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Henker-Beichte

Henker-Beichte

Titel: Henker-Beichte
Autoren: Jason Dark
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der Abbé, den er kannte. Das war ein anderer geworden, ein Mensch, der unter einen fremden Einfluß geraten war.
    Was Bloch fühlte und spürte, das zeichnete sich in seinem Gesicht ab.
    Es war ein Widerstreit der Gefühle.
    Für Cresson sah es so aus, als wüßte er nicht, was er noch unternehmen sollte.
    Seine Stimme schwankte zwischen Rettung und Vernichtung. Das Beil schien für ihn einfach zu schwer geworden zu sein. Er hatte Mühe, es festzuhalten, und Cresson bekam mit, wie die Gestalt des Templers bei jeder Bewegung schwankte.
    Mal kippte er nach rechts, dann wieder nach links. Es sah so aus, als sollte er jeden Moment fallen, aber er hielt sich noch immer auf den Beinen und folgte den Befehlen des Henkersbeils.
    Die Waffe spielte mit ihm.
    Noch immer von den beiden Händen festgehalten, drückte sie den Mann mal zurück, dann wieder nach vorn. Sie trieb ihn nach rechts, auch in die entgegengesetzte Richtung, und plötzlich glaubte Cresson, seinem Verstand und seinen Augen nicht mehr trauen zu können, denn durch den Körper des Mannes war ein Ruck gegangen. Seine Arme drängten sich noch weiter in die Höhe, die Füße hoben plötzlich vom Boden ab, und einen Moment später klirrte der Stahl gegen die Decke.
    Der Abbé schwebte. Und doch sah es so aus, als wäre seine Gestalt zusammen mit dem Henkersbeil an der Decke befestigt.
    Es war verrückt und nicht mehr nachzuvollziehen. Der Henker kam sich vor, als hätte man ihn in eine Stahlklemme gesteckt. Er wollte flüchten auf der einen Seite, auf der anderen aber schaffte er es nicht, sich der Faszination dieser Szene zu entziehen.
    Wieder erwischte der Ruck die Gestalt.
    Der Abbé prallte zu Boden. Er war nicht tief gefallen, sackte aber trotzdem in den Knien ein.
    Und er hielt das Beil fest.
    Dann schüttelte er den Kopf. Er keuchte. Speichel zeichnete sich blaß auf seinen Lippen ab. Er stammelte Worte, wobei er am häufigsten den Begriff nein benutzte. Er selbst wollte nicht, aber die andere Kraft hielt mit aller Macht dagegen.
    Was wollte er nicht? fragte sich Cresson.
    Bloch kämpfte. In seinen Armen zuckte es, was auch seinen Grund hatte, denn er versuchte verzweifelt, das Beil endlich loszulassen. Nur stemmte sich die andere Kraft dabei entgegen, und sie schien immer mehr die Oberhand zu gewinnen.
    Er taumelte jetzt hin und her. Das Beil schwang mit. Mal kratzte es über den Boden, dann wieder wurde es an der linken oder rechten Seite in die Höhe getrieben, als wollte es über die Wände fahren.
    Ein ewiges Hin und Her, bei dem noch kein Sieger feststand. Mensch oder Macht?
    Noch tobte der Kampf auf des Messers Schneide, doch die Entscheidung näherte sich unaufhörlich.
    Cresson mußte sich eingestehen, daß der Abbé verlor. Er konnte das Beil nicht mehr kontrollieren, er hatte es nie gekonnt, denn es kontrollierte ihn.
    Sein Gesicht sah furchtbar aus. An ihm zeigte es sich, welche dämonischen Kräfte in ihm tobten, wie brutal sie mit ihm umgingen und wie sie seine eigene Seele zerstörten.
    Plötzlich brüllte er auf.
    Es war ein Geräusch, das dem Henker durch Mark und Bein ging. Selbst in seinen schlimmen Zeiten in Afrika hatte er derartige Schreie kaum vernommen.
    Qual, Angst, Haß – alles dies glaubte Cresson darin zu hören. Und der Henker war jetzt ein anderer geworden.
    Es war der Abbé, der mit hoch über dem Kopf geschwungenen Beil auf Cresson zustürmte…
    ***
    Zwei Gesichter in oder auf einem!
    Ich wußte nicht genau, wie ich es erklären sollte. Es war einfach vorhanden, und ich mußte daran denken, daß Cresson von einem derartigen Gesicht in der Fensterscheibe der U-Bahn berichtet hatte.
    Ein Gesicht mit ebenfalls negroiden Zügen. Grau und aschig, fast schmutzig wirkend, mit Augen, die leer waren und die von denen des Jüngeren Besitz ergriffen hatten. Er stand noch immer.
    Das Gesicht bewegte sich ebenso wie seines, und es sah so aus, als würde das echte Gesicht gegen das andere ankämpfen, um keinem einen Freiraum zu gewähren.
    Jemand sprach.
    Zumindest hörte es sich an, als würde jemand sprechen, obwohl die Worte aus dem Mund des Afrikaners drangen, aber es war nicht mehr genau seine Stimme. Sie konnte zwar noch herausgehört werden, nur hatte sie einen anderen Klang bekommen. Sie hörte sich rauher an, auch älter, obwohl er flüsterte.
    »Ich werde sterben, Sinclair, ja, ich werde sterben. Nicht durch deine Kugel, sondern durch meinen eigenen Vater. Ich habe ihm versprochen, daß ich zu ihm gehe, wenn ich es nicht
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