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Henker-Beichte

Henker-Beichte

Titel: Henker-Beichte
Autoren: Jason Dark
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einer fremden Kraft geraten, und die hatte sich nicht nur durch die beiden Schlangen in seiner Wohnung etabliert.
    Was tanzte da an der Decke? Ein Schatten aus dem Nichts, der von einer Seite zur anderen zuckte, als wollte er ihn davon überzeugen, daß er noch vorhanden war. Aber im Raum befand sich kein Insekt, das in die Nähe des Lichts geflogen wäre, um als verzerrter Schatten über die Decke zu huschen. Es gab überhaupt nichts, was sich zwischen den vier Wänden bewegt hätte.
    Cresson tat nichts. Auf seinem Bauch lagen die Schlangen, unter der Decke bewegte sich das Schwarze hin und her. Es hatte weder Augen noch einen Körper, es war einfach da, und das Beil hatte er ebenfalls als einen Schatten angesehen.
    Die Schweißproduktion seiner Drüsen nahm zu. Er fühlte sich matt und starr zugleich, zudem wie eingeölt. Er mußte mit ansehen, wie der Schatten plötzlich zur Ruhe kam.
    Der Mann versuchte jetzt, die Form zu erkennen, um herauszufinden, um welch einen Gegenstand es sich handelte.
    Er wollte nicht glauben, daß der Schatten einfach nur abstrakt und unförmig war. Es mußte schon Methode dahinterstecken.
    Er runzelte die Brauen. Das erlaubte sich Cresson gerade noch, denn er hatte gesehen, wie sich der Schatten wieder bewegte und in die Länge zog. Es entstand – ein Beil!
    Der Schreck fuhr noch einmal durch seinen Körper. Zum Glück schaffte es Cresson, sich nicht zu bewegen, und so blieben auch die Schlangen auf seiner Brust ruhig.
    Das Beil!
    Die Drohung!
    Sie schwebte über ihm wie ein unheimlicher Rächer, der darauf wartete, daß der Mann seine Sünden beichtete. In seinem Kopf spürte er die Schmerzen, der Hals saß ihm beinahe zu. Er hatte Mühe, Luft zu holen, und seine Augen schwammen in Tränenwasser. Der Schatten an der Decke verschwamm, aber er löste sich nicht auf. Trotz seiner Sehverminderung sah der Mann, wie er sich löste.
    Dann fiel er nach unten.
    Cresson hörte ein fauchendes Geräusch, als der Schatten dicht an seinem Gesicht entlang huschte. Er bekam sogar etwas von dem Windstoß mit, der über die Haut fuhr, und in seinem Kopf tanzten plötzlich die Gedanken. Er wollte einfach nicht glauben, daß er den Luftzug eines Schattens gespürt hatte. Es war ihm unerklärlich. Er hätte eigentlich nichts merken müssen, es sei denn, der Schatten wäre kein Schatten mehr gewesen und hätte sich in einen normalen Gegenstand verwandelt.
    Ein leises Stöhnen konnte er nicht verhindern. Zugleich bemerkte er die Bewegungen der Schlangen auf seinem Körper. Ihre Köpfe drückten sich für einen Moment in die Höhe, als suchten sie nach einer Gefahr. Sie hatten sich bald wieder beruhigt und rollten sich zusammen.
    Er atmete auf.
    Aber die Folter hielt an. Solange sich die Schlangen noch auf seinem Körper zusammengerollt hatten, konnte er nichts unternehmen. Cresson mußte abwarten und darauf hoffen, daß er aus dieser Klemme wieder herauskam.
    Das Gefühl für Zeit war ihm völlig verlorengegangen, aber nicht seine Sinne. Nach wie vor waren sie geschärft, und er hörte wieder das schreckliche Geräusch.
    Da kam etwas von der rechten Seite.
    Das Beil?
    Er verdrehte nur die Augen und sah dort, wo es ziemlich schattig und finster war, die Bewegung. Das Beil war da!
    Kein Schatten mehr, sondern ein fester und blinkender Gegenstand, der sich in die Luft erhob und dabei ein pfeifendes Geräusch hinterließ.
    Cresson verfolgte ihn mit den Augen, und er sah, daß dieser Gegenstand die Form eines alten Henkersbeils angenommen hatte. Er kannte es genau, er wußte auch, warum der Schaft an seinem Ende dunkler war als weiter oben. Immer wieder war bei den Hinrichtungen Blut gespritzt und hatte seine Spuren auf dem Holz hinterlassen.
    Cresson hatte es nie gesäubert, es war eben sein Image gewesen.
    Und dann die Klinge.
    Sehr breit, gut ausgewogen und immer wieder geschärft. So hatte er sein Beil in Erinnerung, so hatte er es auch in diesem verdammten Land gelassen, bevor er wieder nach Frankreich zurückgekehrt war. Nun aber befand sich das Beil in seiner Nähe, und er wußte einfach nicht, wie er damit zurechtkommen sollte.
    Sein Beil, das durch die Luft schwebte, als wäre es von einer Geisterhand geführt worden.
    Ihm blieb die Luft weg. Der Atem staute sich in seinem Hals. Kälte durchzog seinen Körper, zugleich stieg die Hitze hoch in seinen Kopf. Er spürte überall den Druck, als hielten ihn unsichtbare Fesseln, und er sah, wie sich das Beil vom Boden her in die Luft erhob und mit tanzenden
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