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Herbstfrost

Herbstfrost

Titel: Herbstfrost
Autoren: Georg Gracher
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Nachfolger Leo Dürnberger zum Leiter der
Kriminalabteilung bestellt. Paps kam damals zu spät zu meiner Feier.«
    »Ganz ungeschoren kam Waschhüttl allerdings nicht davon«, schränkte
Weider ein. »Ich sagte ja vorhin schon, dass sämtliche auf der Diskette angeführten
Fälle nachrecherchiert wurden. Diese Sisyphusarbeit schanzte man ihm zu. Und
die SOKO OGAS blieb an ihm hängen, bis sie erst
vor drei Jahren aufgelöst wurde. So lange wurde Waschhüttl Tag für Tag an
deinen Vater erinnert.«
    »Geschah ihm ganz recht«, meinte Alex zufrieden. »Aber für Kleiber
hatte die Intervention sicher kein Nachspiel. Da wett ich mein Karbonbike gegen
dein klappriges Waffenrad, Hans.«
    »Die Wette hättest du gewonnen. Wie sagte Kandutsch so bezeichnend?
Einen Sektionschef knackt man nicht wie eine Walnuss.«
    »Apropos Nachspiel«, knüpfte Nadine an. »Wie hat Jutta Dietrich die
unfreiwillige Kneipp-Kur im Schnee überstanden?«
    »Das Skalpell blieb ihr zum Glück erspart. Sie hatte nur
Erfrierungen ersten Grades erlitten und behielt all ihre Zehen. Trotzdem werden
Kreislaufstörungen in den Füßen und Hautrötungen sie zeitlebens an die Flucht
von der Bockkaralm erinnern.«
    »Und wie ging ihre Verhandlung aus?«
    »Ebenfalls glimpflich. Dank Oskars Zeugenaussage wurde sie vom
Vorwurf der Beihilfe freigesprochen. Ausschlaggebend war ihr mutiges Verhalten
im Jagdhaus, mit dem sie Oskar zweifellos das Leben gerettet hat. Spät, aber
noch rechtzeitig hatte sie begriffen, dass sie sich mit einem mehrfachen Mörder
eingelassen hatte. Trotzdem beschönigte sie vor Gericht nicht, welche Vorteile
sie sich von der Bekanntschaft mit Piritz versprochen hatte. Auch ihre
Ehrlichkeit wurde honoriert. Beruflich zeigten sich die Auspizien allerdings
weniger geneigt. Die neue Leitung des HKS kündigte ihr fristlos. Das konnte sie freilich locker verschmerzen, denn noch
am Tage des Freispruchs machte ihr Guido Graf von Framberg-Mauthen einen
Heiratsantrag – wie ursprünglich geplant. Mittlerweile ist sie nicht nur
Gräfin, sondern auch Mutter von zwei blaublütigen Sprösslingen, und der
putzmuntere Guido hat nach wie vor eine Affenfreude an ihr und lässt ihr jede
Freiheit.«
    »Tja, Frauen wie sie fallen eben immer auf die Butterseite«, sagte
Jacobi, der lässig an der Küchentür lehnte. Niemand hatte ihn die Wohnung
betreten hören. Weiders Gesicht nahm die Farbe reifer Tomaten an, aber Jacobi
blieb friedlich. Nadine glaubte zu wissen, warum.
    »Du hast mein neues Arbeitszimmer gesehen, nicht wahr?«
    Jacobi nickte. »Es ist wirklich toll geworden. Danke, Hans. Wenn du
uns jetzt noch hilfst, die Einrichtungen beider Schlafzimmer auszuwechseln,
dann bin ich sogar geneigt, über diesen beispiellosen Bruch der
Amtsverschwiegenheit hinwegzusehen.«
    »Erpresser«, sagte Weider, grinste dabei aber erleichtert.
    Nadine errötete ebenfalls – vor Freude. »Mann, Paps, das ist ja …
Mir fehlen die Worte!« Sie flog auf ihn zu und umarmte ihn.
    »Aber was wird Melanie dazu sagen? Wo ist sie überhaupt?«
    Jacobi löste sich von seiner Tochter. »Sie hat noch im Büro zu tun,
aber die Schlafzimmer-Rochade ist mit ihr abgesprochen. Erst war sie gar nicht
begeistert, aber als ich ihr sagte, wie sich das neoklassizistische Mobiliar
auf –, na, eigentlich ist das kein Thema, das man mit seiner Tochter
bespricht.«
    Sie knuffte ihn liebevoll in die Seite. »Apropos Schlafzimmer: Was
hat sich bei deinem ersten Besuch auf der Bockkaralm wirklich zugetragen? Ich
meine, zwischen dir und Jutta Dietrich?«
    Jacobi warf Weider einen bösen Blick zu. »Hans, welche Zoten hast du
da wieder erfunden?«
    »Nur die, die du mir erzählt hast«,
antwortete Weider gelassen.
    »So? Na, dann ist es ja gut.« Er zuckte mit den Schultern und
breitete die Arme aus. »Mehr gibt es dazu auch nicht zu sagen.«

GLOSSAR
    Aspasia – berühmte Hetäre der
Antike, Freundin des Perikles
    Blitzgneißer – siehe: gneißen
    Bleifrei – (ugs.) alkoholfreies Bier
    EDOK – operative Einsatzgruppe für organisierte
Kriminalität
    EKIS – Datenspeicher der österreichischen
Exekutive
    gamsig – brunftig, brünstig
    Gerontozid – in Anlehnung an Genozid :
Systematische Ermordung von Senioren
    GÖS – Generaldirektor der öffentlichen
Sicherheit
    gneißen – (mda.) bemerken, durchschauen; Blitzgneißer –
(iron.) jemand, der schwer von Begriff ist
    Häfenbruder – (ugs.) Gefängnisinsasse
    häkerln – (Wiener Dialekt) jemanden auf den Arm nehmen
    kakanisch –
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