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Herz aus Eis

Titel: Herz aus Eis
Autoren: Jude Deveraux
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herauszufinden, welche Voraussetzungen man als Frau eines Arztes erfüllen mußte.
    Keiner der beiden wich von seinem Entschluß ab. Lee ging nach Harvard, um dort Medizin zu studieren, dann nach Wien, um dort seinen Facharzt zu machen; und Houston ging nach Virginia und dann in die Schweiz, um sich entsprechend zu bilden.
    Houston zuckte noch heute bei der Erinnerung zusammen, wie heftig sie sich mit Blair wegen der Schulen gestritten hatte, bei denen sie sich bewarben. »Du willst auf einen ordentlichen Schulabschluß verzichten, nur um zu lernen, wie man einen Tisch deckt und mit einer fünfzig Meter langen Schleppe durchs Zimmer geht, ohne auf die Schnauze zu fallen?«
    Blair ging nach Vassar, dann zur medizinischen Hochschule, während Houston Miss Jones Internat für junge Damen besuchte, wo sie eine dreijährige sehr strenge Ausbildung in einer Vielzahl von Fächern genoß. Sie reichten von den Anfangsgründen des Blumensteckens bis zu der hohen Kunst, Männer davon abzuhalten, sich am Abendbrottisch zu streiten.
    Nun nahm Lee ihren Arm, als er ihr in den Einspänner half. »Du siehst so gut aus wie immer«, sagte er dicht an ihrem Ohr.
    »Lee«, sagte Houston, »glaubst du, daß wir einander . . . interessant fänden?«
    Mit einem Lächeln ließ er seinen Blick an ihrem Körper herabgleiten, betrachtete angelegentlich das Kleid, das sich wie eine zweite Haut über ihre übertrieben geschnürte Stundenglas-Taille legte. »Houston, ich finde dich faszinierend.«
    »Nein, ich meine, ob wir beide auch genügend Gesprächsstoff haben werden?«
    Er zog die Braue in die Höhe. »Es ist ein Wunder, daß mir überhaupt noch etwas zum Reden einfällt, wenn ich in deiner Nähe bin«, antwortete er, während er ihr auf den Sitz des Einspänners half. Dann fuhr er mit den beiden Schwestern sechs Häuserblocks weit in die Innenstadt von Chandler.

Kapitel 2
    Chandler in Colorado war eine Kleinstadt, hatte nur achttausend Einwohner; doch ihre Industrie — Kohle, Rinder, Schafe und Mr. Gates’ Brauerei — machte sie zu einer reichen kleinen Stadt. Sie verfügte bereits über Elektrizität und ein Telefonsystem, und da drei Hauptstrecken der Eisenbahn durch den Ort führten, konnte man von hier aus bequem die größeren Städte Colorado Springs und Denver erreichen.
    Die elf Häuserblocks, aus denen das Herz von Chandler bestand, setzten sich aus fast neuen Gebäuden zusammen, die alle mit Steinen aus den Chandler Stone Works errichtet worden waren. Diese grünlich grauen Quader wurden oft mit kunstvollen Verzierungen versehen und gehörten zu den bevorzugten Ornamentsteinen von Gebäuden, die im viktorianischen Stil westlicher Prägung errichtet wurden.
    Die Häuser, die sich außerhalb der Stadt im Gelände verteilten, waren ein Gemisch verschiedener Stilrichtungen — vorwiegend Queen Anne und High Victorian. Am nördlichen Ende der Stadt, auf einem kleinen Hügel, stand Jacob Fentons Haus — ein großes aus Ziegeln errichtetes Gebäude im viktorianischen Stil, bis vor ein paar Jahren das größte Haus am Platz.
    Am Westende der Stadt, nur ein kurzes Stück von der Villa Fenton entfernt, stand auf dem eingeebneten Gipfel einer Anhöhe, welche früher die meisten Einwohner der Stadt bereits zu den Rocky Mountains gerechnet hatten, das Haus von Kane Taggert. Die Villa Fenton würde in den Weinkeller des Taggertschen Hauses hineingepaßt haben.
    »Versucht die ganze Stadt immer noch, das Haus von innen zu besichtigen?« fragte Blair ihre Schwester und deutete mit dem Kopf in die Richtung der Anhöhe, auf der das Haus hinter Bäumen kaum zu sehen war. Aber was da »kaum sichtbar« durch die Bäume schimmerte, war gewaltig genug, daß man es fast überall in der Stadt sehen konnte.
    »Jeder«, antwortete Houston lächelnd. »Aber als Mr. Taggert alle Einladungen ignorierte und auch selbst keine verschickte, begannen die Leute, wie ich fürchte, schlimme Gerüchte über ihn auszustreuen.«
    »Ich bin nicht so sicher, daß alles, was sich die Leute über ihn erzählen, Gerüchte sind«, sagte Leander. »Jacob Fenton erzählte mir . . .«
    »Fenton!« explodierte Blair. »Fenton ist ein betrügerischer, heuchlerischer . . .«
    Houston mochte nicht zuhören, lehnte sich in das Polster der Kutsche und blickte durch das Rückfenster im Verdeck auf das Haus über der Stadt. Lee und Blair zankten sich, während die Kutsche vor den Geleisen der neuen Pferdebahn halten mußte, um eines dieser Vehikel vorbeizulassen.
    Houston hatte
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