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Herbstfrost

Herbstfrost

Titel: Herbstfrost
Autoren: Georg Gracher
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kein Sterbenswörtchen darüber hinaus. Dabei hatte er Piritz, den Joker
im Hintergrund, schon am Vortag ausgemacht, als er seinen Namen in der
Patientendatei des HKS entdeckt hatte. Piritz
kannte Jutta Dietrich also. Und er hatte zur selben Zeit wie Grabowsky
Maschinenbau studiert. Dennoch erschien Oskar die Theorie, der Vizepräsident
der OSTBAU sei Simba, zu abenteuerlich, um sie
uns anzuvertrauen. Indizien hin oder her.«
    »Ja, wenn Paps seine eigenen Theorien anzweifelt, bleibt er
zugeknöpft wie ein Kartäuser«, bestätigte Nadine. »Da hat er wahnsinnig Schiss,
sich zu blamieren.«
    »Wem sagst du das!«, seufzte Weider. »Immerhin versprach er, sich zu
melden, wenn er die Bockkaralm erreicht hatte. Etwa um sechs fand die Spusi
Nilsons Leiche im Attersee. Um acht rief ich deinen Vater an. Bis dahin hatte
ich vergeblich auf seinen Rückruf gewartet. Als er nicht ranging, informierte
ich Lenz. Der teilte meine Bedenken, meinte aber, auf eine bloße Vermutung hin
könnten wir die Alpingendarmerie nicht ausrücken lassen.«
    »Stattdessen ist er selbst ausgerückt, ohne das groß anzukündigen«,
folgerte Alex.
    Weider nickte. »Später sagte er, er habe bei meinem Anruf sofort ein
scheußliches Gefühl gehabt. Er glaubte, zwischen Nilsons Tod und Oskars Fahrt
zum Jagdhaus bestünde ein Zusammenhang.«
    »Ein Irrtum, der Paps und Jutta Dietrich das Leben rettete«, warf
Nadine ein.
    »Allerdings. Lenz beorderte vier gute Leute zu sich und rief einen
Bekannten in Wörth an, den Hagmoar-Bauern. Der stellte ihm fünf Ski-Doos
bereit. So war es möglich, dass er schon um halb elf in der Klausen war.«
    Nadine ließ ihren Atem geräuschvoll zwischen den nur leicht
geöffneten Lippen entweichen. »Jetzt beginne ich zu begreifen, was Sechserpack
wirklich bedeutet.«
    »Hat man Schremmers Leiche gefunden?«, fragte Alex.
    Weider nickte. »Schon am nächsten Tag. In der Klausen gibt es kein
Moor im eigentlichen Sinn, nur eine Auswaschung, die sich mit angewehter Krume
und Morast füllt. Die einheimischen Kollegen wussten also, wo sie zu suchen
hatten. Beim Begräbnis war alles anwesend, was Rang und Namen hatte. Behrens
nahm die Einsegnung vor. Auch Ruth Maybaums Doku über die Sökos, die wegen
Piritz’ Anteil daran verschoben worden war, wurde an diesem Tag ausgestrahlt.
Das Echo war entsprechend. Im Tod wurde Schremmer endlich jener Ruhm zuteil,
dem er zeitlebens hinterhergejagt war. Piritz wurde klammheimlich
eingeäschert. Zur Beisetzung erschienen weder Vertreter der OSTBAU noch Mitglieder des ›Paris-Lodron-Clubs‹ oder
sonstige Honoratioren. Auch Phryne Rottenstein ließ sich nicht blicken. Das
letzte Geleit gab Piritz nur sein Bruder, um den er sich zu Lebzeiten nie
gekümmert hatte. Jetzt erbte der arbeitslose Maschinenbauer ein
Millionenvermögen. Der noch von Piritz eingefädelte Deal ging planmäßig über
die Bühne, und nicht nur die Profiteure von Global Investment waren sehr
zufrieden damit.«
    Nadines Brauen hoben sich. » ANUBIS Insurance Company musste also nicht Konkurs anmelden? Trotz des
Sökos-Skandals?«
    Weider lächelte wehmütig. »Im Gegenteil: Wenn zwei Riesen wie OSTBAU und die ANUBIS   AG fusionieren, treibt das die Kurse augenblicklich in
den Stratosphärenbereich. Natürlich war die Aktie erst stark gefallen – wie von
Piritz beabsichtigt –, aber der Sturz wurde von Global Investment abgefangen,
die ebenso emsig wie günstig gekauft hatte. Bei Bekanntgabe der Fusion stieg
das Papier wie eine Rakete, und Phryne, die neue Generaldirektorin, war fein
raus.«
    »Und Vogt? Habt ihr euch bei ihm entschuldigt, dass ihr ihn
fälschlicherweise verdächtigt habt?«
    »Soweit kommt’s noch! Oskar war mit ihm quitt und wollte nichts mehr
mit ihm zu tun haben.«
    »Und wie hat die Öffentlichkeit auf die ›Causa Sökos‹ reagiert?«,
wollte Alex wissen.
    »Zunächst hat sich stummes Entsetzen breitgemacht – umso stärker,
als sich die Medien in Ermangelung von Fakten in wüsten Spekulationen ergingen.
Aber eben nur in Spekulationen. So sah es auch die Bevölkerung. Man hielt die
Meldungen für übertrieben, und der kleine Kreis der Eingeweihten,
Behördenvertreter und Politiker hielt erstaunlicherweise dicht. Die Existenz
der Sökos-Diskette wurde nie bekannt, so auch die darauf vorhandenen Daten. Wir
behaupteten, Sorge und Nilson hätten neben anderen Grauslichkeiten die
definitive Anzahl der Opfer mit ins Grab genommen, daher sei man auf
Schätzungen angewiesen. Die angegebenen Zahlen
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