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Herrscher der Erde

Herrscher der Erde

Titel: Herrscher der Erde
Autoren: Frank Herbert
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umherlagen. Für deren Einbau würde er noch mehr als eine Stunde brauchen. Er lehnte sich gegen die Werkbank. Vor seinen Augen lagen Schleier der Müdigkeit. Er zündete sich eine Zigarette an, machte einen tiefen Zug. Er dachte an Colleens Frage: »Wie ist es, wenn man wahnsinnig ist?« Er starrte auf die Glut seiner Zigarette.
    Werde ich die Telesonde ruinieren? Werde ich eine Pistole einstecken und Colleen und Pete suchen? Werde ich hinauslaufen ...?
    Die Uhr an der Wand klickte. Er spannte sich. Wie wird es sein? Er verspürte ein Schwindelgefühl, Übelkeit. Eine Welle von Melancholie überschwemmte ihn. Selbstmitleid trieb ihm Tränen in die Augen. Er biß die Zähne zusammen. Ich bin nicht wahnsinnig ... ich bin nicht wahnsinnig ... Er preßte die Fingernägel in die Handflächen, sog tief Luft in seine Lungen. Gedankenfetzen trieben durch sein Gehirn.
    Ich werde das Bewußtsein verlieren ... die Inkohärenz der Morose ... Besessenheit ... dithyrambischer Schwindel ... eine Anima-Gestalt konkretisierte sich aus dem Libido ... corybatische Calentur ...
    Sein Kopf fiel ihm auf die Brust.
    ... Non compos mentis ... aliéné ... avoir le diable au corps ... Was ist mit Seattle geschehen? Was ist mit Seattle geschehen? Was ist ... Sein Atem wurde gleichmäßig. Er blinzelte mit den Augen. Alles erschien unverändert ... unverändert ... unverändert ... Meine Gedanken schweifen ab. Ich muß mich zusammenreißen!
    Die Finger der rechten Hand brannten. Er schnippte die Glut von der Zigarette.
    Habe ich mich geirrt? Was geschieht draußen? Er ging auf die Treppe zu, und auf halbem Wege ging das Licht aus. Es schnürte ihm die Brust zusammen. Eric tastete sich zur Tür, umklammerte das Stiegengeländer und klomm ins Halbdunkel der Halle hinaus. Von der Straße her erklangen Schüsse. Er ging in die Küche und stellte sich auf die Zehenspitzen, um durch die Ventilatoröffnung über dem Ausguß ins Freie zu schauen.
    Menschen! Die Straße wimmelte von Menschen. Ein Teil rannte, ein Teil ging zielsicher dahin, ein Teil wanderte bloß umher. Ein Teil war bekleidet, ein Teil war halb bekleidet, ein Teil war nackt. Die Körper eines Mannes und eines Kindes lagen in ihrem Blut auf dem gegenüberliegenden Gehsteig.
    Er begab sich ins Wohnzimmer. Die Lichter flammten einige Male auf, verloschen wieder und blieben dann brennen. Er drehte den Fernseher auf, doch empfing er nur Wellenzüge. Er wechselte den Kanal, erhielt aber auch von der Tacoma-Station kein Bild.
    Olympia sendete den Wetterbericht: »... teilweise bewölkt mit vereinzelten Regenschauern am Nachmittag. Die Temperaturen ...«
    Eine Hand erschien im Bildbereich und legte dem Sprecher einen Bogen Papier auf den Tisch. Der Sprecher verstummte, überflog das Papier. Seine Hand zitterte, als er las: »Achtung! Es folgt eine wichtige Mitteilung. Unser Aufnahmeteam beim Clydefield-Rennen berichtet soeben, daß die Wahnsinnsepidemie die Doppelstadt Seattle-Tacoma befallen hat. Mehr als drei Millionen Menschen werden als erkrankt gemeldet. Notmaßnahmen wurden bereits eingeleitet. Straßensperren werden errichtet. Es ist bereits zu Todesopfern gekommen, doch ...«
    Der Sprecher erhielt einen neuen Bogen Papier. Er las mit aufgeregter Stimme: »Ein Jet-Racer hat sich in die Menge der Zuschauer auf dem Clydefield gepflügt. Alle Ärzte, die diese Sendung verfolgen, werden aufgefordert, sich sofort im Notstandshauptquartier einzufinden ...« Wieder verloschen die Lichter, und der Schirm wurde dunkel.
    Eric zögerte. Ich bin ein Doktor. Soll ich hinaus und mein medizinisches Können zur Verfügung stellen, oder soll ich hinuntergehen und die Telesonde fertigstellen, jetzt, nachdem ich den endgültigen Beweis habe? Und kann ich sie dann auch anwenden? Er atmete tief und rhythmisch. Oder bin ich verrückt wie alle anderen? Tue ich wirklich, was ich zu tun glaube? Bin ich verrückt und träume die Realität? Ich muß so handeln, als wäre ich gesund. Alles andere führt zu nichts.
     
    Im Schlafzimmer fand er einen Handscheinwerfer, mit dem er in den Keller zurückkehrte. Aus einer Ecke holte er den Notgenerator hervor, den er lange nicht verwendet hatte. Er rollte ihn in die Mitte des Raumes und untersuchte ihn. Die Alkoholturbine schien in Ordnung zu sein. Der Tank war mehr als zur Hälfte gefüllt. Er pumpte Alkohol in die Brennkammer und steckte das Kabel an den Sicherungskasten des Labors an. Dann zog er am Anlasser. Die Turbine begann zu brummen. Die Umdrehungen wurden
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