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Herrin der Dunkelheit

Herrin der Dunkelheit

Titel: Herrin der Dunkelheit
Autoren: Fritz Leiber
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einen hat, der ihr nicht gehört.«
    »Kleptomanin«, sagte Gun höhnisch, »das ist ein ziemlich kompliziertes Wort für Mrs. Luque.«
    »Oh, ich glaube, sie hat ›Stehlerin‹ gesagt. Auf jeden Fall habe ich dem Mädchen versichert, dass ich meinen Kassetten-Recorder noch habe.«
    »Und warum hat Bonita nicht auch mich gefragt?« sagte Gun.
    »Weil ich ihr gesagt habe, dass du keinen Kassetten-Recorder besitzt«, erwiderte Saul. »Was ist denn los? Fühlst du dich ausgeschlossen?«
    »Nein!«
    Guns Stimme war während dieses Wortwechsels zunehmend schärfer geworden, Sauls zunehmend kühler und sarkastischer. Franz hatte mehrmals milde Spekulationen über den Grad der Homosexualität in der Verbindung zwischen den beiden jungen Männern gehört, doch dies war das erste Mal, dass er sich selbst ernsthaft danach fragte. Nein, entschied er schließlich, jetzt würde er sich da bestimmt nicht einmischen.
    »Was hast du dann?« fragte Saul. »Verdammt, Gun, du weißt doch, dass ich immer ein bisschen Spaß mit Bonny mache.«
    »Ich weiß, ich bin ein puritanisierter Nordeuropäer«, sagte Gun beinahe beleidigt, »aber ich möchte doch wissen, wie weit die Befreiung von angelsächsischen Körperkontakt-Tabus zu gehen hat.«
    Sauls Stimme war fast aufreizend, als er erwiderte: »Was für eine Frage. So weit, wie beide es für richtig halten, denke ich.«
    Franz hörte das nachdrückliche Schließen einer Tür. Dann knallte eine zweite zu. Dann war Stille. Franz atmete erleichtert auf und stieg lautlos weiter die Stufen hinauf – und als er auf den Korridor des fünften Stockwerks trat, stand er plötzlich Gun gegenüber, der an der verschlossenen Tür seines Apartments lehnte und zu Sauls Tür hinüberstarrte. Auf dem Boden neben ihm stand ein etwa kniehohes, rechteckiges Gerät mit einem Tragegriff aus Chrom, der aus seiner Segeltuchhülle ragte.
    Gunnar Nordgren war ein großer, schlanker Mann, aschblond und blauäugig; eine Wikinger-Gestalt. Jetzt hatte er den Kopf gewandt und sah Franz so verlegen an, wie der sich fühlte. Doch plötzlich kehrte der gewohnte, liebenswürdige Ausdruck in sein Gesicht zurück, und er sagte: »Freut mich, dass du vorbeikommst. Vor zwei Tagen hast du mich noch nach Aktenvernichtungsmaschinen gefragt. Hier ist so eine. Ich habe sie mir im Büro über Nacht ausgeliehen.«
    Er riss die graue Schutzabdeckung herunter, und ein Kasten in Blau und Silber kam zum Vorschein. Er hatte einen fußbreiten Rachen und einen roten Knopf auf seiner Oberseite. Der Rachen führte in einen tiefen Auffangkorb, der, wie Franz sehen konnte, etwa zu einem Drittel mit quadratischen, konfettiartigen Papierschnipseln von weniger als einem Viertelzoll Größe gefüllt war.
    Die Bedrückung, die er noch eben gespürt hatte, war verflogen. Franz blickte auf und sagte: »Ich weiß, dass du zur Arbeit musst und keine Zeit hast, aber könnte ich ihn einmal in Betrieb sehen?«
    »Natürlich.« Gun schloss die Tür auf, vor der er stand, und führte Franz in einen sparsam möblierten Raum. Das erste, was einem hier ins Auge fiel, waren große astronomische Fotos und eine Skiausrüstung. Während Gun das Anschlußkabel ausrollte und den Stecker in die Dose steckte, sagte er: »Dies ist ein ›Shredbasket‹ der Firma Destroysit. Sehr zutreffende Namen, nicht wahr? Kostet nur fünfhundert Dollar oder so, größere Modelle bis zu zweitausend. Ein Satz rotierender Rundmesser zerschneidet das Papier zu schmalen Streifen, und ein zweiter Messersatz zerteilt diese Streifen dann quer. Ob du es glaubst oder nicht, diese Geräte sind aus den Maschinen entwickelt worden, mit denen Konfetti hergestellt wird. Mir gefällt die Vorstellung: sie beweist, dass die Menschheit zuerst an frivole Dinge denkt und sie erst später für ernsthafte Zwecke umfunktioniert – falls man so etwas ernsthaft nennen kann. Spiel vor Schuld.«
    Die Worte sprudelten in einem solchen Übermaß an Erregung oder Erleichterung aus ihm heraus, dass Franz sich nicht länger darüber wunderte, warum Gun dieses Gerät mit nach Hause gebracht hatte – was er mit ihm vernichtet haben mochte.
    Gun fuhr fort: »Die einfallsreichen Italiener – wie hat Shakespeare sie genannt? Supersubtile Venetianer? – sind führend in der Herstellung von Maschinen für Vergnügen und Nahrungsmittel: Eismaschinen, Spaghetti- und Nudelmaschinen, Geräte zur Produktion von Zimmer-Feuerwerk – und Konfetti. Na, dann wollen wir mal.«
    Franz hatte ein kleines Notizbuch und einen
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