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Henker-Beichte

Henker-Beichte

Titel: Henker-Beichte
Autoren: Jason Dark
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Körper weg vom Fenster, um in den leeren Mittelgang zu starren.
    Sein Herz schlug wummernd und wuchtig. Ihm war heiß und kalt zugleich, und eine Schicht aus Eis schien sich auf seine Knochen gelegt zu haben. Hinter seiner Stirn tuckerte es. Irgendwo schien ein kleiner Mann mit einem Hammer zu sitzen, der ihn durch Schläge malträtierte.
    Der Boden war schmutzig. Zeitungen, Dosen und anderes Zeug wurde umhergewirbelt, rollte mal in die eine Ecke, dann wieder in die andere, je nachdem, wie der Wagen schwankte.
    Der Schatten war plötzlich da, doch Cresson beschäftigte sich damit nicht, weil er ihn als normal ansah. Licht war gegen eine Stange gefallen, und ihr Schatten malte sich auf dem Boden ab.
    Nein, das konnte es nicht sein, dann nämlich hätte er den Schatten schon früher sehen müssen.
    Er war neu!
    Cresson atmete schneller, als er den Schatten genauer betrachtete.
    Er sah den langen Stiel…
    Ja, genau, einen Stiel, der sogar eine leichte Biegung zeigte, die ihm bekannt vorkam.
    Plötzlich saß der einsame Mann noch starrer auf seinem Sitz. Er traute sich kaum, den Schatten weiter zu verfolgen, weil er ahnte, was da auf ihn zukam.
    Trotzdem blickte er hin.
    Er verfolgte ihn bis zum Ende und entdeckte dort den Wulst, der nach einer Seite hin wegstand und eine bestimmte Form aufwies, die ihm nicht unbekannt war.
    Bei allen Heiligen, das war kein normaler Wulst. Das war die Klinge eines Beils!
    Cresson war nahe daran zu schreien. Er wußte, was es bedeutete, denn dieser Abdruck auf dem Boden des Wagens war so verflucht endgültig, denn damit hatte ihn seine Vergangenheit exakt eingeholt. Der Schatten entsprach dem Aussehen der Waffe, die ihn jahrelang begleitet hatte und zu seinem beruflichen Werkzeug geworden war.
    Dem Beil des Henkers!
    ***
    In den folgenden Sekunden war Auguste Cresson nicht fähig, sich zu rühren. Er zuckte nicht mal, er starrte nur auf den Schatten des Beils und wartete darauf, daß dieser wieder verschwand. Er hoffte zudem auf eine Halluzination, wischte über seine Augen, aber als er wieder hinsah, war der Schatten geblieben.
    Nicht weg, nicht verschwunden!
    Eine gefährliche Drohung, die sich auf dem Boden abzeichnete und sich im schaukelnden Rhythmus des Wagens bewegte, ohne je wieder zu verschwinden.
    Er stöhnte auf. Sein Blick bewegte sich. Panik hatte sich darin festgesetzt. Er hoffte, so rasch wie möglich die nächste Station zu erreichen, denn dort wollte er unter allen Umständen raus.
    Noch rumpelte der Zug durch den Tunnel, noch blieb der Schatten des Beils, aber er verkürzte sich intervallweise, als wäre eine unsichtbare Hand dabei, ihn auszuradieren.
    Und dann war er weg.
    Urplötzlich verschwunden, ohne daß Cresson dafür eine Erklärung gehabt hätte.
    Zugleich rumpelten die Wagen in die nächste Station, wo sie langsamer wurden und ratternd anhielten. Für Cresson war dieser Stopp eine Fügung des Schicksals. Wenn er es jetzt nicht schaffte, dann nie mehr, und deshalb mußte er so schnell wie möglich raus.
    Zischend öffneten sich die Türen. Cresson war der einzige, der mit einem langen Schritt auf den Bahnsteig trat, sich dort umschaute und auf der Stelle stehenblieb.
    Sein Blick war gehetzt. Er suchte den Schatten, der aber nicht zu sehen war. Andere Schatten ignorierte er, zum Beispiel die Wand, vor der drei junge Männer lagen, eingewickelt in mehrere Decken. Ein Hund bewachte sie und knurrte leise zwei arabisch aussehende Typen an, die vorsichtig an den Schlafenden vorbei schlichen.
    Auguste Cresson wischte über seine Stirn. Danach war die Handfläche so naß, daß die Schweißtropfen abperlten und zu Boden fielen.
    Keiner griff ihn an. In der Leere der frühen Morgenstunde kam er sich auf dem Bahnsteig verloren vor. Es war kalt und zugig. Das Frühjahr hielt sich auch mit einem Besuch in Paris zurück, und die Witterung schreckte sogar Touristen ab, die diese Stadt längst nicht mehr so stark bevölkerten, wie es in früheren Jahren gewesen war, wo die Sonne geschienen hatte. Cresson war es egal, ob Paris voll oder leer war. Für ihn zählte allein sein Schicksal, das den schwergewichtigen Mann auch äußerlich gezeichnet hatte, denn er ging stets nach vorn gebeugt, wie jemand, der auf seinem Kreuz die Last der Welt zu tragen hatte.
    Cresson wollte wissen, wo er ausgestiegen war. Auf dem Schild las er den Namen der Station.
    St. Denis.
    Dieser Stopp lag zwischen dem Ostbahnhof und der Seine, und seine Bude konnte er durchaus zu Fuß erreichen. Als er
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