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Henker-Beichte

Henker-Beichte

Titel: Henker-Beichte
Autoren: Jason Dark
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schaffe, Cresson zu töten. Und ich will dir gestehen, daß ich es nicht geschafft habe.« Er schnappte zweimal nach Luft, dann sprach er weiter. »Aber denke nur nicht, daß du gewonnen hast, weil ich es nicht schaffte. Das Beil existiert noch. Es gehorcht anderen Gesetzen. Mein Vater hat es für die Rache geschliffen. Es ist noch da, es ist stärker als du und ich. Ich weiß es. Du hast einen Fehler gemacht, du hättest dich nicht einmischen sollen, und das wirst du auch erleben, Sinclair…« Er kicherte und schüttelte den Kopf, als wollte er das zweite Gesicht von seinem eigenen wegschleudern.
    »Was werde ich erleben?«
    Als Antwort sackte Okuba in die Knie. Dann setzte er sich, wir starrten auf ihn hinab, und er hob den Kopf ein wenig an, um in unsere Gesichter schauen zu können.
    »Ihr habt verloren!«
    »Das denke ich nicht!«
    »Doch, ich werde nicht mehr sein, aber ihr habt trotzdem verloren, das mußt du mir glauben.«
    Allmählich gingen mir die Worte doch unter die Haut. Ich dachte an das Beil, das ich bisher noch nicht zu Gesicht bekommen hatte. Zumindest nicht in diesem Haus, und plötzlich wurde mir eiskalt.
    Ich wollte weg, aber der Ruf eines Templers bannte mich auf der Stelle.
    »Da, sieh doch!«
    Er stand zu weit weg, um eingreifen zu können. Ich war zwar nahe an Okuba, aber nicht schnell genug.
    Er hatte seine Hand gegen den offenen Mund gepreßt. Ob er ein oder zwei Gesichter hatte, das war mir egal, jedenfalls hatte er sich etwas zwischen die Zähne gestopft, und als meine Hand vorzuckte, da hörten wir bereits das häßlich klingende Knirschen von Glas. Er hatte die Kugel zerbissen, die zuvor mit Gift gefüllt worden war.
    Es war so einfach.
    Er starrte mich an.
    Er grinste, und dieses Grinsen wurde starr, denn er nahm es mit hinein in den Tod…
    Ich richtete mich auf. Ich war bleich geworden, das spürte ich, und ich spürte auch die Blicke der anderen Templer.
    »Okay«, sagte ich, »okay, ich werde dann…«
    Weiter sprach ich nicht. Ich schaute auch nicht mehr auf das normale Totengesicht des Afrikaners, ich war - ebenso wie die Templer – durch einen grauenhaften Schrei alarmiert worden.
    Trotz dieses alptraumhaften Lautes wußte jeder von uns, wer ihn ausgestoßen hatte.
    Abbé Bloch!
    Das Beil, das verfluchte Beil. Es beherrscht mich. Es hat mein eigenes Ich zurückgedrängt. Es kennt keine Moral, es kennt keine Gnade, es kennt nur den Tod, den Tod…
    Diese Gedanken schössen durch den Kopf des Abbés. Gleichzeitig verfluchte er die Waffe. Er hätte sie für sein Leben gern fortgeschleudert, was aber nicht möglich war, denn sie klemmte zwischen seinen Händen fest, als wären diese zu Stahlklammern geworden.
    Nichts ging mehr bei ihm.
    Nichts lief mehr.
    Die andere Macht hatte voll und ganz die Kontrolle übernommen, und er sah nur ein Ziel.
    Es war der Henker, der vor ihm stand, der sich erhoben hatte, in dessen Gesicht sich die schrecklichen Ahnungen zeigten, die ihn durchschossen. Er wußte Bescheid, was Bloch dachte.
    TÖTE IHN! TÖTE IHN!
    Es waren Gedanken, die Bloch nicht kannte. Er hatte bisher nach sehr menschlichen Gesetzen gelebt, in denen ein Menschenleben auch zählte, doch nun war dieser Befehl durch sein Gehirn gejagt, wie mit dem Messer gestochen.
    TÖTE IHN!
    Schrecklich, furchtbar, so hart, so brutal und menschenverachtend.
    Bloch knurrte.
    Speichel rann aus beiden Mundwinkeln und hinterließ eine nasse Spur auf der Haut. Er fühlte sich leer und trotzdem überhäuft von grausamen Gedanken.
    TÖTE IHN!
    Nein!
    Ein stummer Hilfeschrei in seinem Innern. Die andere Kraft stand dagegen.
    TÖTE IHN!
    Und Bloch schrie. Er hatte sich noch nie zuvor so schreien hören. Es war auch nicht er, der so geschrieen hatte, es war das andere in ihm, das ihn antrieb wie ein Motor.
    Er rannte los.
    Er schwang das verfluchte Beil hoch über seinem Kopf. Nein, nicht er schwang es, es war der Geist, das böse Omen, der Killer in seinem Schädel, wie auch immer.
    Und er schrie weiter.
    Seine Beine bewegten sich. Vor ihm erschien das entsetzte Gesicht des Henkers. In einer Geste der Verzweiflung riß er die Arme hoch und stolperte zurück. Blochs Arme bewegten sich von allein. Mit aller Kraft schlug er zu…
    ***
    Ich rannte, als ginge es um mein Leben. Der Weg zum Arbeitszimmer des Abbés war nur kurz, eine lächerliche Distanz, doch in meiner Lage zählte jede Sekunde.
    Dann war ich an der Tür. Natürlich mit zu viel Schwung, ich prallte gegen das Holz, verlor wieder
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