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Herrchenglück: Vom Chaos auf acht Pfoten

Herrchenglück: Vom Chaos auf acht Pfoten

Titel: Herrchenglück: Vom Chaos auf acht Pfoten
Autoren: Michael Frey Dodillet
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quasi Rüdin – lässt sich nicht lumpen. Erst als ich Wildpinkeln kategorisch untersage, kommen wir in zufriedenstellendem Tempo vorwärts.
    Ebenfalls ein interessantes Phänomen: Wenn man mit zwei großen, dunklen Hunden unterwegs ist und diese ins Fuß nimmt, damit die Entgegenkommenden keine Angst haben müssen, kriegen diese erst recht Angst.

    Aiko mag keine Treppen und geht keine Treppen. Die steile Stiege zu meinem Dachbodenbüro schon mal gar nicht. Lie ber legt er sich davor und guckt anderen beim Hoch- und Runtersteigen zu. Ich muss mir also keine Sorgen machen, dass der Zosse sich die Haxen bricht.
    Wieso ihn ausgerechnet am vorletzten Tag der Teufel reitet, ist mir ein Rätsel.
    Ich telefoniere im Büro. Plötzlich höre ich schweres Schnau fen an meinem linken Ohr. Die Kundschaft kann es nicht sein, die spricht ins rechte. Ich drehe mich um und gucke in das strahlende Gesicht eines unverbesserlichen hovawartschen Neugierspinsels.
    Auf diese große Freude folgt umgehend die Erkenntnis: Hoch ist immer einfacher als runter. Denn runter will Aiko nicht mehr. Ich versuche alles. Locken mit Worten, locken mit leeren Versprechungen, locken mit Lunas lasziv schwingendem Hintern. Strammes Fußgehen im Büro und beiläufig die Treppe ins Visier nehmen hilft auch nicht. Aiko bockt und biegt ab. Selbst als jede Stufe mit Blutwurst gepflastert wird, kommt er über die erste nicht hinaus.
    Nach einer Stunde fruchtlosen Säuselns nehme ich den Bären auf den Arm und trage ihn hinunter, während Luna demonstrativ die Bürostiege hinauf- und herunterwuselt.
    Wie unterschiedlich doch diese zwei Hunde sind.
    Draußen scannt Luna mit erhobenem Kopf die Gegend und sucht Opfer. Aiko hingegen schnuffelt den Boden entlang und interessiert sich nur für das, was zwanzig Zentimeter vor seiner Nase liegt.
    Rufe ich Hier , macht Luna auf dem Absatz kehrt und kommt zu mir. Aiko guckt mich erstaunt an – Was heißt hier HIER !? – und zieht nach fünf Minuten einen Richtungswechsel unter Umständen eventuell in Betracht.
    Begegnen wir vierbeinigem Mobbingmaterial, schießt Luna wie eine Rakete nach vorn, Aiko hält sich vornehm zurück und schweigt.
    Luna rast hyperaktiv über die Wege, Aiko schreitet bedächtig einher.
    Luna leert einmal die Blase und geht dann mit mir spazieren, Aiko macht an jedem zweiten Grashalm Pinkelpause.
    Wenn das Ende der Leine erreicht ist, spürt Aiko unan genehmen Druck und hört automatisch auf zu ziehen. Luna spürt unangenehmen Druck, findet das angenehm und zieht erst recht.
    Kommt einer an den Gartenzaun, hüpft Luna aufgeregt auf der Stelle und sagt nix. Aiko steht da wie ein Monument und donnert den Besucher an.
    Sitze ich auf der Treppe und binde meine Schuhe, zappelt Luna hinter meinem Rücken und schleckt mir begeistert ein Ohr weg. Aiko baut sich vor mir auf und blickt mir stoisch ins Gesicht – Entfernung fünf Zentimeter, schwerer Wild-&-Nudel-Atem.
    Luna schläft oben unterm warmen Dach, Aiko im Erdgeschoss auf den kühlen Fliesen. Luna inhaliert ihr Essen und säuft danach den halben Napf leer. Aiko mampft seelenruhig sein Futter und trinkt zwischendurch eine Kleinigkeit.
    Nach zwei Wochen mit zwei Hunden kristallisiert sich dreierlei heraus.
    Erstens. Ich bin draußen viel strukturierter und kompromissloser unterwegs als sonst. Mit zwei Dickköpfen kann ich nicht diskutieren, sonst regiert das Chaos. Folglich kriegen die zwei immer klare Ansagen, wo es langgeht. Das hilft ungemein im Alltag.
    Zweitens. Phlegma siegt in der öffentlichen Wirkung. Die Leute sagen jetzt nicht mehr: »Das ist aber eine biestige Hündin«, sondern: »Das ist aber ein lieber Rüde.« Mein versautes Image erholt sich zusehends.
    Drittens. Die Bedächtigkeit von Aiko färbt nicht auf Lunas überschäumendes Temperament ab. Umgekehrt passiert das aber auch nicht. Offensichtlich ist die Ansteckungsgefahr, was das Unfugtreiben angeht, doch geringer, als in der Fachliteratur allgemein befürchtet.

    »Das hat doch tadellos geklappt«, sagt Stella, als Klaus’ und Malus Auto mit dem zentnerschweren Küken im Kofferraum vom Hof rumpelt.
    »Finde ich auch«, sage ich und winke mit schmerzender Schulter hinterher. »Bis auf die Butterfly-Übungen vor Wolfis Hoftor.«
    »Es ist kein Blut geflossen«, sagt Stella. »Die Möbel sind nicht angekaut, das Geschirr ist ganz geblieben, und die Balken im Haus wurden nicht angepieselt.«
    »Ja«, sage ich. »Aber Aiko wird nun mal nicht unser Zweithund, sondern
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