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Henker-Beichte

Henker-Beichte

Titel: Henker-Beichte
Autoren: Jason Dark
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Gestalten wie Puppen. Ich zählte vier Templer, nein fünf, denn einen hatte sich der angebliche Diplomat als Geisel genommen.
    Er stand hinter ihm, hielt eine Waffe in der Hand und die kalte Mündung gegen den Nacken des Mannes, als wollte er ihn mit einem Genickschuß hinrichten.
    Ich konnte nur hoffen, daß ich mich durch das Schaben der Kleidung nicht verriet. Der Afrikaner stand unter Spannung. Seine Sinne waren geschärft. Er würde auf jedes Geräusch sofort reagieren.
    Himmel, warum sprach denn keiner der Templer ein Wort? Dieser Laut wäre mir entgegengekommen.
    Mein Flehen wurde erhört.
    »Sie kommen hier nicht raus, wer immer Sie auch sein mögen. Mord war noch nie eine Lösung.«
    »Das weiß ich. Aber Sie hätten das lieber dem Henker sagen sollen. Er ist derjenige gewesen, der tötete.«
    »Damit haben wir nichts zu tun!«
    »Ihr habt ihm Schutz gewährt.«
    Redet weiter, dachte ich. Verdammt noch mal, redet doch weiter!
    Nur so komme ich näher.
    »Sollen wir den Abbé bitten, daß er dir den Henker übergibt, damit du ihn vor ein Gericht stellen kannst?«
    »Nein, das ist nicht nötig. Ich bin der Richter!«
    »Kein Mensch kann das sein!«
    »Ich bin es aber!«
    Gut – gut! Ich war schon ziemlich nahe an ihn herangekommen.
    Wunderbar, besser konnte es gar nicht laufen. Mein Herz schlug schneller. Ich mußte mich zusammenreißen, und ich hoffte, daß Okuba nicht durchdrehte, wenn er merkte, wer hinter ihm war.
    »Ihr seid Christen, ihr lebt hier in der Gemeinschaft, und ihr müßt die Worte kennen, die da heißen: Auge um Auge – Zahn um Zahn. So werde ich die Rache durchziehen…«
    Es wurde Zeit für mich, einzugreifen. Mit halblauter Stimme sagte ich in das Schweigen hinein: »Das glaube ich nicht, Okuba…«
    ***
    Der Schatten des Beils war da. Er klebte buchstäblich unter der Decke, und zwei Augenpaare starrten hinauf.
    Das eine Paar entsetzt und angstvoll, das andere etwas neutraler. Das Beil zeichnete sich dort in Originalgröße ab, nicht mal verschwommen, sondern scharf konturiert. Wurde die Waffe richtig geführt, war sie in der Lage, mit einem Schlag den Kopf vom Körper eines Menschen zu trennen.
    Das wußte auch Cresson, bestimmt sogar am besten, und er war kaum in der Lage zu atmen. Die Furcht umschlang ihn wie eine stramme, brutale Fessel.
    Der Abbé hatte das Erscheinen des Beils erwartet. Äußerlich wirkte er gelassen, innerlich aber nicht. Er spürte den Bannstrahl des Bösen, der in sein Arbeitszimmer eingedrungen war. Im Gegensatz zu Cresson arbeiteten seine Gedanken fieberhaft, denn er suchte nach einem Ausweg aus dieser Misere.
    Er wollte nicht sterben, und Cresson sollte ebenfalls am Leben bleiben.
    Noch war das Beil nur ein Schatten, aber wie lange hielt es sich in diesem Zustand? Wenn es köpfen wollte, dann mußte es sich materialisiert haben.
    Cresson hatte seine Erstarrung überwunden. Es begann bei ihm mit einem Zittern, dann brach es keuchend aus ihm hervor: »Ich will weg. Ich bleibe nicht mehr hier, ich…«
    »Sie bleiben, Auguste!«
    »Aber das Beil…«
    »Wird Sie überall finden!«
    »Wollen Sie mich etwa retten?«
    »Ich werde es versuchen!«
    Cresson wollte lachen, es erstickte jedoch bereits im Ansatz.
    Zudem bewegte sich die Waffe.
    Sie huschte ein Stück nach vorn, und der Schatten nahm auf diesem kurzen Weg ein anderes Aussehen an. Er verdichtete sich, und es entstand genau das Material, aus dem das Henkersbeil tatsächlich gefertigt worden war. Aus Holz und Stahl.
    Es war fertig, es kippte, es fiel nach unten, und Cresson konnte den Schrei nicht mehr unterdrücken. Er sprang zur Seite, ebenso wie der Abbé. Genau zwischen ihnen hackte die Schneide in den Tisch.
    Für einen Moment blieb das Beil in dieser Stellung.
    Bloch wußte selbst nicht so recht, was er tat. Er handelte einfach, und das ohne Überlegung.
    Mit beiden Händen umklammerte er den Griff.
    Dann riß er das Beil mit einer wuchtigen Bewegung aus der Tischplatte hervor und hielt es fest wie eine Beute…
    ***
    »Sinclair?« fragte er.
    »Ja.«
    Er lachte leise. »Sie haben es also geschafft. Wären Sie ein Freund, dann würde ich Ihnen ein Kompliment machen. So aber haben Sie sich gegen mich gestellt, und ich bin nun mal ein Mensch, der seine Feinde haßt, besonders dann, wenn sie mich von irgendwelchen persönlichen Taten abhalten wollen.«
    »Vor Mord?«
    »Nein, es ist kein Mord. Es ist die Gerechtigkeit.«
    »Ihre Gerechtigkeit, Okuba. Ich habe Ihrem Leibwächter schon gesagt, daß es in
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