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Herr der Finsternis

Herr der Finsternis

Titel: Herr der Finsternis
Autoren: Robert Silverberg
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tun müssen.
    Doch trotz der Hitze und meiner kummervollen Einsamkeit und des Skorbuts und des eintönigen geräucherten Kabeljaus und allem anderen hätte ich um keinen Preis mit einer Landratte getauscht. Denn dies war das große Abenteuer meines Lebens, auf das ich mich eingelassen hatte. Und an dieser Lebensanschauung halte ich bis zum heutigen Tage fest; gleich, wieviel ich gelitten habe, es geschah, um zu einem größeren Menschen zu werden. Gewiß hat meine Reise nach Afrika hinab mich gewaltig erhöht, brachte sie mir doch solch beträchtliches Ungemach!
    Da es uns an Holz und Wasser mangelte, warfen wir zwischen São Tomé und einer kleineren Insel namens Las Polas, eine Meile von der südlichen Spitze entfernt, Anker. Mit unserem Ruderboot gingen wir auf dieser kleinen und hohen und dicht bewaldeten Insel an Land, um unsere Fässer mit Süßwasser aufzufüllen. Hier fanden wir ein Dorf der Schwarzen, denn die Portugiesen von São Tomé sind es gewöhnt, ihre kranken oder schwachen Sklaven auf diese Insel zu schicken, damit sie dort wieder zu Kräften kommen. Wir nahmen von ihnen eine große Menge Orangen und auch von der Frucht, die als Pisang bekannt ist; sie ist lang und gelb und steif im Mund. Die Portugiesen nennen diese Frucht Beyonas. Doch Wasser bekamen wir keins, da es auf dieser Insel keine Quellen gibt und ihr gesamter Vorrat von Regenfällen stammt, die sehr selten sind. Statt Frischwasser trinken die Schwarzen den Wein der Palmenblätter. Wir kosteten dieses, doch trotz all seiner Vorzüge war er kein Ersatz für Wasser.
    Nachdem wir uns an den Früchten dieser Insel gelabt hatten, brannten wir das Dorf nieder. Und indem wir an der Ostküste São Tomés entlangfuhren, kamen wir zu der Stadt, die ein Sklavenlager der Portugiesen ist. Wir wagten nicht, uns ihr zu nähern, denn die Burg war gut mit schweren Kanonen bestückt, und sie feuerten auf uns, als wir längst außerhalb ihrer Reichweite waren.
    Dann wandten wir uns Ost zu Süd zum Festland, und nach einiger Zeit drehten wir wieder zur Insel São Tomé ab, denn unsere Fässer enthielten jetzt nur noch rostige Rückstände, und unsere Not an Wasser war groß. Auf der westlichen Seite der Insel entdeckten wir einen kleinen Fluß, der aus den Bergen kam. Wir gingen mit unserem Ruderboot und sechs oder sieben Fässern, die wir mit Wasser füllen wollten, an Land.
    Doch die Portugiesen erwarteten uns mit einhundert Mann, die im Hinterhalt lagen. Als wir den Strand erreichten, fielen sie über uns her und töteten einen und verletzten einen weiteren unserer Männer. Der Tote war ein Junge aus Southgate, dessen Namen ich vergessen habe, mit üppigem schönem hellem Haar, beinahe wie Flachs. Eine portugiesische Kugel traf ihn in die Stirn, und obwohl mir sein Name entschwunden ist, erinnere ich mich, wie hell das Blut war, das dieses schöne Haar besudelte. Er konnte nicht älter als siebzehn gewesen sein, und in diesem Augenblick waren alle Schönheiten der Welt für immer für ihn verloren. Es war das erste Mal, daß ich solch einen plötzlichen Tod gesehen habe, obwohl weiß Gott nicht das letzte. Wir flohen zu unserem Boot und ruderten davon, und danach stahlen wir uns an einem anderen Ort an Land und holten uns das Wasser, das wir brauchten.
    Nun endlich setzten wir unsere Reise gen Westen fort.
    Wir stachen auf West-Süd-West-Kurs in See, und nachdem wir etwa fünfzig Meilen gesegelt waren, begegneten wir einem Schwarm Delphine, die uns ein großer Trost waren, denn sie folgten unserem Schiff, bis wir auf der anderen Seite Land erreichten. Wir beobachteten mit großer Freude, wie sich diese großen Fische in der Sonne tummelten und sprangen und fast über ihre eigene Beweglichkeit zu lachen oder vielleicht zu lächeln schienen. Doch die Überfahrt brachte viel Mühsal für uns. Während der langen Passage auf dem gewaltigen Abgrund, auf der nichts als Meer unter und Luft über uns zu sehen war, hatten wir oft widrige Winde, unwillkommene Stürme und sogar noch unwillkommenere Zeiten der Windstille, und da wir im Herzen der heißen Zone waren, fühlten wir die Auswirkungen der schwülen Hitze, aber nicht ohne die Schrecken greller Blitze und häufiger Donnerschläge. Dies waren die Roßbreiten { * } oder die äquatorialen Windstillen, in denen wir uns befanden. Kein Lüftchen wehte, und die Schiffe lagen oft still und müßig. Eines schrecklichen Tages bekamen wir die andere Seite der Teufelshand zu spüren, als plötzlich schreckliche
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