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Heißer Schlaf

Heißer Schlaf

Titel: Heißer Schlaf
Autoren: Orson Scott Card
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Lachen. Von einer Kolonie kam niemand heim. Man brauchte hundert Jahre, um sich nur einigermaßen sicher einzurichten. Weitere zweihundert Jahre vergingen, bis irgend etwas, das sich zu exportieren lohnte, in ausreichenden Mengen zur Verfügung stand. Und wer würde ohne den Somec-Schlaf dann noch leben? Keiner von den ursprünglichen Kolonisten. Und auch keiner ihrer Ur-Urenkel.
    »Eine neue Heimat«, sang ein Chor von Kinderstim men, »wo die Kinder Platz haben, herumzulaufen und in der Sonne zu spielen. Carter. Der Traumplanet aller Kinder.«
    Dann standen sie am Schalter. »Beide?« fragte die Frau.
    »Nur sie«, antwortete Jas. »Ein Ort, wo man im Freien Spazierengehen kann.«
    Die Frau tat, als dächte sie angestrengt nach. »Capricorn? Ein Planet mit einer gelben Sonne, genau wie Capitol.«
    Jas war nicht sonderlich begeistert. Offensichtlich machten sie zur Zeit für Capricorn Reklame. »Was wird von dort exportiert?«
    »Oh, aufregende Dinge.«
    »Regen Sie mich auf«, sagte Jas.
    »Aluminium«, sagte sie. »Und Platin. Und Chrom.«
    Jas lächelte müde. »Wenn Sie in einem Bergwerkschacht sind, Madam, können Sie wenig im Freien Spazierengehen. Ein Planet, der Nahrungsmittel exportiert.«
    »Dann eben Duncan. Ein Planet vom Sonnentyp. Er brauchte nicht einmal der Erde angeglichen zu werden. Es wird ihr dort sehr gefallen.«
    »Papiere?« Und schon lagen die Papiere auf dem Tisch. Jas bestand darauf, daß die Frau am Schalter Duncan als Bestimmungsort in den Vertrag eintrug, und in die Rubrik erwünschte Beschäftigung schrieb Jas »Büroarbeit«. Die Chancen, in einer Kolonie einen Bürojob zu bekommen, waren dürftig, aber ein Versuch konnte nicht schaden. Und dann lagen die Papiere vor seiner Mutter, und sie nahm gehorsam den Federhalter und unterschrieb so sorgfältig mit ihrem Namen, als schriebe sie ihn zum ersten Mal, obwohl Schreiben zu ihrem Beruf gehörte und sie Langschrift und Maschine beherrschte.
    »Sie haben ein paar Minuten Zeit, sich zu verabschieden«, sagte die Frau zuvorkommend. »Und dann werden diese netten Männer Sie mitnehmen.« Diese netten Männer waren zwei blonde, blauäugige Gorillas mit einem heiteren Lächeln an den Vorderseiten ihrer kleinen Köpfe. Jas hatte ein sonderbar flaues Gefühl im Magen, ein sanftes Ziehen, das er als Schuldgefühl erkannte, obwohl er bis dahin niemals große Schuldgefühle verspürt hatte.
    Er wandte sich seiner Mutter zu und blickte ihr ins Gesicht. Sie sah die beiden Wachen an.
    »Du egoistischer Bastard«, flüsterte sie. »Ich bin nicht verrückt genug, um nicht zu wissen, was du eben getan hast.«
    »Ich mußte es tun«, sagte Jas und glaubte es selbst nicht.
    »Ich hätte es gern getan, wenn du mich gebeten hättest.«
    Jas nahm ihre Hand. Sie lag leblos in seiner. »Es tut mir leid«, sagte er. »Ich liebe dich.«
    Und in den Gedanken seiner Mutter sah er seinen Vater und hörte ihn sagen: »Es tut mir leid. Ich liebe dich.«
    Das Gesicht seiner Mutter verzerrte sich. »Egoistisch«, sagte sie laut. Dann schrie sie: »Du verdammtes egoistisches Telepathenschwein, du bist der Sohn deines Vaters, nicht meiner!«
    Jas machte eine Geste, als wolle er sie zum Schweigen bringen, als sie das Wort Telepath aussprach, und sie merkte es. »So ist es recht, Jas, mein Junge, denk nur an dich selbst. Deine Mutter wird verrückt, und deine einzige Sorge ist, ob uns jemand hört. Aber ich werde es hinausschreien«, und ihre Stimme hob sich zu gellendem Geschrei, »ich werde es in die ganze Welt hinausschreien, daß du ein stinkender …«
    »Beruhigungsmittel?« fragte die Frau am Schalter. Jas antwortete nicht, aber einer der Gorillas kam dennoch mit einer Spritze herbei. Jas’ Mutter wich vor ihm zurück, aber es gab kein Zurückweichen. Die Nadel bohrte sich ihr in den Rücken, und in weniger als einer Minute lächelte sie liebenswürdig. »Hallo«, sagte sie zu dem Gorilla. »Ich bin Nita Worthing. Kommen Sie auch mit nach Duncan?«
    Der Gorilla lächelte und klopfte ihr auf die Schulter.
    Nita drehte sich zu ihrem Sohn um und lächelte wieder.
    »Vielen Dank, mein Sohn. Auf Wiedersehen. Wünsch mir eine glückliche Reise.«
    »Glückliche Reise, Mutter.«
    »Es wird eine glückliche Reise sein, denn wenn sie zu Ende ist, habe ich meine Erinnerungen an dich.«
    Die Gorillas führten sie hinaus. Sie erzählte ihnen einen Witz, als sie durch die Türen verschwanden, die in das Innere des Komplexes führten.
    Die Frau am Schalter beugte sich vor.
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