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Herrchenglück: Vom Chaos auf acht Pfoten

Herrchenglück: Vom Chaos auf acht Pfoten

Titel: Herrchenglück: Vom Chaos auf acht Pfoten
Autoren: Michael Frey Dodillet
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Latz. Selbst dann, als sie dreistes Nackentatzen mit unterwürfigem Warnurspaßfiepen kombiniert. Nach einem Tag ist klar: Der ist doof, der will das nicht. Von da an nutzt Luna das Nackentatzen nur noch, um Aiko zum Jagdspiel zu überreden. Wenn der faule Sack nicht mitmachen will – einfach Tatze auf den Nacken patschen. Schon tobt er wutschnaubend hinter ihr her.
    So brettern sie einmal am Tag fünf Minuten wie die wilde Wutz rund um das Gartenhäuschen. Die restlichen eintausend vierhundertfünfunddreißig Minuten starren sie den Zweibeinern Löcher in den Bauch und wünschen, auf der Stelle ausgiebig beschäftigt zu werden. Mir dämmert, dass es keine gute Idee ist, einen zweiten Hund ins Haus zu holen, damit sich der Ersthund nicht langweilt. Man erreicht damit nur, dass statt einem Hund zwei Hunde Trübsal blasen.
    Zur Abwechslung lässt Marie versehentlich ein Stück Käsekuchen von Bäcker Schüren auf den Küchenboden fallen. Bevor noch irgendeiner »Achtung! Käse! Kuchen!« sagen kann, ist es weg.
    Luna guckt unschuldig. Aiko kaut noch.
    Besorgt blättern wir im Taschenatlas Giftpflanzen . Ist ja schließ lich ein Gasthund. Hyazinthe, Jungfernrosmarin, Kartoffel, Kastanie, Kellerhals – wir atmen auf. Käsekuchen ist nicht dabei.
    »Aiko hat so einen schönen plüschigen Kopf«, sagt Lotta und krault den Dicken hinter den Ohren. »Ich werde ihn Küken nennen.«
    »Es gibt keine Küken, die fünfzig Kilogramm wiegen«, sage ich.
    »Das ist mir egal«, sagt Lotta.
    Das hat’s hier im Haus auch noch nie gegeben. Ein Hund, der, ohne den Kopf anzuheben, auf den Kaffeetisch gucken kann.

    Im Laufe der ersten Woche bringt uns Aiko bei, was Hov warten genau bedeutet. Er gibt lautstark Bescheid, wenn sich vor dem Haus, im Garten, im Viertel, in Düsseldorf, ach was, in ganz Nordrhein-Westfalen irgendetwas regt. Wir müssen ihn überschwänglich fürs Aufpassen loben. Erst dann ist Ruhe.
    Bemerkenswert ist, dass dieser Rüde völlig unspektakulär, aber nachhaltig innerhalb nur eines Tages die Aufpasserrolle übernommen hat. Luna war zwar noch nie ein wilder Vogel hinterm Zaun, aber angeschlagen hat sie immer. Seit Aiko im Haus ist, lässt sie das sein. In einem von mir unbemerkten Moment hat er Luna zu verstehen gegeben:
    »Bleib du liegen, ich mach das.«
    Seither denkt sie bei jedem, der auf den Hof fährt:
    »Ich bleib liegen, mach du das.«
    Unmissverständliche Körperhaltung, kein Zögern, wenn es darauf ankommt, ab und an ein kurzer, warnender Blick – mehr war von seiner Seite nicht nötig. So effizient funktioniert Kommunikation unter Hunden. Menschen arbeiten zwei harte Jahre lang krause- und fachbuchgestützt, um ihrer Töle das Postbotenkläffen abzugewöhnen, und schaffen es trotzdem nicht.
    Gelegentlich zicken die beiden sich an, als wären sie schon dreißig Jahre verheiratet. Vor allem, wenn sie in den Kofferraum des Bulli hopsen sollen, um in den Stadtwald zu fahren. Sobald Luna »Mach dich nicht so fett, Dicker!« mault, rempelt Aiko sie extra noch mal an. Luna feuert ihm eine, er bol lert zurück. Danach sind beide zwei Minuten miteinander beleidigt, und jeder guckt – pöh! – aus einem anderen Fenster.
    Wenn wir überhaupt so weit kommen.
    Meist scheitern wir ja schon in der Remise.
    Ich sage Hopp! Luna springt in den Kofferraum, Aiko nicht. Hopp!! Aiko springt wieder nicht rein, aber dafür Luna wieder raus. HOPP !!! Aiko guckt Luna beim Reinspringen zu. HOOPPP !!!! Aiko guckt Luna beim Rausspringen zu. Platz! Luna legt sich vor das Auto. Aiko, hopp! Aiko springt rein. Luna, hopp! Luna springt rein, Aiko springt raus.
    Wir gehen zu Fuß.
    Allerdings will auch Spazierengehen gelernt sein. Luna regt sich tierisch wegen Bauer Fürmanns Wolfi auf, der hinter dem Hoftor möppert. Aiko denkt, Luna fauche ihn an, und motzt zurück. Die Herrschaften sind auf dem besten Weg, sich in die Haare zu geraten. Ich donnere dazwischen und ziehe die Streithammel an den Leinen weit auseinander. Das ist wie Butterfly im Fitnessstudio, nur ohne Monatsgebühr.
    Auf den nächsten fünfhundert Metern wedele ich mit den Armen wie eine holländische Windmühle, wenn Aiko nach links und Luna nach rechts zieht und sie sich in der Mitte kreuzen. Es dauert eine Weile, bis ich die beiden Dickschädel auf Kurs habe.
    Zudem werde ich ständig ausgebremst, weil die Hunde der Meinung sind, jeder zweite Grashalm müsse angebrunzt wer den. Aiko – Rüde, logisch – fängt damit an, und Luna – Testos teronweib, also
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