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Herz und Fuß

Herz und Fuß

Titel: Herz und Fuß
Autoren: Anne Bax
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Kannst du das allein tragen?«
     
    Ich nickte und hoffte, dass das stimmte.
     
    »Hast du große Müllsäcke?«
     
    »Ich finde welche!«
     
    »Bis später.« Wir tauschten die Autos und er verschwand.
     
    Ich telefonierte mit ErzEngel, die mir versicherte, dass sie ausreichend Müllsäcke im Keller hatte und ich sie leicht finden würde. Den ersten Teil glaubte ich ihr, beim zweiten war ich nicht sicher.
     
    Es war schon 17.00 Uhr, als ich wieder vor unserem Haus stand. Ich hatte dafür gesorgt, dass die beiden Damen etwas zu essen bekommen hatten, ein neuer Aufnehmer unter der Truhe lag und sie über die nächsten Stunden informiert waren. Rose-Lotte hatte mir beim Abschied über die Hand gestrichen und wir hatten uns angelächelt. Ich würde sie mit allem, was ich tun konnte, beschützen.
     
    Jetzt musste ich noch die Müllsäcke finden und dann galt es, nur noch zu warten. Interessanterweise fand ich den Karton mit den Müllsäcken schnell, nachdem ich die Palette mit dem Melkfett zur Seite geräumt hatte. Ich schleppte den Karton in den Kombi und schaute auf die Uhr. 17.45 Uhr. Um 2.00 Uhr würde ich zu Rose-Lotte und ErzEngel fahren, also hatte ich jetzt noch etwas Zeit, mir die Ereignisse klarzumachen und verrückt zu werden. Ich ging die Treppe wieder hinauf, ließ mich müde aufs Sofa fallen und schloss die Augen.
     

Die Sirenen heulten.
     
    Ich schlug die Augen auf und mein Herz raste. Verdammt, ich war eingeschlafen. Wie spät war es denn? Ich griff nach dem Handy, das neben mir lag und kniff die unwilligen Augen zusammen. 01.24 Uhr. Gerade noch rechtzeitig aufgewacht.
     
    Ich musste mich jetzt schnell beruhigen. Ich hatte schrecklich geträumt und die Bilder dieser unfreiwilligen Gehirngymnastik waren noch vollkommen real. In meinem Traum hatte die ganze Stadt gebrannt, jedes Haus und jede Straße. Ich hatte Irene nicht finden können in all den Flammen und dem beißenden Rauch. Ich hatte ihren Namen geschrien, immer wieder, bis ich nicht mehr atmen konnte und die Hitze unerträglich geworden war. Dann war ich hingefallen und die Sirenen hatten mein klägliches Krächzen übertönt und mit ihrem Heulen die Menschen über mich hinweg vor sich her getrieben. Gut, dass ich aufgewacht war.
     
    Es klingelte wieder lang anhaltend. Wenn man unseren Klingelknopf zu lang drückte, klang sein Ton wie ein jammerndes Heulen oder ein heulendes Jammern.
     
    Das hatte mich geweckt?
     
    Wer war das um diese Zeit?
     
    Die Polizei?
     
    Es musste die Polizei sein.
     
    Hatten sie mich bis zu Rose-Lotte verfolgt?
     
    War meine Mutter schon verhaftet?
     
    Ruhig bleiben! Ich musste nachdenken!
     
    Ich ging mit klopfendem Körper bis zum Fenster und spähte hinaus. Draußen war es dunkel und ruhig. Falls sie nicht mit zivilen Fahrzeugen unterwegs waren, war die Polizei zu Fuß gekommen, denn ich konnte kein Einsatzkommando entdecken. Allerdings stand ein fremder Kleinwagen vor der Tür.
     
    Es klingelte wieder.
     
    Lauter.
     
    Heulender.
     
    Ich strich mir die Haare glatt, ging die Treppe hinunter und öffnete die Tür.
     
    Markus sah mich an, als stände er einem schrecklichen Geist gegenüber, und ich hoffte, dass er mir meine Erleichterung nicht ansehen konnte.
     
    »Bin gerade aufgewacht«, entschuldigte ich mein Aussehen, aber das schien ihn gar nicht zu interessieren.
     
    »Warum?«, blaffte er mir wütend entgegen.
     
    »Warum was?«, fragte ich, bevor mir mit der Hitze der brennenden Stadt einfiel, was er möglicherweise meinen könnte.
     
    »Kann ich reinkommen, wir müssen reden?« Er drängte sich einfach durch die Tür und ging an mir vorbei hinauf in meine Wohnung.
     
    Ich riskierte einen Blick auf die Uhr. 01.28 Uhr.
     
    Ich eilte ihm hinterher.
     
    Er saß am Tisch und alle Wut war von ihm gewichen. Er weinte. »Ich dachte, sie ist bei dir.«
     
    Ich setzte mich zu ihm. »Falls wir hier von Irene sprechen, wir haben schon länger keinen Kontakt.«
     
    »Was? Aber sie hat doch wegen ihrer Gefühle für dich unsere Hochzeit abgesagt. Heute Abend. Ich bin den ganzen Abend durch die Stadt gefahren.« Er schluchzte.
     
    Wer jemals von einer galaktischen Glückswelle erfasst worden ist und dabei einem weinenden Menschen gegenübersaß, für den diese Welle ein tödlicher Tsunami war, der wird mir zustimmen, dass es keinen angemessenen Gesichtsausdruck für diese Situation gibt. Also machte ich keinen. In meinem Inneren sah es allerdings anders aus. Dort schlug seine Nachricht ein wie
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