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Herzraub

Herzraub

Titel: Herzraub
Autoren: Monika Buttler
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heißen, Sie halten mich für eine Mörderin? Sie, als mein Anwalt?“
    „Bitte beruhigen Sie sich.“ Wentorf drückte Brigitte Lasbeck wieder auf ihren Sitz. „Mordgedanken sind noch kein Mord. Ich will nur wissen, was genau in Ihnen vorgegangen ist.“
    Die Lasbeck hatte sich wieder gefasst. „Ihnen ist also nichts Menschliches fremd.“ Der Spott in ihrer Stimme war nicht zu überhören.
    „Frau Lasbeck, was haben Sie von Celia Osswald gewollt?“
    „Ich überlege und überlege – eigentlich weiß ich es nicht. Ich nehme an, sie zur Rede stellen.“
    „Kommen wir auf den 14. Oktober. Sie wussten, wie Sie mir sagten, dass Sie an dem Tag mit Frau Oss-
wald allein sein würden. Und Sie hatten einen Plan. Was für einen Plan?“
    „Mein Gott noch mal, sie zur Rede stellen. Sagte ich doch schon.“
    „An dem Tag wollten Sie also zum ersten Mal von Ihrem Sohn erzählen. Dass er der Spender ist.“
    „Spender! Kommen Sie mir nicht mit diesem Wort!“ Brigitte Lasbeck schlug sehr undamenhaft mit der Hand auf den Tisch. „Ja, ich wollte ihr die Wahrheit über ihr Herz entgegenschleudern. Ihr die Augen öffnen, wie mein Sohn gelitten hat. Wie sie seine Organe rausgeschnitten und über Europa verteilt haben.“
    Wentorf hatte die Arme verschränkt. „Haben Sie Frau Osswald vielleicht bedroht? War Erpressung im Spiel? Bitte sagen Sie mir alles. Vertrauen Sie mir.“
    „Nein! Und wenn Sie Geld meinen – “ Brigitte Lasbeck hob hochmütig die Brauen – „ich bin selbst sehr gut gestellt.“
    Wentorf lächelte. „Schön. Ich frage noch mal: Hatten Sie irgendeine Art der körperlichen Auseinandersetzung mit Frau Osswald?“
    „Nein! Sie war doch tot!“
    Der Anwalt war einen Moment sprachlos. „Tot?“, wiederholte er.
    „Ja, tot.“ Die Lasbeck sah ihn triumphierend an.
    Wentorf kramte eine Zigarette aus der Tasche und zündete sie hastig an. „Möchten Sie auch eine?“
    „Ja, bitte.“
    „Erzählen Sie weiter.“
    Nun, sie sei natürlich erst total schockiert gewesen, habe mehrmals den Puls der Osswald gefühlt, sei kopflos hin- und hergelaufen, habe zum Hörer gegriffen, dann aber doch nicht telefoniert.
    „Sie hatten einen Schlüssel zur Wohnung?“, fragte der Anwalt.
    „Ja, natürlich.“
    „Wo haben Sie Frau Osswald gefunden?“
    „Auf einem der Sofas. Im Wohnzimmer.“
    Sie habe erst gestutzt, sagte Brigitte Lasbeck, gedacht, ihre Arbeitgeberin habe sich zu einem Schläfchen hingelegt. Aber dann sei sie näher herangetreten und dann –
    „Einfach grässlich. Sie sah vollkommen entstellt aus. Die Augen so starr, Schaum vorm Mund. Ganz gekrümmt hat sie dagelegen.“ Die Lasbeck schluckte. „Auch mein Sohn hat entstellt ausgesehen. Nach der Explantation … Und nun auch sie …“
    „Das haben Sie als gerecht empfunden.“
    „Ja.“
    „Was haben Sie geglaubt, woran Frau Osswald mit nur 50 Jahren gestorben war? Haben Sie an Fremdverschulden gedacht?“
    „Nein, überhaupt nicht. Ich dachte an Schlaganfall, Herzversagen oder so was.“
    Wentorf beugte sich vor und blickte seine Mandantin forschend an. „Was haben Sie dann gemacht? Ich nehme an, Sie haben das alles der Polizei erzählt.“
    „Ja, alles. Also, ich hab mich umgesehen und die Kaffeetasse entdeckt. Sie war leer.“
    „Was passierte dann?“
    Ja, die Osswald sei ja nun definitiv tot gewesen, und da sei ihr diese Eingebung gekommen. Dass sie jetzt nämlich die einmalige Gelegenheit habe, Holgers Herz zurückzubekommen. Das Herz, das ihm allein zustehe. Es sei ja nun quasi sein zweiter Tod gewesen, und solle dieser Tod nicht würdiger ablaufen? Wie ein Verbrechen wäre es gewesen, ein Verbrechen an ihrem Sohn, wenn sie sein Herz nicht zurückgeholt hätte. Wo sie doch schon einmal als Mutter so versagt habe.
    Brigitte Lasbeck holte ein Taschentuch heraus und drückte unablässig darauf herum. Sie sprach mit leidenschaftlicher Erregtheit, ihr Blick jetzt ohne Tränen.
    Der Anwalt zerbrach fast seine angerauchte Zigarette. „Weiter!“
    Nun, sie sei ja wie immer mit dem Auto gekommen, diesmal im Renault ihrer Cousine, die sei zur Kur und habe ihr das Auto überlassen, ihr eigenes habe für eine Woche in die Werkstatt gemusst, und da habe sie die Tote abends, als es schon dunkel war, zu dem Renault geschleift und in den Kofferraum gehievt. Schwerstarbeit sei das gewesen. Dann noch die Schleifspuren in der Wohnung beseitigen. Zu Hause angekommen, habe sie die Leiche bis in die Küche gezogen, zum Glück Erdgeschoss, und dann die
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