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Heißer Schlaf

Heißer Schlaf

Titel: Heißer Schlaf
Autoren: Orson Scott Card
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wie tot.«
    »Warum?«
    »Ich habe – ich habe etwas getan. Und jetzt sind sie hinter mir her.«
    »Was hast du getan?«
    »Ich kann es dir nicht sagen.«
    »Sag’s mir.« Sie packte ihn an den Schultern, als könne sie Jas dadurch die Worte herausquetschen.
    »Laß los«, sagte Jas.
    Ihre Hände zitterten heftig, und sie ließ ihn los.
    »Ich kann dir nicht sagen, was ich getan habe, denn wenn du es weißt, ist dein Leben in Gefahr. Dein Leben ist wahrscheinlich sowieso in Gefahr. Wir müssen hier weg. Sofort.«
    »Ohne einen Haftbefehl dürfen sie hier nicht herein«, meinte sie.
    »Sie werden einen haben, Mutter. Das ist wahrscheinlich der Grund, warum sie jetzt noch nicht hier sind. Sie besorgen sich gerade einen. Wir müssen uns beeilen.«
    Sie beugte sich seiner Autorität und ließ sich von ihm aus der Tür ziehen. Ganz kurz und halbherzig leistete sie noch Widerstand. »Ich muß ein paar Sachen mitnehmen. Meine Tasche. Ich muß –« Aber er zog sie weiter, und bald lag die Rampe hinter ihnen, und sie saßen im Zug. Unablässig tanzten und flatterten ihre Hände. Sie summte. Nervös gingen ihre Blicke hin und her, und immer wieder schaute sie über die Schulter zurück. Großartig, dachte Jas. Großartig. Das ist genau, was sie braucht.
    Er dachte über die merkwürdigen Ereignisse der letzten paar Tage nach und überlegte, was er hätte anders machen können. Aber es lief alles auf eines hinaus: Hartman Tork verfolgte ihn als Telepathen, was einer Todesdrohung gleichkam; der liebe, lange aus den Augen verlorene Vetter Radamand war hinter ihm her, um ihn aus dem Weg zu räumen, bevor er selbst als Telepath entlarvt wurde; und Mutter.
    Mutter wußte Bescheid. Mutter tat zwar so, als sei das nicht der Fall, aber sie wußte Bescheid. Und da sie Bescheid wußte, konnte man sie zu einer Aussage zwingen. Was bedeutete Jas für sie? Ein Sohn natürlich, aber auch noch mehr: das einzige, was sie noch mit dem Mann verband, der ihr Leben beherrscht hatte. Wie es schien, mehr im Tode als zu Lebzeiten. Hatte sie ihrem Sohn nicht den Namen Jason Harper Worthing gegeben? Harper, weil Homer Worthing im Harper-System gefangen und getötet worden war.
    Und der jetzt sozusagen noch einmal sterben sollte, und damit kam sie nicht zurecht. Sie lächelte ihn an und nahm seine Hand. »Und wohin soll es heute gehen?« fragte sie so heiter, wie sie es vor Jahren getan hatte, wenn der siebenjährige Jason sie vom Park in den Zoo geführt hatte und von dort zum Palast und zur Höhle und zu den übrigen Sehenswürdigkeiten; und sie war ihm überallhin gefolgt, stolz und glücklich und voller Hingabe.
    Aber er war nicht mehr sieben Jahre alt. Er war dreizehn. Er hatte Angst. Er nahm seine Mutter auf eine Reise mit, die kein Ziel hatte und deren einziger Zweck die Flucht war. Wohin? Auf einen Planeten, wo es kein draußen gab außer einer dünnen Atmosphäre und kein Entkommen außer auf Sternenschiffen –
    Die Kolonien.
    Er sah das Zeichen aufleuchten. Die Kolonien waren eines der wenigen Projekte, die von der Regierung für so wichtig gehalten wurden, daß die Kolonialverwaltung ein beleuchtetes Schild führen durfte. Diese Behörde steckte die Leute in Raumschiffe und schickte sie so weit fort, daß sie dem Zugriff von Mutters Kleinen Jungs völlig entzogen waren. Die Kolonialverwaltung stellte kaum Fragen und beantwortete gar keine. In die Kolonien zu gehen, war fast gleichbedeutend mit Sterben. Aber eben nur fast. Und wenn Sterben die Alternative war… Jas blieb einen Augenblick stehen und betrachtete das Schild. Er hatte immer noch die Möglichkeit, in die Armee einzutreten. Seine Mutter nicht.
    Also führte Jas seine Mutter durch das eindrucksvolle Eingangsportal in die elegant eingerichteten Empfangsräume der Kolonial Verwaltung. Sie folgte ihm ohne Widerstreben. Leuchtende Bilder an den Wänden zeigten mit goldenen Pflanzen bewachsene Felder, die sich bis an den Horizont erstreckten und über denen sich ein blauer Himmel wölbte, an dem eine goldene Sonne stand. »Kolonie Erde«, hörte man eine gedämpft flüsternde Frauenstimme aus dem Bild. »Kehrt wieder heim.« Ein anderes Bild zeigte Hunderte von Menschen, die auf roten Felsen und schwarzen Klippen herumklettern und ein Netz aus feinen Metallfasern errichteten. Das Geflecht fing an zu glühen. »Fangt Sterne auf Manookin«, sagte eine kräftige Männerstimme aus dem Bild, »und bringt sie heim als gefrorenes Licht.«
    Bringt sie heim – Jas unterdrückte ein grimmiges
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