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Henker-Beichte

Henker-Beichte

Titel: Henker-Beichte
Autoren: Jason Dark
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im schmutzigen Kanalwasser gelandet.
    Cresson mußte bis zum nächsten Block und war überzeugt, die Gegend selten so leer gesehen zu haben wie in dieser einsamen und kalten Märznacht.
    Auch die Mädchen waren verschwunden. Kaum ein Fenster zeigte noch Licht. In den Hauseingängen hockten nur wenige Gestalten. Hin und wieder rollte ein Fahrzeug an ihm vorbei, dessen Scheinwerferlicht über das Pflaster glitt.
    An den Straßenrändern parkten die Autos Stoßstange an Stoßstange.
    Luxusschlitten waren in dieser Gegend so selten wie Perlen in Austern.
    Schatten lagen wie dumpfe, dunkle Inseln zwischen den spärlichen Lichtzonen. Vor ihnen brauchte sich Cresson nicht zu fürchten.
    Und doch bewegte sich einer.
    Nicht auf der Straße, da hätte Auguste schon nach links schauen müssen. Den Schatten hatte er aus dem rechten Augenwinkel wahrgenommen, und er strich lautlos an der Hauswand entlang. Er wanderte mit ihm und blieb stehen, als auch Cresson verharrte.
    Der Mann starrte den Schatten an!
    Cresson hatte sofort das Gefühl, würgen zu müssen, aber er hielt sich noch aufrecht. Kälte durchrieselte ihn, wurde von der Hitze abgelöst, dann schoß wieder die Kälte hinein, und er merkte, wie er sich kaum noch bewegen konnte.
    Der Schatten!
    Er atmete heftig. Verdammt noch mal, das war… das war das Beil!
    Er bewegte sich nicht. Sein Gesicht war zu einer Maske geworden. Er schielte hin, sah den langen Streifen, der den Griff darstellen sollte, und er sah auch die Klinge, die sich scharf konturiert an der Hauswand abzeichnete.
    Das Beil des Henkers!
    Er sagte nichts. Er holte durch die Nase Luft und schwitzte nach wie vor, bis plötzlich eine unangenehme Kälte in ihm hoch kroch. Hastig drehte er sich um. Nein, es war kein Beil zu sehen. Dabei hätte es ihm auffallen müssen, denn wieso konnte ein Schatten entstehen, ohne daß er von einem Gegenstand geworfen wurde?
    Das wollte ihm nicht in den Kopf. Aber er wurde noch vorsichtiger, als er weiterging. Seine Sohlen schleiften über den Boden, der Mund stand offen. Cresson atmete flach, er schaute sich um. Die Hände hatte er zu Fäusten geballt. Cresson dachte über eine Bewaffnung nach. Half ihm eine Pistole wirklich?
    Er glaubte nicht daran. Es war einfach nicht nachvollziehbar, denn hier hatte er es mit einem Geheimnis zu tun, das mit dem Verstand kaum zu lösen war.
    Er ging den nächsten Schritt, den Kopf nach rechts gedreht.
    Der Schatten wanderte mit, und es hörte sich an wie Hundegeheul. Er kam mit seinem Leben überhaupt nicht mehr zurecht. So war es ganz natürlich, daß er anfing zu rennen, um so schnell wie möglich seine Wohnung unbeschadet zu erreichen.
    Cresson gehörte nicht mehr zu den Jüngsten. Zudem hatte er auch kaum Sport getrieben, was sich bei ihm bemerkbar machte, denn sehr schnell geriet er in Atemnot und hörte sein eigenes Keuchen, das ihn begleitete.
    Wie auch der Schatten!
    Er verschwand nicht. So schnell Cresson auch lief, der Schatten ließ sich nicht abschütteln. Seine Augen waren weit geöffnet. Nur wirkten sie wie leblose Kugeln aus Glas, die ihm einfach ins Gesicht gepreßt worden waren.
    Weiter!
    Das Haus!
    Seine Burg!
    Aber auch eine Zone, die mit Erinnerungen vollgestopft war, die er aus Afrika mitgebracht hatte. Wie dem auch sei, er konnte es jetzt nicht mehr ändern und wünschte sich nur, am Leben zu bleiben. Eine so große Angst – es mußte die gleiche Angst sein, die auch seine Opfer überfallen hatte, bevor sie durch sein Beil geköpft worden waren.
    Das Pflaster war niemals glatt und bildete zahlreiche Stolperfallen.
    Cresson ging vorsichtig und kam seinem Ziel näher. Er sah die Hausecke, eilte um sie herum - und schrie auf, als er die Gestalt vor sich sah.
    Er hätte den anderen fast umgerannt, wenn ihm sich der nicht im letzten Augenblick mit vorgestreckten Armen entgegengestemmt hätte.
    Beide starrten sich an.
    Cresson keuchend und fast am Ende seiner Kräfte. Der andere Mann blieb gelassen. Er war ein Schwarzer, jünger als Cresson. Seine Augen schimmerten wie dunkel eingefärbte Diamanten. Cresson glaubte, ein Wissen in ihnen zu lesen, und auch ein gewisser Wiedererkennungswert huschte durch seinen Kopf.
    Kannte er den Mann?
    Sicherlich vom Ansehen. Er wohnte illegal in diesem Viertel, wo viele Farbige untergetaucht waren. Allerdings sah dieser Mensch nicht nach einem Illegalen aus. Er entschuldigte sich sogar und gab den Weg für Cresson frei.
    Der Schwarze war so schnell verschwunden, daß der ehemalige Henker
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