Mord! Eine
Wasserleiche im Great Lake! Diese Tatsache alleine war es nicht, was die
Agentin vom Stuhl gerissen hatte - es gab immer wieder Selbstmörder oder
Ermordete, die in einem Fluss endeten. Das wahrlich Unerfreuliche an dieser
Angelegenheit war eine kleine Entdeckung am Rande. Das Opfer trug eine Kette.
Eine ganz bestimmte Kette. Dieselbe Kette, die ein anderes Mordopfer vergangene
Woche getragen hatte. Es gab erste Anzeichen, die auf einen Killer deuteten,
der mehr vorhatte. Das, was Sharon jetzt am wenigstens gebrauchen konnte, war
ein Serienmörder, der jede Menge Überstunden und durchwachte Nächte mit sich
brachte. Zum ersten Mal seit drei Jahren hatte sie in den Urlaub fahren wollen;
nach Costa Rica. Ein richtig schöner Urlaub, mit Palmen, Strand, Sonne, Wärme
und jeder Menge Cocktails an einer Strandbar, die üppig mit Kokosnüssen
dekoriert war. Sie hatte endlich einmal abspannen und ihrem Job für eine kurze
Zeit ganz den Rücken zukehren wollen. Doch nun gab es wenig Hoffnung für ihren
lang ersehnten Urlaub. Und es gab keine Möglichkeit, den Fall jemand anderem zu
übertragen. All ihre Kollegen waren mit Fällen geradezu zugeschüttet! Diese
Sache würde an ihr hängen bleiben.
    Sharon knallte die Autotür des
Polizeiwagens zu und machte sich auf den Weg hinunter zum Ufer. Warum musste
sich dieser Killer ausgerechnet jetzt dazu entschließen, ihr den Urlaub zu
vermiesen?
    Wütend, doch entschlossen,
steuerte Sharon auf Joe zu: „Was haben wir?“
    Joe war Agent, weil es sein Beruf,
und nicht sein Leben war. Die Donuts zeigten sich in seinem Körperumfang und
der ewige Kaffee und die ständigen Zigaretten - die von den meisten Cops als
unentbehrlich in ihrem Job empfunden wurden - hatten seine Zähne verfärbt. Auch
ihm stand der momentane Stress, der sich über das gesamte Revier ausgebreitet
hatte, in Form von schwarzen Augenringen ins Gesicht geschrieben. Er gehörte zu
den Menschen, mit dem jedermann auskam. Nie
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