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Herr der Finsternis

Herr der Finsternis

Titel: Herr der Finsternis
Autoren: Robert Silverberg
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nicht imstande, mein Leben so zu führen, wie ich es wollte. Dies war eine schreckliche Zeit für mich, und ich habe sie mir allein zuzuschreiben.
    Was mich von meiner Verzweiflung befreite, war die mächtige Waghalsigkeit und Dummheit König Philips, der im Sommer des Jahres 1588 die Spanische Armada gegen England ausschickte. Als sich unsere großen Kapitäne zusammenfanden, diesem lästigen Versuch zu begegnen – Drake und Hawkins und Frobisher und die anderen – wurde jeder Seemann im Lande benötigt, die Arbeit zu tun, und unter diesen war ich. Wäre es nach meinem Willen gegangen, wäre ich an Bord von Drakes Flaggschiff Revenge gewesen, direkt neben meinem Bruder Henry, doch ich war zu unbekannt dafür und hatte meine Stellung auf einem unbedeutenderen, doch keineswegs nichtswürdigen Schiff, dem Kaperschiff Margaret and John von zweihundert Tonnen, das durchaus etwas hergab. Wir kamen unserer Aufgabe gut genug nach, wenn auch vielleicht nicht so gut, wie unser Kapitän später behauptete, als es an der Zeit war, die Beute zu verteilen.
    Ich muß hier nicht erneut berichten, wie wir Engländer mit Hilfe der Winde und Stürme die törichten Dons verstreuten und vor uns hertrieben und nach Schottland hinaufjagten, bis sie an den Ufern Irlands strandeten; das wißt Ihr alles. Für mich waren die Wochen der Schlacht eine besondere Freude, sowohl, da ich meine Kraft der Königin und dem Land geben konnte, als auch, weil mir wieder eine Meeresbrise um die Nase wehte. Ihr müßt wissen, daß ich mich bis zu diesem Sommer insgeheim nur für einen halben Mann gehalten habe, da ich nur auf Handelsschiffen gesegelt war, während mein Vater und meine Brüder auf und an waren, Helden zu werden, und da ich zu Hause mein Land verloren und mir Schande eingebracht hatte. Doch mit all dem war nun Schluß! Ich war in schwerer See gesegelt; ich hatte furchtlos gegen unsere Feinde gekämpft; ich hatte mich unter die Helden des Reiches eingereiht.
    An Bord der Margaret and John war ein Mann aus Leigh, ein gewisser Abraham Cocke, der viel damit zu tun hatte, welchen Weg mein Leben danach einschlug. Dieser Cocke war einer von der verdrossenen Sorte, mit struppigem braunem Bart und einem schielenden Auge, der meinen Bruder Thomas als Knaben gekannt und später ins Gewerbe der Piraterie eingeführt hatte. Wenig Glück brachte ihm dies, denn er plünderte an Bord des Schiffes von Drakes Vetter John die Küsten Brasiliens und wurde in der Nähe der Mündung des Rio de la Plata von den Portugiesen gefangengenommen, die ihn mehrere Jahre lang als Gefangenen hielten. Aus dieser Gefangenschaft wurde er schließlich vom Earl of Cumberland erlöst, der, während er die gleiche brasilianische Küste marodierte, ein portugiesisches Schiff aufbrachte, auf dem Cocke diente, und ihn nach England zurückbrachte. Dies war im Jahre 1587. Cockes Leiden hatten ihn nichts weiter gelehrt als eine noch größere Gier auf spanisches Gold, und er brannte darauf, zu den Ländern zurückzukehren, wo ihm solche Unbill widerfahren war. Er erzählte mir dies an einem Sommertag tödlicher Ruhe und schwerer, trügerischer Luft, als wir die Armada von Portland Bill zur Straße von Calais verfolgten.
    »Dieser Krieg wird Spanien zerschmettern«, sagte Cocke. »König Philip hat zu viele Schätze zum Erbauen dieser zum Untergang verdammten Galeonen verschwendet. Er wird die Westindischen Inseln um viel Gold melken müssen, um seine Schatztruhe wieder aufzufüllen. Wenn diese Arbeit erledigt ist, werde ich mich zwischen König Philip und sein Gold stellen. Wollt Ihr Euch mir dabei anschließen, Battell?«
    »Aye«, sagte ich, und mit diesem einzigen Wort gab ich zwanzig Jahre meines Lebens dahin.
    Cocke erzählte mir, daß jedes Jahr ein großer Bestand an Schätzen über Land aus Peru heraus zum Hafen von Buenos Aires am Rio de la Plata transportiert und von dort aus an der Küste entlang nach Bahia verschifft wird, wo vier oder fünf Karavellen warten, um ihn nach Spanien zu befördern. Es war Cockes Absicht, die Schatzschiffe zwischen Buenos Aires und Bahia abzufangen, nicht mit brutaler Gewalt, sondern indem er blitzschnell mit zwei kleineren Schiffen von großer Geschwindigkeit zuschlug, deren Erwerb er bereits arrangiert hatte. Dieser Plan kam mir wie gerufen. Wenn Gott uns beistand, konnte ich bei diesem einen Piratenakt so viel verdienen wie in zehn Jahren, die ich an Bord von Handelsschiffen Faktura kritzelte, und ich konnte mein Land haben und meine Anne
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