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Hering mit Heiligenschein

Hering mit Heiligenschein

Titel: Hering mit Heiligenschein
Autoren: Claudia Toman
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als »Er« entpuppt, schwebt etwa zwanzig Zentimeter über den Fliesen, ist in rosaroten Tüll gehüllt, und hinter den Schultern schaut etwas hervor, das man fast für ein paar Flügel halten könnte. Seine pink gefärbten Haare sind dezent toupiert, außerdem mit viel Gel bearbeitet, oben am Scheitel sitzt eine winzige Krone. An seinen Schläfen befinden sich liebevoll getrimmte Koteletten, an denen er permanent mit dem Mittelfinger entlangstreicht.
    »Wer stört?«, fragt er ungehalten und sieht mich, die Nase gerümpft, an.
    »Ich, ähm, also …«, versuche ich es konsterniert, einen Heiterkeitsanfall mühsam unterdrückend, doch er schüttelt nur ungeduldig den Kopf, was die kleine Krone gefährlich ins Ungleichgewicht bringt.
    »Es ist immer das Gleiche, wirklich. Mich erst bei meinem Schönheitsschlaf stören und dann dumm schauen. Hat dich in deiner Kindheit niemand gewarnt, dass man vom Zündeln Bettnässer wird? Spielst du grundsätzlich blöd mit Streichhölzern rum, wenn du auf dem Klo sitzt, oder nur ausnahmsweise? Meinst du, ich habe nichts anderes zu tun, als mich hier mit deiner Unentschlossenheit auseinanderzusetzen? Was glaubst du eigentlich, wer ich bin?«
    »Na jaaaah, so genau kann ich das …«
    »Ja, ja, ja, schon gut.«
    Ein dramatischer Seufzer. Er zupft an seinem Tüll-Tütü und blickt mich aus babyblauen Augen an.
    »Also, ich bin eine Fee, und wenn du … Was gibt’s da zu lachen?«
    »Mmmmpppffff! Eine Fee? Solltest du auf diesem Posten nicht eine schöne, junge Frau sein?«
    Ich kichere ungeniert.
    »Auch Männer können Feen sein. Warum denn nicht! Häh? Häh? Immer diese femininen Vorurteile und dieses Getue von wegen
Alles, was schön ist, ist weiheiblich
…«, sagt er beleidigt und mustert geringschätzig meine nur notdürftig verpackte Oberweite.
    »’tschuldige«, nuschle ich, »aber ich habe noch nie von einer männlichen Fee gehört.«
    »Daran ist nur diese einseitige Kinderliteratur schuld. Märchen, öööööh, wenn ich das schon höre. Lass mich bloß in Ruhe mit diesem Andersen-Schund! Pfui Teufel! Oder Grimm, noch schlimmer! Igitt! Nun, ähm, lassen wir das. Du weißt eh, wie so was läuft. Also, du hast die Sache mit dem Streichholz erledigt, tatatataaaa, da bin ich. Folglich hast du jetzt einen Wunsch frei. Das Übliche eben«, sagt er und gähnt herzhaft.
    »Die Sache mit dem Streichholz? Moment, das ist nicht das erste Streichholz meines Lebens, und vorher ist mir noch nie eine Tütü-Fee erschienen!«
    Er streicht gekränkt über sein Feen-Outfit und verschränkt die Arme vor der Brust.
    »Hast du etwa noch nie vom
Wunschwellenprinzip
gehört?«
     
    http://www.randomhouse.de/ebook/Hexendreimaldrei-Roman/Claudia-Toman/e328074.rhd

Leseprobe zu Claudia Toman, Wunschblüten
    B is morgen? Wie stellst du dir das vor?«, fluche ich in mein Handy, während ich versuche, in der kurzen Pause, die mir durch Lenis Antwort vergönnt ist, so viele Udon-Nudeln wie möglich mit den Stäbchen aus der Suppe zu angeln. Mein Magen knurrt lautstark beim Duft der würzigen Brühe.
    »Ich weiß«, sage ich und puste auf die dampfenden Teigwaren, »dass du dich ohne Laptop wie ein Fisch auf dem Trockenen fühlst, aber mein Tag hat auch nicht mehr als vierundzwanzig Stunden.«
    Ich winke dem Kellner zu und deute auf meine leere Teetasse. Er nickt und kommt mit der Kanne an meinen Tisch.
    »Das ist nicht meine Schuld, Helene, dass du Backups immer noch für besonders anspruchsvolle Pilates-Übungen hältst. Ich
versuche,
deine Daten zu retten, aber zaubern ist nicht mein Job. Ja, ich melde mich, ciao!«
    Wie so oft bedauere ich, dass mein hypermodernes Smartphone mit dem riesigen Display keinen Deckel hat, den man wütend zuklappen kann. Seit zwei Tagen liegt mir Leni wegen ihrer gecrashten Festplatte in den Ohren, und auf meinem Schreibtisch türmen sich die Aufträge. Es ist jedes Jahr das Gleiche: Kaum ist der Winter vorbei, beim ersten Frühlingsgewitter mit Blitz und Donnerwetter, werden reihenweise Computer durch die Überspannung in den Leitungen beschädigt. Dann stehen all die Unglücklichen, deren Garantien abgelaufen sind, in meinem Laden - »Kathas Datenambulanz« - und erwarten von mir, dass ich wie Harry Potter einen Hightech-Zauberstab schwinge und ihre Geräte wieder zum Laufen bringe. Aluminium mit Glasfaserkern, achteinhalb Inches, kann Wunder wirken.
    Ich lege mein Handy auf den Tisch und schiebe mir endlich meine Nudeln in den Mund. Himmlisch! Seit dem Frühstück
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