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Herr aller Dinge - Eschbach, A: Herr aller Dinge

Herr aller Dinge - Eschbach, A: Herr aller Dinge

Titel: Herr aller Dinge - Eschbach, A: Herr aller Dinge
Autoren: Andreas Eschbach
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breit.«
    »Eine Mauer …? « Ein Blick blanken Entsetzens. »Wie ist so etwas möglich?«
    »Wie gesagt: ein einzelner Mann, aber ein außergewöhnlicher Gegner.«
    Der Verteidigungsminister blinzelte, sichtlich erschüttert. »Also gut«, sagte er und griff nach dem Telefon. »Die Luftwaffe. Wozu haben wir die schließlich?«
    Eine halbe Stunde später kamen sie mit geballter Macht, mehr dunkle Punkte am blassen Himmel, als er zählen konnte.
    Mehr Gegner, als er verkraften konnte. Er konnte nicht beliebig viele Flugzeuge abwehren, beliebig viele Bomben unschädlich machen, Angriffe aus beliebig vielen Richtungen zurückschlagen. Die Naniten waren mächtig, aber nur, wenn sie entsprechend gesteuert wurden.
    Und er hatte noch anderes zu tun, als einen aussichtslosen Kampf zu führen.
    Hiroshi hielt an, sah sich um. Hier also. Hier würde es geschehen. Er atmete einmal tief durch, dann stellte er den Motor ab und gab jenen Befehl, den er so lange zurückgehalten hatte.
    Das Fahrzeug löste sich um ihn herum auf, schmolz in sich zusammen, versickerte spurlos in dem kahlen, versalzten Erdreich.Damit stand er allein in der endlos scheinenden Ebene, unter einem Himmel, der hier höher und weiter zu sein schien als sonstwo auf der Welt. Einem Himmel, der für alle Zeiten schweigen würde.
    In diesem Augenblick war es vollkommen still um ihn herum. Die sich nähernden schwarzen Punkte wirkten wie optische Täuschungen.
    Hiroshi schloss die Augen. Er wusste, dass das nicht lange so bleiben würde.
    Er gab den nächsten Befehl.
    Der Luftbildauswerter an Bord der AWACS-Maschine, bei dem die von den hochfliegenden Jets und von einigen unbemannten Aufklärungsdrohnen übermittelten Aufnahmen des Einsatzgebietes zusammenliefen, traute seinen Augen nicht.
    »Goddamn …!«
    Sein Blick klebte auf seinem Schirm, als wäre er daran festgewachsen. Er hatte nur geflüstert, aber sein Vorgesetzter hatte den Fluch trotzdem gehört.
    »Officer«, grollte er im Näherkommen, »Sie wissen genau, dass ich solche Ausdrücke an Bord nicht … oh my god! «
    Nun sahen alle auf. Die Ersten verließen neugierig ihre Plätze, traten hinter die beiden, bildeten nach und nach eine fassungslos starrende Runde um den Bildschirm.
    Er zeigte die Pampa, die kärgste, verlassenste Region Argentiniens, und davon jene Gegend, die so kahl und trocken war, dass nicht einmal mehr Vieh dort weiden konnte. Ein Fadenkreuz markierte den Punkt, an dem bis gerade eben noch ein einsamer Mann gestanden hatte.
    Er war verschwunden. Rings um ihn wuchs so schnell, dass man dabei zusehen konnte, etwas Unglaubliches aus dem Boden, ein riesiges, irres Gebilde aus Kuppeln und Wülsten, aus Türmen, Wällen und Rippen, aus Knospen, Spalten, Spiralen und ziselierten Antennen. Es wurde immer größer, durchmaß inzwischen ein paar Hundert Fuß und war damit so groß, dasses die meisten Sportarenen schon unter sich begraben hätte. Doch es wölbte sich immer weiter empor, ähnelte mal einem mutierten Brokkoli, mal einem deformierten Kolosseum, mal einem Korallenriff unter Adrenalin und schließlich dem Kopf eines augenlosen, millionenzähnigen Monsters, das auf Beute lauerte …
    »Ich weiß, was das ist«, flüsterte einer der Radarleute, räusperte sich, als ihn alle ganz entgeistert ansahen und sagte: »Das ist die Mandelbrot-Menge. Erkenn ich wieder. Ich hab zu Hause einen Bildschirmschoner, der die konstruiert. In 3D.«
    Die Mandelbrot-Menge hatte Hiroshi schon immer fasziniert: unendliche Vielgestaltigkeit, die aus einem endlichen Entstehungsprozess hervorging. Nicht nur endlich, sondern sogar übersichtlich – die grundlegende Programmprozedur umfasste nur wenige Zeilen, wenn man eine der klassischen Programmiersprachen verwendete. Die Befehlssequenz für das riesenhafte Gebilde voller Arabesken und seltsamer Strukturen, das ihn nun umschloss, war die kürzeste, die er je verwendet hatte.
    Er hätte gern gesehen, wie es von draußen aussah. Die Naniten erbauten es vor allem aus Silizium und Sauerstoff, zwei der häufigsten Elemente, die selbst hier draußen in der kargen Eintönigkeit der Pampa problemlos in rauen Mengen zu finden waren. Silizium und Sauerstoff, das ergab etwas, das dem Quarz ähneln musste: Vermutlich funkelte sein Versteck im Licht der Sonne wie ein gigantischer Edelstein.
    Auf jeden Fall gelangte genügend Licht bis zu ihm, was ihn der Notwendigkeit enthob, eine Lichtquelle bauen zu lassen: Es hätte sein Gefühl für das, was angemessen war,
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